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Am Rande wohnen die Wilden

Am Rande wohnen die Wilden

Titel: Am Rande wohnen die Wilden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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ausknipsen konnte. Fast noch gefährlicher aber war seine rammende Linke, die viel öfter geschlagen wurde und deren Wirkung nicht in einem Schlag, sondern in der Anzahl der Schläge lag. Mit dieser Linken zermürbte Jenkins seine Gegner, erfocht damit Punktsiege, wenn die Rechte nicht traf. Die Gegner, die einen Kampf gegen ihn stehend verloren hatten, die mit ihm über alle Runden gegangen waren, hatten nach dem Kampf meist Mühe, sich selbst im Spiegel zu erkennen. Sie waren verschwollen, meist bildete das Gesicht eine einzige Fläche, aus der die Augen wie Schlitze hervorsahen, oder diese Gegner hatten völlig zerschlagene Brauen.
    Das eigentlich war Rods größte Sorge. Er wußte, daß er gut aussah, und legte viel Wert auf sein unbeschädigtes Gesicht, das er bisher durch alle Kämpfe gerettet hatte, teilweise auf Kosten einiger Körpertreffer beim beinahe ängstlichen Abdrehen. Heute aber würde er höllisch aufpassen müssen.
    Von draußen klang das gedämpfte Brausen Tausender leiser Stimmen herein. Die Halle war bis auf den letzten Platz besetzt. Hin und wieder hörte er die Stimme des Sprechers am Ring, der nach alter Tradition Veteranen des Boxsportes vorstellte, die mit lautem Jubel begrüßt wurden.
    Brewster kam herein. Seine massige Figur füllte für eine Sekunde den Türrahmen. Er ließ sich auf die Pritsche fallen und schob den Hut mit der breiten Krempe in den Nacken. »Ausgezeichnete Stimmung!« stellte er fest und tätschelte Rods Rücken. »Wie fühlst du dich? Das ist deine Chance, Rod. Jetzt hängt alles von dir ab.« 
    Rod bemerkte erstaunt, daß J. F. nervös war. Wieder sprang er auf und lief nach draußen. Minuten später kam er zurück. »Es geht los, Rod!« Brewsters Mundwinkel zuckten, und Rod kam der Gedanke, daß der Dicke vielleicht mehr Angst hatte als er selbst.
    Rod Mahoney streifte den seidenen Mantel über, der hoch geschlitzte Ärmel hatte und auf dessen Rücken Rods Name in großen Buchstaben leuchtete. Langsam trat er in den Trubel der Halle hinaus. Seine Mannschaft begleitete ihn, Manager, Trainer und Helfer.
    Weit vorn lag der in blendendes Licht getauchte Ring. Rod senkte den Kopf, um sich bereits jetzt zu konzentrieren, aber es gelang ihm nicht. Die Hände unbekannter Sportfreunde, die ihm auf die Schulter klopften und deren Besitzer morgen im Büro behaupten würden, sie hätten dem großen Mahoney vor seinem Kampf noch mal Mut zugesprochen, schreckten ihn immer wieder auf. Über ihm hing das Brausen der Stimmen, aus dem hin und wieder einzelne Pfiffe aufflammten.
    Und dann war das seilumspannte Quadrat plötzlich ganz nahe, die kleine Treppe, die zu Erfolg oder Untergang führte, und der Ringrichter, der für Fairness zu sorgen hatte und der einschätzen mußte, ob ein Boxer noch kampffähig war oder ob er besser daran tat, den Kampf vorzeitig abzubrechen. Der Mann, der mit den beiden Kontrahenten im Ring stehen würde, war klein, untersetzt und hatte eine Glatze, auf der sich das Licht der Scheinwerfer spiegelte. Rod nahm all das wie in einem Traum wahr. Sein Herz schlug wie ein Hammer, er hatte das Gefühl, daß ihm jeden Augenblick Ströme kalten Schweißes ausbrechen konnten. Er suchte Jenkins, aber sein Gegner war nirgends zu sehen. »Der Kerl läßt auf sich warten«, murmelte Brewster hinter ihm. »Laß dich nicht weichkochen, Rod. Behalte die Nerven!«
    Rodney lächelte verloren. Während er die kleine Treppe hinaufstieg, mit einem hundertmal geübten Schwung über das mittlere Seil flankte und sich nach allen Seiten verbeugte, spürte er, wie das Herz aufhörte zu schlagen. Nein, es hörte nicht auf, es schlug ruhig und leise. Die ungeheure Spannung verflog.
    Und während rings um ihn der Applaus aufbrandete, Sprechchöre seinen Namen schrien, andere in ohrenbetäubende Pfiffe ausbrachen, wußte er plötzlich, daß er warten konnte. Und würde es Stunden dauern, ehe Jenkins kam, er würde warten, ruhig und gefaßt. Er hob die Fäuste vor die Brust, tat ein paar tänzelnde Schritte und stieß, wie man es ihn gelehrt hatte, die Fäuste nach einem unsichtbaren Gegner. Er duckte ab, sprang zur Seite und stieß wieder ins Leere. Der Jubel um ihn herum wurde zum Orkan.
    Plötzlich sah er Betty. Sie saß in der ersten Reihe und starrte ihn aus großen Augen an. Es waren Augen voll Angst, wie ihm schien. Rod winkte ihr mit der behandschuhten Faust zu. Neben ihr winkte eine blonde Frau zurück. Es fiel ihm schwer, sich an ihren Namen zu erinnern.
    Da erklang aus der

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