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Am Samstag aß der Rabbi nichts

Am Samstag aß der Rabbi nichts

Titel: Am Samstag aß der Rabbi nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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hinterlassen hat
…»
    «Nein. Es gibt noch einen Grund, obwohl er vor Gericht keine
Beweiskraft hätte: Sehen Sie, Rabbi – es wird hier sehr viel getrunken. Reiche
Leute, die nicht wissen, was sie mit ihrer Zeit anfangen sollen; nervöse
Manager, die sich Magengeschwüre ansaufen … Na, und unsere Fischer, die trinken
sowieso. Und nun hab ich noch nie erlebt, dass ein Trinker Selbstmord begangen
hätte … Noch nie, verstehen Sie? Ich hab mal einen Psychiater gefragt, warum
das so ist; da hat er gemeint, Alkoholiker sind Selbstmörder; bei ihnen geht es
nur langsamer.»
    «Na ja … Aber wie steht’s mit rechtsgültigen Beweisen? Haben
Sie etwas in Händen?»
    «Nein. Ich weiß nur, dass Hirsh keinen Brief hinterlassen hat
und dass er betrunken war. Das Letztere scheint mir schwerer zu wiegen … Selbstmord
ist sehr selten eine Kurzschlussreaktion; wer Schluss macht, hat es sich vorher
gründlich überlegt, und wenn er es tut, dann mit klarem Kopf. Er betrinkt sich
nicht, ehe er Hand an sich legt. Außerdem: Soweit wir rekonstruieren konnten,
was vor dem Rausch geschehen ist, entspricht Hirshs Verhalten nicht dem eines
Selbstmörders. Im Gegenteil: das Ganze sieht eher aus wie eine Kette grotesker
Zufälle.
    Als uns Mrs. Hirsh mitteilte, dass ihr Mann nicht nach Hause
gekommen sei, meldeten wir es der State Police und den umliegenden
Polizeirevieren. Eine Polizeistreife hatte tatsächlich einen Wagen gesehen, der
der Beschreibung entsprach. Er parkte an der Fernstraße 128 , nicht weit vom Goddard-Laboratorium. Die Streife fuhr
nach unserem Fahndungsersuchen dorthin zurück. Der Wagen war nicht mehr da,
aber sie fanden die Verpackung einer Wodkaflasche. Eine Glückwunschkarte lag
dabei, die an Hirshs Nachbar gerichtet war. Eine einfache Routineuntersuchung
ergab, dass die Flasche bei den Levensons – das sind die Nachbarn – abgegeben
werden sollte, aber sie waren bereits zur Synagoge gegangen. Zufällig kam Hirsh
vorüber, und der Fahrer bat ihn, das Paket für die Levensons anzunehmen und zu
quittieren.»
    «Ach so …»
    «Ja, und dann muss Hirsh die Flasche ausgepackt haben – wohl
kaum, um sie zu betrachten. Er muss schon kräftig daran genippt haben – warum
hätte er sonst kurz vor dem Laboratorium noch geparkt? Er war auf dem Weg
dorthin, das steht fest. Dann, als er schon einen kleinen in der Krone hatte,
fand er, es sei besser, heimzufahren und ganze Arbeit zu machen … Das erklärt
auch, weshalb er überhaupt rückfällig wurde. Er ging nicht in einen Laden und
kaufte sich eine Flasche Schnaps – er hatte sich ja die ganze Zeit beherrscht.
Aber eine Flasche Wodka, die einem aus heiterem Himmel in den Schoß fällt – er
muss es wohl als so was wie höhere Fügung angesehen haben.»
    «Ich zweifle sehr, ob selbst ein frommer Jude eine Flasche Wodka,
die ihm unerwartet in den Schoß fällt, als höhere Fügung betrachten würde – und
Hirsh war alles andere als fromm», meinte der Rabbi lächelnd. «Aber Ihrer
Ansicht nach deuten jedenfalls alle Anzeichen auf einen Unfall hin?»
    «Ja. Alles scheint dafür zu sprechen … Allerdings dürfen Sie
nicht vergessen, dass wir nicht scharf da–rauf waren, zu einem anderen Resultat
zu kommen. Die Versicherungsgesellschaft wird die Sache mit anderen Augen
ansehen.»
    «Ach? Hat die Versicherung Nachforschungen angestellt?»
    «Nein, noch nicht», erwiderte Lanigan. «Aber das kommt noch
– verlassen Sie sich drauf!»
    15
    Pat Hirsh kam mit Liz Marcus in der Limousine des
Beerdigungsinstituts zu Hause an. Dr. Sykes erwartete sie bereits. Sein kleiner
ausländischer Sportwagen hatte die Strecke vom Friedhof viel rascher bewältigt
als die schwere Limousine.
    «Komm doch rein, Liz», bat Pat. «Ich mach noch ’ne Tasse Tee.»
    «Danke, aber ich muss gehen. Joe hütet die Kinder, und er erwartet
mich, weil er wieder ins Büro muss.» Liz küsste sie impulsiv und versprach, am
Abend hinüberzukommen, sobald die Kinder schliefen. Die ganze Angelegenheit
schien ihr näher gegangen zu sein als Pat, der eigentlich Betroffenen …
    Dr. Sykes hielt Pat Hirsh die Tür auf. «Sie hätten sich die
Limousine sparen können, Mrs. Hirsh. Ich hätte Sie doch abholen und nach Hause
fahren können.»
    «Ich weiß, aber wie sieht das aus – in einem Sportwagen zur
Beerdigung … Trinken Sie etwas?»
    «Nein, danke, ich muss ins Labor zurück. Ich wollte nur rasch
reinschauen, ob alles in Ordnung ist.»
    «Es war ein schönes Begräbnis, nicht wahr?», sagte sie,

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