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Am Rande wohnen die Wilden

Am Rande wohnen die Wilden

Titel: Am Rande wohnen die Wilden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Frühauf
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künstlich aufbereiten, dann entzögen wir den Pflanzen einen Teil ihrer Nahrungsgrundlage, und weite Landstriche würden verkarsten. Das hätten wir schon damals haben können, als unsere Vorfahren aus Unkenntnis Wälder rodeten und Wasser verseuchten.«
    Er war nahe daran, an der Logik der Menschen zu verzweifeln. »Aber, was wollt ihr denn nun eigentlich? Auf der einen Seite benötigt ihr die Wälder zur Regeneration des Atemgases, und auf der anderen Seite lehnt ihr die weit effektivere künstliche Regeneration mit der Begründung ab, daß es den Wäldern schaden würde. Das ist doch ein Widerspruch.«
    Karin hatte den vermeintlichen Widerspruch gespürt, aber konnte sie den Mornen überhaupt erklären, warum die Menschheit sich sträubte, ihre natürliche Umgebung aufzugeben? Unerwartet mischte sich der Indianer Komdu ein. Einige Worte ihrer Unterhaltung mußte er verstanden haben.
    »Die Natur hat uns alle geschaffen«, sagte er mit seinen einfachen Worten, »und wir sind ein Teil der Natur. Wir alle brauchen den Dschungel und das strömende Wasser. Uns gibt die Natur Nahrung und Kleidung, Waffen und Schmuck, und den Weißen gibt sie Ruhe und Erholung und die Luft, die sie zum Atmen brauchen. Würden wir die Natur verändern, wie du es vorschlägst, dann würden wir uns selbst das Grab schaufeln.« 
    Bojan glaubte nicht richtig zu hören. Er protestierte erregt, und er ärgerte sich, daß er außerstande war, Ruhe zu bewahren. »Wir haben in unserem Lande die Natur so zurückgedrängt, daß sie praktisch nicht mehr existiert, und wir leben trotzdem, und wir leben besser als ihr.«
    Komdu entblößte lächelnd seine Zähne, und Bojan sah, daß sie braun und schadhaft waren.
    »Lege den Gürtel ab, mit dem du fliegen kannst, Fremder«, forderte der Indianer ihn auf, und er bewunderte die Beobachtungsgabe des Indianers, der die Funktion des Gürtels durchschaut hatte, obwohl sie sich alle Mühe gegeben hatten, sie vor diesen Menschen zu verbergen. Er zögerte. Aber dann sah er, daß Komdu die Mundwinkel herunterzog. Über die Sensoren spürte er eine Welle von Verachtung. So stark war dieses Gefühl, daß er die Schließe des Gürtels mit einem Gedankenimpuls öffnete und den Antigravgürtel zu Boden gleiten ließ.
    »Jetzt sind wir gleich, du und ich«, hörte er Komdu sagen. »Und nun tu, was ich dir vormachen werde!«
    In weiten, raumgreifenden Schritten lief der kleine Indianer einem einzeln stehenden Baum am Rande der Wiese zu, und obwohl Bojan ihn um gut drei Köpfe überragte, war er nach wenigen Schritten hoffnungslos zurückgeblieben. Er sah mit einiger Bewunderung, wie Komdu den glatten Stamm des Baumes mit einem Riesensatz ansprang, die Hände darum legte und mit gegen die Rinde gestemmten Füßen an ihm emporlief. Er verstand sich selbst nicht, aber er versuchte tatsächlich, es dem Indianer gleichzutun, eine Unternehmung, die hoffnungslos scheiterte.
    Der Indianer aber, als er den kläglichen Versuch Bojans sah, ließ sich den Stamm herabgleiten und blickte grinsend zu ihm auf. »Und welchen Sinn hat das, was du da tatest?« fragte Bojan.
    Hell lachte Komdu auf. »Leben bedeutet sich bewegen, bedeutet stark sein und gesund. Nur dann kann man überleben.«
    »Und wenn niemand da ist, der uns bedroht?«
    »Immer ist jemand da. Es gibt wilde Tiere und schlechte Menschen.« 
    Bojan sah, daß Komdu nicht mehr lächelte, und sagte: »Bei uns gibt es keine wilden Tiere, und es gibt auch keine Bäume, auf die man vor ihnen fliehen könnte.«
    Der Indianer, der sich bereits zum Gehen gewandt hatte, blieb stehen. »Es muß ein armes Land sein, aus dem ihr kommt, Fremder«, erwiderte er.
    Bojan war erschüttert über die Inkonsequenz menschlicher Denkweisen.
     
    Am Abend des dritten Tages versuchte Bojan Parakontakt mit Faunian aufzunehmen. Er versuchte es mehrmals hintereinander und dann in Abständen von einer Stunde, aber Faunian schwieg. Mit Sicherheit lag das jedoch nicht an Faunian. Er hatte den Spruch also nicht empfangen. Der Grund war nicht zu ermitteln. Bojan wußte, daß auf Morn ein Parakontakt um den halben Planeten nichts Außergewöhnliches war, aber hier auf der Erde.
    Vielleicht lag es an den atmosphärischen Verhältnissen, vielleicht sandte das Zentralgestirn Wellen aus, die den Kontakt behinderten.
    Er sprach mit Karin Bachfeld darüber und mit Wolfram Bracke. Obwohl beide der Meinung waren, daß sich Bojan völlig zu unrecht Sorgen machte, erklärte sich Karin bereit, am anderen Morgen

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