Am schönsten Arsch der Welt: Bekenntnisse eines Neuseelandreisenden (German Edition)
einem anderen Vulkankegel schauen, dem One Tree Hill.
Dieser »Ein-Baum-Hügel« hat eine interessante Geschichte: Erst einmal eine lange kriegerische: Maori bekämpften sich untereinander und nahmen ihn abwechselnd ein, bis es eines Tages jemandem für längere Zeit gelang, die Anhöhe für sich zu beanspruchen. Dieser Stammesfürst nannte sich Kiwi Tamaki und regierte das umgebende Land, wurde durch Zölle erst reich, dann überheblich, und verlor letztendlich bei einer Vergeltungsschlacht sein Leben. Es ging wieder hin und her, bis schließlich die Europäer kamen – dann war erst mal Ruhe. Aus Sicht der Engländer jedenfalls.
Außerdem rankt sich ein Mythos um die Anhöhe:
Während einer Nord-Süd-Tournee bekam ein Häuptling einen Sohn. Ich denke mal, das kann man in diesem Zusammenhang so formulieren, weil das Frauenbild der Maori zu jener Zeit in etwa dem europäischen bis ins 20. Jahrhundert und dem kirchlichen bis ins 21. Jahrhundert entsprechen dürfte. Traditionsgemäß trennte der Stammeschef die Nabelschnur durch – damit war er weiter als die Männer hier beiuns zur selben Zeit – und vergrub diese auf dem nächsten Hügel. Da er die Trennung nicht wie sonst üblich mit einem Stein, sondern einem Ast durchgeführt hatte, wurde dieser an derselben Stelle verbuddelt. Aus ihm wuchs ein Baum, der Ort wurde zu einer heiligen Stätte.
Als Staatsbedienstete und freie Siedler des englischen Königs vorbeikamen, stand also ein Baum auf dem Hügel. Deswegen nannte man den Ort »One Tree Hill«, auch auf die Gefahr hin, dass er später mit einer gleichnamigen amerikanischen Teenie-TV-Serie verwechselt werden könnte.
Nun hatten die Eroberer zwar die Angewohnheit, sich total über neue Länder zu freuen, diese dann aber doch umzugestalten. Wie man halt gerne neue Wohnungen bezieht, aber erst mal die Tapeten runterreißt, die Wände streicht und Nägel in die Wände donnert, egal, was der Vermieter davon auch halten mag.
So verfuhren auch die Engländer mit Neuseeland und fällten die einheimischen Bäume, die dummerweise gar nicht so schnell nachwachsen wollten, wie man das gern gesehen hätte, so dass sie bei der Aufforstung auf heimisches Gewächs wie Pinien, Kiefern und dergleichen zurückgriffen. Es steht zu vermuten, dass sie auch mit dem ursprünglichen Gehölz auf dem Ein-Baum-Hügel kurzen Prozess machten und dieses durch gewöhnliches Nadelholz ersetzten.
Aber alle Bäume gingen ein, und so standen 1960 nur noch zwei Bäume, von denen auch noch einer gefällt wurde. Die übriggebliebene Kiefer auf dem One Tree Hill erregte den Unmut der Maori. Sie wurde von einigen als Provokation empfunden, weil ein solcher Baum nun einfach gar nicht hier nach Neuseeland gehörte und daher mehrfach beschädigt wurde,bis schließlich im Jahr 2000 die Fällung unumgänglich war.
Das Vorgehen der Briten veränderte nicht nur einen Hügel, sondern die gesamte Landschaft Neuseelands. Und es ist nicht abzusehen, ob die Einwanderer beim Auszug den Zustand wiederherstellen werden, den sie damals vorgefunden hatten.
Unsere Tagesreiseleiterinfachfrauortskundige Jo hatte just an dem Tag, als der Baum niedergestreckt wurde, ihren ersten Arbeitstag gehabt. Sie kann sich noch genau daran erinnern, wie voll der Berg und die Straßen darum herum waren. Reihenweise seien Menschen, aber nicht nur Maori dorthin … ja, man kann sagen, gepilgert. So eine große Bedeutung hatte der Baum noch für einen großen Teil der Bevölkerung, obwohl er doch gar kein Original war. Sie brachen Splitter des Stammes ab und nahmen sie mit.
Immer noch werde diskutiert, was für ein Baum in Zukunft auf dem Hügel stehen solle, erzählt uns Jo. Vorerst hat man dort nun einen Obelisken platziert, der ist auch schön und verliert vor allem keine Nadeln.
Unsere Tour ist am Ende, wir machen uns auf zum höchsten Gebäude der Südhalbkugel, dem Sky Tower, wo die Tagesaufgabe, die natürlich auch heute keine Aufgabe ist, auf mich wartet. Einmal soll ich oben drum herumlaufen und dann einfach runterspringen. Nichts leichter als das …
5 | R OTORUA
Von fremder Kultur durchdrungen
achdem die gestrige Arbeit mit einem Sprung aus 192 Metern Höhe endete, sind wir abends noch mal lecker essen gegangen. Es war ein wenig wie zu Hause, man fühlt Heimat: Eine Sushi-Bar.
Jetzt, frisch und munter, ausgeschlafen, voller Energie und Tatendrang, fit, vor Kraft strotzend, erwarte ich die neue Aufgabe des Tages, die natürlich keine … aber wem sag ich das
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