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Am Rande wohnen die Wilden

Am Rande wohnen die Wilden

Titel: Am Rande wohnen die Wilden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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daß sie uns friedlich begegnen werden.«
    Er betrachtete einen ungewöhnlich geformten Gegenstand in der Hand Bojans, dessen Sinn er sich nicht erklären konnte. Das Ding sah aus wie ein dicker Bleistift mit Griff, aus dessen Schaft vorn eine blaue Mine ragte. Zwar sah Bojan den Blick Mahoneys nicht, aber er spürte deutlich seine Frage.
    »Es handelt sich um einen Paralyser«, erklärte er. »Eine Waffe, die speziell zur Verteidigung auf unbekannten Planeten entwickelt wurde. Eigentlich ist es die einzige Waffe, die wir kennen.«
    »Entwickelt für die Erde.« Rod lächelte. »Aber ich glaube nicht, daß wir sie brauchen werden, und um ehrlich zu sein, ich zweifle an ihrer Wirksamkeit.«
    Bojan reagierte nicht auf die in Rods Worten enthaltene Spitze. Er erläuterte die Waffe, die überschnelle Teilchen beschleunigte und sie verstrahlte. Dabei würde in den getroffenen Organen Supraleitfähigkeit erzeugt und die motorischen Impulse wirkungslos. Das Ergebnis sei eine vorübergehende Lähmung.
    Rod freute sich innerlich, daß sich die Mornen bewaffnet hatten. Das nahm ihnen etwas von dem Abstand zu den Menschen, fand er, aber überzeugt von der Wirksamkeit des Paralysers war er nicht. »Versuch es!« sagte er zu Bojan und zeigte auf einen kleinen Baumwaran, der stelzbeinig etwa drei Meter hinter den Pfeilen über den Weg marschierte.
    Bojan hob die Waffe und richtete sie auf die Echse. Rod sah nicht, wie er die Waffe bediente, aber er sah den Waran in den Beinen einknicken. Doch dann, bevor der Körper den Boden berührte, riß das Tier den Kopf herum, stieß ein Fauchen aus und verschwand mit einem Sprung im Dickicht. Rod beobachtete den Mornen, der konsterniert seinen Paralyser betrachtete. Langsam schien ihm aufzugehen, daß sie nun waffenlos waren. Die schnellen Teilchen blieben wirkungslos, auch wenn man einräumen mußte, daß ihre Wirkung auf höhere Wesen eine andere sein konnte. Aber auch daran schien der Morne nicht mehr zu glauben, denn er schob den Paralyser mit einer Bewegung in eine Tasche seiner Kombination, als hätte er ihn am liebsten ins Gebüsch geschleudert.
    »Ein seltsamer Planet!« sagte er scheinbar ohne jede Regung. »Eine Überraschung nach der anderen. Und dies war eine der unangenehmsten.« Er blickte sich um, als suche er zwischen den Baumkronen nach dem Antigravgleiter.
    Rod schüttelte den Kopf. »Die Indianer können ihn nicht sehen. Das dichte Blätterdach entzieht ihnen jede Sicht. Allerdings nützt er auch uns in dieser Situation nichts.«
    »Red nicht soviel!« knurrte Bracke. »Es ist gut, daß der Gleiter außer Sichtweite bleibt. Wer weiß, wie die Indianer reagieren würden, wenn sie ihn sehen könnten.«
    »Also werden wir nichts anderes tun, als abwarten?« fragte Tekla, und Rod sah, daß Bracke bestätigend nickte. »Wir werden nicht lange zu warten haben. Ich bin überzeugt, daß die Indianer uns völlig umzingelt haben. Wenn sie uns an das Leben wollten, hätten sie längst etwas unternommen.« Er blickte angespannt in das Dickicht vor ihnen. Dann wandte er sich noch einmal an Bojan. »Auch deine Wunderwaffe hätte uns nichts genützt!« sagte er. »Die Indianer hätten nicht mit einem Pfeil angefangen, sondern uns aus einer sicheren Deckung heraus mit einem Hagel ihrer kleinen vergifteten Geschosse überschüttet. Wir hätten keine Chance gehabt.«
    Rod sah, wie Bracke lächelte, aber es war keine Schadenfreude. Sie schwiegen und warteten auf die Dinge, die zweifellos kommen würden. Und sie brauchten tatsächlich nicht lange zu warten. Um die Wegbiegung vor ihnen kam ein abenteuerlicher Zug. Eine Gruppe von kleinen, aber muskulösen braunen Männern näherte sich der Sperre. Sie waren mit kurzen khakifarbenen Hosen bekleidet und im übrigen bis auf einige Schilfblätter, die sie um Oberarme und Oberschenkel geschlungen hatten, nackt. Die Fülle des langen schwarzen Haares entlockre den Mornen erstaunte Ausrufe. Einige Meter vor der Gruppe schritt ein alter Mann, dessen Haut wie zerknittertes altes Pergament aussah. Graue Strähnen durchzogen das bis auf die Hüften fallende Haar. Rod atmete auf. Sie alle hatten sich vor der Abreise einem Intensivstudium der brasilianischen Indianer unterzogen, und jetzt merkte er, daß es gut gewesen war. Er wußte sofort, daß die Leute hier Suya-Indianer waren, ein Stamm, der als friedlich und relativ gebildet bekannt war, sofern man bei der Weltabgeschiedenheit dieser Menschen von Bildung im üblichen Sinne sprechen konnte. Als sie

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