Am Seidenen Faden
ewig verständnisvoll sein.
In Wirklichkeit wünschte ich mir, Larry würde mich in die Arme nehmen, wie Robert an jenem Morgen bei Gericht, und mir sagen, daß alles gut werden würde: Sara würde die High-School mit Erfolg abschließen und ein Studium an der Universität ihrer Wahl beginnen; meine Mutter würde sich in die Frau zurückverwandeln, die ich mein Leben lang gekannt und geliebt hatte; meine Schwester würde endlich aus den Schlagzeilen verschwinden und wieder zur Vernunft kommen; Colin Friendly würde sterben, und wir könnten wieder ein normales Leben führen. War das zuviel verlangt?
Aber selbst als Larry genau das tat, was ich mir wünschte, reichte es nicht.
»Es ist ja gut«, sagte er eines Abends, als ich mich an seiner Schulter ausweinte. Der Prozeß war an diesem Nachmittag abgeschlossen worden, und obwohl alle glaubten, daß es zu einer schnellen Entscheidung käme, berieten die Geschworenen jetzt schon seit mehr als fünf Stunden. Die Reporter spekulierten bereits darüber, ob man die Geschworenen über das Wochenende entlassen würde, wenn sie nicht innerhalb der nächsten Stunde zu einem Spruch gelangten.
»Wieso brauchen sie nur so lang?« fragte ich.
»Ich denke mir, sie gehen noch einmal das gesamte Beweismaterial durch. Am Montag um diese Zeit ist bestimmt alles vorbei«, meinte Larry. Er wußte, daß ich das brauchte. »Colin Friendly wird im Todestrakt sitzen; und deine Schwester wird wieder normal werden. Na ja, normal ist ziemlich relativ, was deine Schwester angeht«, sagte er, und ich lachte dankbar. Und dann küßten wir einander, leicht und zärtlich zunächst, dann feuriger.
Es war Wochen her, seit wir das letztemal miteinander geschlafen hatten. Und das letzte Mal, als ein Mann mich so geküßt hatte, war es nicht Larry gewesen, sondern Robert. »O Gott«, sagte ich schuldbewußt.
Larry hielt mein Schuldbewußtsein natürlich für Leidenschaft und meinte, wir sollten ins Schlafzimmer gehen. Es war Freitagabend, und die Mädchen waren beide ausgegangen.
»Hältst du das für eine gute Idee?« fragte ich zwischen Küssen, als er mich in unser Zimmer führte und wir neben dem Bett stehenblieben.
»Die beste Idee, die ich seit Wochen gehabt habe«, erwiderte er und fegte die vierzehn Dekokissen mit einer Armbewegung zu Boden.
»Und wenn die Kinder heimkommen?«
»Die kommen nicht heim.«
»Und wenn doch?«
»Ich mach die Tür zu«, sagte er und entfernte sich einen Moment von mir, um die Tür zu schließen. Schon im nächsten Augenblick war er zurück, sein Mund lag auf dem meinen, seine Hände suchten meinen Busen und knöpften meine Bluse auf. »Du hast mir gefehlt«, sagte er, als er mir die Bluse von den Schultern streifte und auf den Teppich fallen ließ.
»Du mir auch«, antwortete ich, während er durch die Spitze meines Büstenhalters meine Brüste streichelte. »Das kitzelt«, sagte ich mit einem Gefühl leichter Irritation.
Seine Finger machten sich an den Haken meines Büstenhalters zu schaffen.
»Laß mich, ich mach das schon«, sagte ich.
»Nein, laß es mich machen«, drängte er leise. »Ich bin nur ein bißchen aus der Übung.« Ein paar Sekunden mühte er sich vergeblich, dann verlor ich die Geduld, und ich griff hinter mich, um die widerspenstigen Haken zu öffnen.
»Das wollte ich doch tun«, sagte er.
Komm, jetzt beschwer dich nicht, wollte ich sagen, aber er verschloß meinen Mund mit Küssen und drückte mich auf das Bett hinunter. Seine Lippen wanderten zu meinen Brüsten und saugten sich dort fest.
Sonst hatte ich das immer genossen. Jetzt reizte es mich auf unangenehme Weise. Ich merkte, wie ich immer ärgerlicher wurde. »Das kitzelt«, sagte ich wieder und entzog mich seinem saugenden Mund.
Seine Hände glitten abwärts. Er öffnete den Reißverschluß meiner grauen Hose und schob sie mir über die Hüften hinunter.
»Behandle sie ein bißchen achtsam«, mahnte ich, als er sie vom Bett warf. Mit den Fingern zeichnete er das Muster meines Spitzenhöschens nach, während seine Lippen zu meinen Brüsten zurückkehrten. Ich fühlte gar nichts, keine Spur sexueller Erregung. Nur wachsende Gereiztheit. Ich versuchte zu phantasieren – ich war eine junge Sklavin, die auf einer Auktion verkauft wurde. Es waren vielleicht ein Dutzend Männer da, die meinen Rock hochhoben, um die Ware zu inspizieren, mich mit gierigen Augen betrachteten …
Es passierte gar nichts. Ich versuchte es mit einer anderen Phantasie. Ich war eine Studentin, die
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