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Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)

Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)

Titel: Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hoecker
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Aber an fast jedem dieser Orte siehst, riechst, hörst und spürst du den Geist der Geschichte. Und die umfasst hier fast 2300 Jahre zivilisatorischen Umgangs mit der Umgebung. Du wandelst auf Pflastersteinen, über die schon Heerscharen von Römern gelatscht sind, betrittst Versailles durch dieselbe Pforte wie der Sonnenkönig vor vielen, vielen Jahren und spürst die gleiche, leicht modrige Atmosphäre in der Kathedrale Notre-Dame de Paris wie Napoléon Bonaparte, als er sich dort 1804 zum Kaiser krönte.
    Bevor du mir jetzt mit »Jaaa … Paris …« kommst, sei versichert, dass ich dich in dem Fall mit mindestens 350 weiteren Städtenamen, die ich historisch für bedeutsam halte, bombardieren werde.
    Ich gebe zu, dass ich da ein heißes Pflaster betreten habe: Immerhin käme ich selbst nie auf die Idee, aufs Land zu ziehen. Zu sehr liebe ich die Nähe zu Orten der geselligen Zusammenkunft. Auch die Vielfalt an Freizeitmöglichkeiten, die ein urbanes Konstrukt zu bieten hat, ist natürlich nicht zu unterschätzen. Nur in der Stadt habe ich die Möglichkeit, Freunde meinen Interessen entsprechend zu suchen, statt meine Neigungen den Vorlieben der ortsansässigen Bevölkerung anzupassen.
    Auf Reisen liegt es mir jedoch fern, Großstädte aufzusuchen. Da bin ich lieber möglichst nah an und in der Natur. Und ehrlich gesagt ist auch die Vielfalt an Erfahrungsmöglichkeiten, die ein Ökosystem zu bieten hat, nicht zu unterschätzen.
    Na, dann bist du doch in Neuseeland genau richtig. Viel Land, wenig Stadt. Eine gewaltige Ausnahme bildet der Großraum Auckland. Falls dir durch deine latente Urbanophobie einige interessante Fakten nicht vermittelt werden konnten, seien sie zur Sicherheit hier nochmals erwähnt:
    Die Gegend um Auckland liegt im Gebiet des Pazifischen Feuerrings, die Stadt selbst ist auf einem Basaltfeld nicht mehr aktiver Vulkane erbaut. Schon in vorkolonialer Zeit wohnten hier bis zu 20000 Maori in befestigten Dörfern, P ā genannt. Solche Einwohnerzahlen wiesen in jenen Tagen auch New York oder Rio de Janeiro auf, allerdings hatten es sich dort schon eine Menge Europäer gemütlich gemacht.
    Als die Menschen aus der »alten Welt« auch in Auckland ankamen, brachten sie eine Menge Waffen unters Volk, was unter den Maoristämmen Konflikte auslöste. Außerdem schleppten die Europäer Krankheiten ein, welche die indigene Bevölkerung zusätzlich dezimierte. Die Einwanderer kauften schließlich einige Gebiete von den Stämmen auf – darunter auch das heutige Stadtzentrum von Auckland.
    Diese Perle am Pazifischen Ozean, die vom Hügelland Hunua Ranges gen Südosten begrenzt wird, stand nach der Unterzeichnung des Vertrags von Waitangi auf der Hotlist der möglichen Hauptstädte. Letztendlich wurde es aber dann doch Wellington, weil man auf der Südinsel Gold fand – ein unschlagbares Argument, denn die Verantwortlichen befürchteten, dass sich der Süden mitsamt seinem Reichtum abspalten würde, und verlegten das politische Zentrum ans südliche Ende der Nordinsel.
    Seitdem 2010 verschiedene Kommunen zusammengelegt wurden, ist Auckland, obwohl es nicht zum Regierungssitz gemacht wurde, mit 1,3 Millionen Einwohnern die größte Stadt des Landes, in der rund ein Drittel der neuseeländischen Bevölkerung beheimatet ist. Ein Großteil der Zuwanderer, die in Neuseeland vorübergehend oder lebenslang sesshaft werden möchten, lässt sich in Auckland nieder – damit ist die Metropole ein spannender Schmelztiegel vieler Nationen. Dies macht sie darüber hinaus zur kulturell vielfältigsten Stadt des Landes. Die enorme Menge an Freizeitmöglichkeiten, die Fülle von Kunst und Kultur, die günstige Beschäftigungssituation, attraktive Bildungseinrichtungen und vieles mehr führen dazu, dass Auckland im Städte-Ranking eines großen Beratungsunternehmens in der Liste der weltweit lebenswertesten Städte an vierter Stelle geführt wird.
    So weit, so gut – nur der Rest der vorwiegend ländlich lebenden Neuseeländer scheint es nicht verstehen zu können, was diese Stadt so besonders macht. Unter den Liebhabern des schönen grünen Landes wurde für die Bewohner schnell die Fremdbezeichnung Jafa (Just Another Fucking Aucklander = noch so ein §$%&$ Auckländer) gefunden. Die städtische Tourismuszentrale machte aus der Schmach eine Tugend und deutete Jafa 1999 einfach um zu »Just Amazing Fun-Filled Auckland« oder, wieder persönlicher, in »Just Another Friendly Aucklander«. Beleidigungen können so schön sein

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