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Am Samstag aß der Rabbi nichts

Am Samstag aß der Rabbi nichts

Titel: Am Samstag aß der Rabbi nichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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sagen,
wetten, dass es doch geht? – Stellen Sie sich doch mal vor, was das für einen
Eindruck macht in einem Büro! Meine Angestellten waren dabei, und Kunden auch
…»
    «Die Polizei hat das Recht, jeden zu verhören, Mr. Brown. Wollen
Sie etwa andeuten, dass ich sie zu Ihnen geschickt habe?»
    «Na, sie kamen wegen Hirsh. Sie wollten wissen, was ich für
Beziehungen zu ihm hatte … Beziehungen ist gut, ich hab ihn kaum gekannt. Als
er hierher zog, hab ich ihm einen Werbebrief geschickt – das tun wir bei allen
neuen Einwohnern, es gehört zum Geschäft. Später schickte ich ihm einen zweiten
… Na, und so weiter. Schließlich hat er unterschrieben, und das war das einzige
Mal, dass ich ihn gesehen hab. Alles andere läuft bei mir übers Büro. Aber die
beiden haben sich angestellt, als ob ich ein Verbrecher wäre. Und Fragen haben
sie gestellt! Warum ich die Straße ausgerechnet so anlegen will? Ob ich nicht
gemerkt hab, dass Hirshs Grab dadurch abgesondert wird? Was ich gegen Hirsh
hätte? Ich konnte ihnen natürlich nichts von der Goralsky-Geschichte erzählen;
das ist vorläufig alles noch intern. Soviel ich weiß, hat ja Ben Goralsky dem
Projekt noch gar nicht zugestimmt. Da hab ich gesagt, unser Gesetz verbietet
es, Selbstmörder rituell zu begraben. Komisch, sagen sie, nach Ansicht des Rabbi
ist es nicht gesetzwidrig, und es muss wohl was anderes dahinter stecken … Und
dann haben sie mich gefragt, wo ich in der Nacht war, in der Hirsh gestorben
ist.»
    «Sie hatten doch ein Alibi. Es war Kol-Nidre- Abend.»
    «Klar. Die wollten mich bloß ein bisschen durch den Wolf drehen
… Sagen Sie bloß nicht, es kann mir nichts passieren, wenn ich unschuldig bin!
Ich rede gar nicht von der Zeit, die sie mir nehmen. Aber nur schon die
Tatsache, dass sie mich vernommen haben, kann mir schaden. In der
Versicherungsbranche muss man frei von jedem Verdacht sein. Was passiert, wenn
es sich rumspricht, dass die Polizei bei mir war und mich verhört hat? Glauben
Sie, das nützt meinem Geschäft?»
    Dem Rabbi blieb die Antwort erspart, weil das Telefon klingelte.
Es war Lanigan.
    «Erinnern Sie sich, Rabbi – ich sagte Ihnen, dass Hirsh auf Ben Goralskys Empfehlung bei Goddard eingestellt wurde?» Es klang triumphierend.
    «Ja. Waru m?»
    «Wussten Sie auch, dass Hirsh und Goralsky ursprünglich Partner
waren? Und dass die Goralskys mit einem Verfahren, das Hirsh ausgeknobelt
hatte, ein Vermögen gemacht haben? Dass sie ihn rechtzeitig aus der Firma
ausgekauft haben?»
    «Ja, das wusste ich.»
    Eine lange Pause. «Das haben Sie aber nie erwähnt», sagte Lanigan
endlich. Er sagte es sehr kühl.
    «Ich dachte, es sei unwichtig.»
    «Ich habe das Gefühl, Rabbi, wir sollten uns noch einmal unterhalten.
Passt’s Ihnen heute Abend?»
    «Gern … Übrigens, Mr. Brown ist gerade bei mir. Marvin Brown.
Er sagt, Ihre Leute hätten ihn aufgesucht.»
    «Ja, und er war alles andere als hilfsbereit.»
    «Möglich. Aber mich stört vor allem, dass er glaubt, es sei
auf meine Veranlassung geschehen. Haben Ihre Leute etwas in der Richtung
erwähnt?»
    «Ich bitte Sie, Rabbi!»
    «Aber warum sind Sie denn ausgerechnet an ihm
interessiert?»
    «Weil … Ich hab da gerade etwas erfahren. Und wenn er schon
bei Ihnen sitzt, tun Sie mir den Gefallen und fragen Sie ihn, warum er die
Synagoge vor Ende des Gottesdienstes verlassen hat.»
    «Vor … Sind Sie sicher?»
    «Ganz sicher, Rabbi.» Damit legte Lanigan auf.
    Der Rabbi wandte sich Marvin Brown zu. «Das war Lanigan.»
    Browns Lächeln schien zu bedeuten – Ich hab’s ja gleich
gesagt.
    «Sagen Sie, Mr. Brown, haben Sie am Freitagabend die Synagoge
früher verlassen?»
    Marvin Brown wurde rot.
    «Ach – deshalb sind Sie nicht aufgestanden, als Sie zum Ehrendienst
aufgerufen wurden? Ich dachte, die defekte Lautsprecheranlage … Warum sind Sie
früher gegangen?»
    «Das … Ich brauche das nicht zu beantworten. Ich bin hier
nicht … Soll das ein Verhör sein? Das ist ganz allein meine Sache. Ich bin
Ihnen keine Rechenschaft schuldig.»
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    28
     
    «Ich bin vor allem anderen Polizist», sagte Lanigan, «und
es missfällt mir, dass Sie mir Informationen vorenthalten.»
    «Hätte ich aus der Tatsache, dass Goralsky Mr. Hirsh eine Empfehlung
gegeben hat, schließen sollen, dass er ihn umbringen wollte?» Der Rabbi war
ebenso kühl und höflich wie der Polizeichef.
    Lanigan seufzte. «Ich hab Ihnen doch alles schon mal
erklärt, Rabbi.

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