Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)
… werden.
Für Auckland werfe ich meine Vorurteile natürlich gern über den Haufen und gehe offenen Herzens auf die Stadt zu beziehungsweise durch sie hindurch zum Hotel, wo wir übernachten.
Nach einer erholsamen Nacht sitze ich am Frühstückstisch, den Laptop vor mir, und arbeite mich in die Materie ein. Zunächst fällt mir auf, dass die Maori mit ihrer Namensgebung weitaus kreativer waren als die Eingewanderten. T ā maki Makaurau, wie Auckland auf Te Reo M ā ori heißt, bedeutet: »Eine junge Schönheit mit tausend Liebhabern.«
T ā maki Makaurau ist übrigens auch einer der sogenannten Maori Electorates, also ein Wahlkreis, in Neuseeland.
Vielleicht ist das die Gelegenheit, kurz auf das Wahlsystem in Neuseeland einzugehen. Nein, wenn ich ehrlich bin, habe ich das ohnehin nur geschrieben, um einen Grund zu besitzen, eine der Besonderheiten des neuseeländischen Wahlsystems auseinanderzupflücken.
Das neuseeländische Parlament hat meist 121 Sitze. Gewählt werden die Abgeordneten in 63 Wahlkreisen, in denen sowohl – per Verhältniswahlrecht – Parteien als auch – per Persönlichkeitswahlrecht – Personen gewählt werden können. Zusätzlich gibt es im Parlament Sitze, die nur von Maori besetzt werden dürfen – erst waren dies vier, heute sind es sieben. Diese werden auch nur von Angehörigen der Ureinwohnerschaft gewählt. Zu diesem Zweck hat man die eben bereits erwähnten, sich mit anderen Wahlkreisen überschneidenden Electorates gebildet. Erstaunlich ist es allerdings, dass die Maori bereits vor den P ā keh ā das allgemeine Wahlrecht besaßen.
Ich beginne, mich tiefer ins Wahlsystem einzuarbeiten. Auf einmal tauchen unvermutet zwei Fragen auf: Wer sagt eigentlich, wer Maori ist? Und haben die dann zwei Stimmen? Einefür den Maorivertreter und eine für den »normalen« Wahlkreis-Abgeordneten?
Noch bevor ich eine Antwort finden kann, bricht im Team organisatorische Hektik aus. Unsere Reisegruppe ist eigentlich perfekt, dennoch gibt es hin und wieder kleine Schwierigkeiten. Jetzt unterbricht mich Claudia, die diesen Morgen für alle gestalten darf, mit einem Lächeln.
»Macht es dir was aus, schon loszufahren?«, will sie wissen und weist darauf hin, dass wir auf die andere Seite des Waitemata Harbour, nach Devonport, wollen. Das Ganze sei nur mit dem Schiff möglich, und das fahre halt nicht immer. Wir müssen die Fähre um Viertel nach neun erwischen.
Ich schiebe sofort mein Omelett zur Seite. Noch einmal traurig auf das zerstampfte Ei geschaut, und schon bin ich auf dem Weg in den Aufzug. Bevor sich die Tür schließt, schiebt sich Claudia vor die Tür und grinst entschuldigend.
»Doch nicht«, sagt sie. »Wir fahren ’ne Stunde später.«
Das ist natürlich kein Problem. Bei einer solchen Produktion müssen viele Menschen mit ihren verschiedenen Aufgaben unter einen Hut gebracht werden. Als Darsteller stehe ich da quasi am Ende der Nahrungskette. Wenn der Kameramann seine Speicherkarten besorgt hat, das Kostüm fertiggebügelt ist und der Regisseur noch einmal überlegt hat: »Was mach ich hier eigentlich?«, dann komme ich. Und natürlich funktioniere ich wie ein Uhrwerk. Die Präzision dieses Zeitanzeigers schwankt allerdings zwischen einer Atomuhr und einer Aufzieh-Uhr, die nur über ein Mist-ich–hab-den-Schlüssel-verloren-auch-egal-Uhrwerk verfügt.
Die soeben entstandene Pause von einer Stunde ermöglicht es mir, noch einmal aufs Zimmer zu gehen und es mir gemütlich zu machen. So fläze ich mich aufs Bett und beschließe kurze Zeit später, meinem Körper eine Warmwasserentspannung in liegendem Zustand zu gönnen.
Als ich gerade in die Badewanne, gefüllt mit angenehm temperiertem Wasser und veredelt mit dem hoteleigenen Schaumbad, steigen will, klopft es an der Tür. Ich greife hektisch nach einem der Kleidungsstücke, die ich kurz zuvor systemfrei im Zimmer drapiert habe und das ich auf die Schnelle erwischen kann: einem einzelnen T-Shirt. Zumindest kann ich jetzt schamfrei öffnen, wenn ich mich hinter das Türblatt stelle und meinen Körper nach rechts in starke Schräglage bringe.
Das Lächeln steht mir gegenüber. Ich spreche von dem Lächeln, das ich heute schon zwei Mal gesehen habe. Und aus dem lächelnden Mund kommt die Frage, ob ich doch schon bereit wäre, jetzt zu gehen. Ich blicke an mir hinab, in den Bereich, der vom Hotelflur aus nicht zu sehen ist, und sage: »Nein, is grad schlecht.«
Mein Begehr nach etwas mehr Zeit wird davon unterstützt, dass
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