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Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition)

Titel: Am Rande des Abgrunds: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claire McGowan
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Familie. Die Johnsons. Denen gehört der Laden jetzt, nehme ich an. Erinnerst du dich an diese Schlampe mit dem Afro-look, die dich …?«
    »Ja.« Charlottes Zunge fuhr zu ihrer Zahnlücke.
    »Das ist Anthonys Schwester. Und die andere damals, das war seine Schnalle. Er war aber auch verheiratet und hatte zwei kleine Kinder in Rubys Alter … Was ist denn? Was hab ich denn gesagt?«
    Charlottes Gesicht war wie betäubt, aber jetzt war es auch wieder feucht, denn Tränen liefen ihr über die Wangen. »Sorry. Ich vergesse irgendwie manchmal, dass er auch ein Mensch war, und dann die armen Kinder.« Sie wischte sich mit zitternden Händen übers Gesicht. »Und du glaubst wirklich, Dan war’s nicht? Denn das ist wirklich das Einzige, was mich auf den Beinen hält.«
    Einen Moment lang herrschte Schweigen. »Wie gesagt: Ich kann es nicht beweisen.«
    »Ich brauche das: dass das nicht wahr ist. Und du brauchst, dass Chris verschwindet, nicht wahr?«
    Keisha wand sich. »Ja, aber …«
    »Du bekommst Ruby nie wieder, solange er noch da ist.« Die Worte schallten durch die Küche. Hatte sie das wirklich gesagt? Charlotte zitterten die Hände.
    Keisha hob ruckartig den Kopf. »Was weiß du denn schon?«
    Charlotte entgegnete: »Er ist doch der Grund dafür, dass du sie weggeben musstest! Weißt du nicht mehr, was er ihr angetan hat? Deiner kleinen Tochter. Verdammt noch mal, werd doch endlich mal wach!«
    Keisha blinzelte. »Das ist mir klar. Es ist bloß alles nicht so einfach.«
    »Ich weiß, dass es nicht einfach ist. Entschuldige bitte, dass ich dich gerade angeschnauzt habe. Tut mir wirklich leid. Aber wir können nicht so weitermachen. Vielleicht könntest du mal mit denen reden, mit seiner Familie, um zu sehen, ob die irgendwas wissen. Und ich spreche noch mal mit diesem Polizisten. Keine Bange, ich werd deinen Namen nicht erwähnen. Und dann schreibe ich Dans Eltern noch einen Brief, versprochen. Vielleicht überlegen sie es sich ja noch mal. Na, was meinst du? Können wir es wenigstens versuchen?«
    Keisha stieß einen innigen Seufzer aus. »Na gut. Wenn du meinst.«
    Der Juwelier hatte einen winzigen Laden etwas abseits der großen, prachtvollen Schmuckgeschäfte in Hatton Garden. Es versetzte Charlotte einen Stich, wieder in diese Straße zu kommen, wo sie keine zwei Monate zuvor ihre Eheringe ausgesucht hatten, aber in gewisser Weise brauchte sie diesen Schmerz, um erhobenen Hauptes diesen Laden zu betreten und ihren Diamantring zum Verkauf anzubieten.
    Der Juwelier wahrte seine professionelle Gelassenheit, während er durch sein kleines Okular sah, doch sie bemerkte, dass er unwillkürlich die Augenbrauen hob. Er trug den schwarzen Hut und die Schläfenlocken eines chassidischen Juden. »Viertausend.«
    Sie hatte keine Ahnung, was der Ring wert war. Sie hatte noch nie in ihrem Leben feilschen müssen, und jetzt fehlte ihr die Kraft, damit anzufangen. Während ihr der Händler einen Scheck ausschrieb, stellte sie sich vor, wie sie Dan einen Brief schrieb – den er wahrscheinlich nie lesen würde – und ihm schilderte, wie sie den Ring, den er ihr geschenkt hatte, versetzt hatte.
    Charlotte hatte sich Laufschuhe angezogen, in der vagen Absicht, den Rückweg zu joggen. Sie hatte in der vergangenen Woche so viel Dreck gegessen, dass es ihre Hochzeitsdiät komplett zunichtegemacht hatte. Aber hätte es jetzt irgendeinen Sinn gehabt, wieder auf Jaffa Cakes zu verzichten und erneut Kleidergröße sechsunddreißig anzustreben? Nein. Das Leben war schon schlimm genug, da konnte sie auch gleich die verdammten Kekse futtern. Sie steckte den Scheck ein, verließ den Laden und versuchte, nach Camden zu joggen, vorbei an der U-Bahn-Station Euston. Doch obwohl sie noch wenige Wochen zuvor mit Leichtigkeit fünftausend Meter gelaufen war, bekam sie schon auf dem Weg zum U-Bahnhof Seitenstechen. Sie blieb stehen und spürte die Schwäche in ihren Beinen und in ihrer Brust. Das musste an dem Schock liegen. Den Rest der Strecke, die Eversholt Street hinauf, legte sie in gemäßigtem Spaziertempo zurück.
    Sie trottete nur so vor sich hin, mit einer gewissen Traurigkeit angesichts dessen, wie sie früher in diesen Geschäften ein und aus gegangen war. Da traf es sie wie ein Schlag in die Magengrube: Da war es, das Restaurant, ein wenig versteckt in einer Seitenstraße, mit Rollläden versperrt. Sie erinnerte sich noch ganz genau an das dunkle orientalische Interieur, an die ausgefallenen Cocktails, die sie getrunken hatten,

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