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Am Samstag aß der Rabbi nichts

Am Samstag aß der Rabbi nichts

Titel: Am Samstag aß der Rabbi nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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Erregung
schwang in seiner Stimme. «Das ist doch sicher wieder einer von seinen Tricks!»
    «Aber was hat der Rabbi beim District Attorney zu schaffen?
Und überhaupt, was hat er davon?»
    «Er ist doch dick befreundet mit Polizeichef Lanigan, und der
geht bei der Staatsanwaltschaft ein und aus. Und was er davon hat – ich bitte
dich, Mort: Er blockiert unseren Plan!»
    «Du meinst den Weg? Den Bau der Straße? Was geht den District
Attorney unser Friedhofsweg an?»
    «Na, hör mal! Wenn wir jetzt anfangen, eine Straße zu bauen,
die ausgerechnet Hirshs Grab vom restlichen Friedhof abtrennt – das sieht doch
verdammt komisch aus, oder? In der Zeitung steht, sie wollen den Leichnam
exhumieren. Wie sieht das aus, wenn wir die Straße anlegen, während sie die
Leiche ausgraben! Die fragen uns doch Löcher in den Bauch!»
    «Also, ich seh keinen Grund zur Aufregung. Die Straße und die
Exhumierung, das sind doch zwei Paar Stiefel. Das hat doch nichts miteinander
zu tun … Und außerdem, ich glaube nicht, dass der Rabbi so ein Theater
veranstalten würde – damit ändert er doch nichts! Nein, nein; ich tippe eher
auf diesen Beam. Schließlich steht für seine Versicherung ein Haufen Geld auf
dem Spiel. Und so eine Gesellschaft hat auch mehr Einfluss auf den District
Attorney als der Rabbi.»
    «Du kannst sagen, was du willst, Mort; ich fang mit der Straße
erst an, wenn der District Attorney aus der Sache draußen ist.»
    «Na schön. Ich seh’s nicht ein, aber wenn du’s so haben willst
– bitte. Dann warten wir eben noch eine Woche.»
    «Ja – aber die Vorstandssitzung nächsten Sonntag? Es ist riskant,
den Rücktritt des Rabbi bekannt zu geben, solange die Hirsh-Affäre nicht
erledigt ist.»
    «Hm … Da ist was dran, Marve. Sag mal … Du willst unter
keinen Umständen mit der Straße beginnen, ehe …»
    «Nein.»
    «Gut. Weißt du, was wir tun? Wir blasen die
Vorstandssitzung ab.»
    «Abblasen? Du, ich weiß nicht recht … Ist das nicht ein bisschen
stark?»
    «Warum? Als Präsident kann ich auch eine Sondersitzung einberufen,
oder nicht?»
    «Ja, aber …»
    «Also. Da kann ich ebenso gut eine Sitzung abblasen. Oder …
Ja, das ginge auch: Ich ruf unsere Freunde an und sag ihnen, sie sollen einfach
wegbleiben. Dann sind wir nicht beschlussfähig.»
    «Das klingt besser.»
    «Na, ich laß es mir noch durch den Kopf gehen. Halt du inzwischen
Augen und Ohren offen.»
    Brown merkte plötzlich, dass seine Sekretärin in der Tür stand.
Wie lange stand sie schon da? Es war ihm unbehaglich bei dem Gedanken. Was
hatte sie mitbekommen? Er schaute sie fragend an.
    «Da sind zwei Herren, Mr. Brown … von der Polizei.»
     
    Seit dem Tod ihres Mannes hatte Patricia Hirsh keinen Abend
allein verbracht. Freunde und Nachbarn nahmen sich ihrer an, luden sie zum
Essen ein oder kamen zu ihr, um ihr Gesellschaft zu leisten, wenn sie zu müde
zum Ausgehen war. Deshalb war sie nicht überrascht, als eines Abends Peter Dodge
dastand. Sie hatte ihn seit der Beerdigung nicht mehr gesehen.
    «Ich hab dich vernachlässigt, Pat, ich weiß. Aber ich hatte
entsetzlich viel zu tun mit den Vorbereitungen für die MOGRE-Fahrt.»
    «Ich verstehe», sagte sie. «Du musstest sicher auch deinen täglichen
Spaziergang aufgeben.»
    Er schien verlegen. «Nein, ich bin … Ich wollte schon ein paarmal
reinschauen, aber du hattest immer Besuch.»
    «Ja und? Es sind nur Nachbarn oder Bekannte.»
    «Wahrscheinlich war’s albern von mir. Ich … ich wollte nicht,
dass sie denken, ich käme aus … Na, aus beruflichen Gründen.»
    «Aus beruflichen … Wieso?»
    «Na ja, du hast doch hauptsächlich jüdische Freunde und Nachbarn;
ich wollte nicht, dass sie denken, ich wollte dich ‹zurückgewinnen›, nachdem
dein Mann nicht mehr da ist.»
    «Aber ich bin ja gar nicht übergetreten», entgegnete sie. «Ike
und ich waren nur standesamtlich verheiratet.»
    «Ich weiß, es war idiotisch von mir. Verzeih, Pat.»
    «Es gibt nichts zu verzeihen, Peter.»
    «O doch. Du warst allein, und ich hätte dir beistehen
sollen. Schließlich bin ich dein ältester Freund hier, und …» Er verhedderte
sich endgültig.
    Sie lächelte. «Also gut, Peter: Ich verzeih dir.» Sie
streichelte seine Hand.
    Er hielt sie fest: «Sag mir, wie geht es dir wirklich? Ich weiß,
es muss ein entsetzlicher Schock für dich gewesen sein. Hast du dich schon ein
bisschen gefangen?»
    Sie entzog ihm sanft ihre Hand. «Ja, Peter. Ich fühle mich natürlich
einsam, aber alle sind sehr

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