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Am Seidenen Faden

Titel: Am Seidenen Faden Kostenlos Bücher Online Lesen
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ihr Professor gerade hatte durchfallen lassen. Was ich denn tun könne? flehte ich ihn an. Ich hätte meinen Eltern schon erzählt, daß ich zu den Besten meines Semesters gehörte. Er sagte, ich könne ja nach dem Unterricht mit nichts als Strapsen und Strümpfen zu ihm kommen …
    Ich schüttelte den Kopf, schob Larrys Kopf von meiner Brust weg. Nichts funktionierte.
    Larry zog mir das Höschen hinunter, vergrub seinen Kopf zwischen meinen Schenkeln. Ich wartete auf ein Gefühl des Loslassens, empfand aber nichts als Frustration.

    »Das tut weh«, sagte ich nach einigen Minuten.
    »Entspann dich«, versetzte er. »Du bist so verkrampft.«
    »Ich bin verkrampft, weil du mir weh tust.«
    »Wo tu ich dir denn weh?«
    »Es ist so viel Druck.«
    Er verlagerte sein Gewicht, legte sich anders. »Wie ist es jetzt? Besser?«
    »Du bist nicht an der richtigen Stelle«, sagte ich und hörte, wie gereizt meine Stimme klang.
    »Zeig es mir.«
    »Ich will’s dir nicht zeigen.«
    Er richtete sich auf. »Was ist denn, Liebes?«
    »Du bist nicht an der richtigen Stelle«, wiederholte ich störrisch, obwohl ich genau wußte, wie unfair ich war, daß es an diesem Abend keine richtige Stelle gab. »Vergessen wir’s einfach. Das wird heute nichts mehr.«
    »Laß es mich noch einmal versuchen«, sagte er.
    »Nein«, entgegnete ich laut. Ich zog meine Beine zusammen und starrte zum Fenster. Ich brauchte sein Gesicht nicht zu sehen, um zu wissen, wie verletzt er war.
    Das Telefon läutete.
    »Geh nicht ran«, bat Larry leise.
    Froh über die Unterbrechung griff ich hinüber und drückte den Hörer an mein Ohr. »Hallo«, sagte ich, und Larry wandte sich ab.
    »Kate, o Gott, Kate!« Es war Jo Lynn. Sie schluchzte.
    »Was ist denn? Was ist passiert?«
    »Die Geschworenen haben eben ihr Urteil verkündet.«
    Ich hielt den Atem an. Schluchzte sie aus Enttäuschung oder Erleichterung?
    »Ich kann es einfach nicht fassen, Kate. Sie haben ihn schuldig gesprochen. Schuldig!«
    Ich schloß die Augen. Gott sei Dank! Neben mir glitt Larry aus dem Bett.
    »Ich kann es nicht fassen«, wiederholte Jo Lynn. »Wie konnten sie das tun! Wo er es doch gar nicht war! Es ist so ungerecht.«

    »Willst du herkommen?« fragte ich, als Larry aus dem Zimmer ging.
    Ich konnte beinahe sehen, wie sie den Kopf schüttelte. »Nein. Ich weiß nicht, was ich tun soll.«
    »Ich finde, du solltest nach Hause fahren, dich einmal richtig ausschlafen …«
    »Sie haben ihn schuldig gesprochen!« rief sie weinend, ohne auf mich zu hören. »Er ist mein ganzes Leben. O Gott, Kate, was soll ich jetzt nur tun?«

17
    Zwei Tage vor Weihnachten verschwand meine Mutter.
    Ich stritt mich gerade mit Sara, als das Telefon läutete.
    »Könntest du da mal rangehen?« sagte ich. Wir waren im Wohnzimmer. Ich lag auf den Knien, um die letzten Weihnachtsgeschenke unter der großen, prächtig geschmückten Tanne zu verteilen.
    Sara blieb, wo sie war, mitten im Zimmer, die langen Beine leicht gespreizt, die Hände herausfordernd in die schmalen Hüften gestemmt. Sie trug schwarze Lastexleggings, ein kirschrotes, zu kurzes und zu enges Hemdchen und hochhackige Stiefeletten, die ihre bereits beachtliche Größe noch betonten. Ihr Haar war, wie Pergament, gelb geworden unter dem ständigen Einfluß der Sonne, und das nachgewachsene Stück dunkler Wurzeln umrahmte ihr ovales Gesicht wie ein breites Stirnband. Sie war eine imposante, um nicht zu sagen beängstigende Gegnerin.
    »Soll doch der Anrufbeantworter drangehen«, sagte sie, ohne sich zu rühren. »Warum willst du mir kein Geld geben?«
    »Weil ich keine Lust habe, dieses Jahr wieder für meine Weihnachtsgeschenke zu bezahlen«, antwortete ich, erleichtert, als das Telefon zu läuten aufhörte. »Ich finde, du bist inzwischen alt genug, um Geschenke mit deinem eigenen Geld zu kaufen.«

    »Mit welchem Geld?«
    »Mit dem Geld, das du hättest sparen können. Weihnachten kommt ja nicht gerade überraschend. Du hast massenhaft Zeit gehabt, dich darauf einzustellen. Michelle spart ihr Geld schon seit Monaten.« Ich wußte sofort, daß es ein Fehler gewesen war, das zu sagen.
    »Na klar, vergleich mich nur mit Michelle!« Sara warf mit einer Bewegung, die zugleich bedrohlich und resignativ war, die Arme hoch.
    »Ich wollte dich nicht mit Michelle vergleichen.«
    »Ach was, du vergleichst uns doch ständig. Michelle, das Tugendschaf, das immer alles richtig macht. Diese blöde Ziege«, rief sie höhnisch.
    »Sara! Hör auf damit! Sofort!

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