Am Samstag aß der Rabbi nichts
nett zu mir.»
«Und was hast du vor? Willst du nach South Bend zurück?»
«Ich glaube nicht. Ich hab dort niemand mehr, und auch sonst
nirgends … Ich bin noch zu keinem Entschluss gekommen. Wahrscheinlich bleib ich
hier und such mir eine Stelle. Wenn irgend möglich, will ich das Haus behalten;
wenn ich es aufgeben muss, nehme ich wahrscheinlich eine kleine Wohnung in Lynn
oder Salem.»
«Das mit der Stelle ist eine gute Idee. Es wird dich
ablenken.»
«Das auch, ja. Vor allem kann ich dann aber auch regelmäßig
essen …» Sie lächelte. «Weißt du, man gewöhnt sich daran.»
Er erschrak. «Ich wusste nicht … Hat Ike nicht …»
«Für mich gesorgt? Wir haben ein kleines Sparkonto, etwas
über tausend Dollar. Viertausend haben wir für das Haus angezahlt; die kriege
ich sicher wieder raus, wenn ich verkaufen muss … Den Wagen will ich auf alle
Fälle loswerden. Nach dem, was passiert ist, will ich ihn nicht mehr sehen.»
«Und … Keine Lebensversicherung?»
«Doch. Aber sie enthält eine Selbstmordklausel, und die Versicherung
stellt schon eine Untersuchung an. Wenn sie entscheiden, dass es Selbstmord
war, zahlen sie nur die bereits geleisteten Prämien zurück.»
«Aber … Nein, Pat, so geht das nicht! Die können doch nicht
aufs Geratewohl … Das müssen sie doch beweisen!»
«Sie können auch einfach die Auszahlung verweigern und sich
verklagen lassen. So ein Protest kann sich über Jahre hinziehen. Dr. Sykes
sagt, wahrscheinlich bieten sie mir eine Abfindung an, aber das wäre dann viel
weniger, als die Police vorsieht … Wenn der Betrag halbwegs vernünftig ist,
werde ich wohl darauf eingehen.»
«Aber warum? Du glaubst doch nicht, dass er Selbstmord begangen
hat?»
Sie nickte langsam. «Vielleicht doch.» Und sie erzählte ihm,
was bei Goddard los gewesen und wie es immer weiter abwärts gegangen war.
Als sie geendet hatte, schwieg Dodge eine Weile.
Schließlich sagte er: «Ich kann es nicht glauben. Ich kannte deinen Mann sehr
gut, er war einer der klügsten Köpfe, die mir je begegnet sind …» Er zuckte die
Achseln und erhob sich. «Ich muss jetzt gehen, Pat. Ich fliege heute Abend
wegen dieser Bürgerrechtssache in den Süden; ich wollte dir nur rasch auf
Wiedersehen sagen. Ich bleibe ein, zwei Wochen fort – allerhöchstens drei;
genau weiß man das nie im Voraus da unten.»
Sie streckte ihm die Hand entgegen, und er umschloss sie fest
mit beiden Händen. «Versprich mir, dass du nichts unternehmen wirst, bis ich
wieder da bin. Wegen der Versicherung und auch sonst … In meiner Gemeinde sind
ein paar einflussreiche Leute, mit denen will ich mal sprechen. Die können dir
sicher auch helfen – wenn du Arbeit suchst … Ich will, dass du hier bleibst,
Pat.»
«Schauen Sie, Rabbi, diese Friedhofsgeschichte … Wir stehen
auf verschiedenen Seiten, Sie und ich. Ich weiß nicht, wer Recht hat; ich weiß
nur so viel, dass ich für die Gemeinde das Beste will … Es ist nicht meine Art,
jemand was zu verkaufen und dann das Geschäft wieder rückgängig zu machen. Da
ist die Sache mit der Grabstelle, die ich Mrs. Hirsh für ihren Mann verkauft
hab … Also, Rabbi, selbst wenn die Sache nicht ganz koscher war, ich
meine, mit seinem Tod und so – ich bin der Letzte, der ein Gewein macht,
obwohl, prinzipiell bin ich nur für korrekte Geschäfte. Aber – Mort Schwarz
kommt und sagt, es war nicht ganz koscher, und es kann die Gemeinde
einen Haufen Geld kosten – wegen der neuen Synagoge, ja? Ich zerbrech mir also
den Kopf; ich find eine Lösung; und … Schön – Sie sind dagegen, Rabbi; okay. Ihr
gutes Recht. Aber seien Sie mir nicht bös, das ist jetzt einfach unfair!»
«Könnten Sie mir erst mal sagen, wovon Sie eigentlich sprechen,
Mr. Brown?»
«Ich bitte Sie, Rabbi – die ganze Stadt weiß, dass Sie mit dem
Polizeichef auf Du und Du sind!»
«Und?»
«Ich finde, ein Außenstehender sollte seine Nase nicht in eine
interne Synagogenangelegenheit stecken.»
«Wollen Sie mir erzählen, dass Lanigan zu Ihnen gekommen
ist und gesagt hat, Sie sollen Ihren Standpunkt in der Hirsh-Affäre ändern?»
«Er ist nicht selber gekommen. Aber er hat einen Lieutenant
Jennings geschickt und noch einen Beamten, beide in Zivil … Sie wollen mich
sprechen, sagen sie. Meine Sekretärin sagt ihnen, ich bin beschäftigt und ob
sie ihnen vielleicht helfen kann. Nein, sie müssen mich persönlich sprechen. Sagt
sie, es geht aber wirklich nicht. Da zeigen sie ihre Dienstmarke und
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