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Am Seidenen Faden

Titel: Am Seidenen Faden Kostenlos Bücher Online Lesen
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Selbst meine Träume sind durchsichtig, so scheint es.
    Die Träume wurden mir zu ständigen Begleitern, wechselten sich nächtlich ab, traten zuweilen unmittelbar hintereinander auf wie ein Doppelprogramm im Kino. Sie störten meinen Schlaf, weckten mich um drei Uhr morgens und ließen mich nicht mehr los, bis es Zeit zum Aufstehen war. Hin und wieder erwachte ich schweißgebadet aus einem dieser Träume, kalt und klamm in den feuchten Laken. Ich vergaß, wie es war, eine Nacht durchzuschlafen.
    Interessanterweise begannen genau um diese Zeit Larry und ich wieder miteinander zu schlafen. Ich erwachte eines Nachts verschwitzt und keuchend von meinen Bemühungen zu fliegen, und er saß aufrecht im Bett neben mir. Meine Unruhe hätte ihn geweckt, sagte er sachlich, und ich entschuldigte mich, worauf er sagte, das sei nicht nötig. Ich lächelte dankbar und sagte, daß ich ihn liebe. Er nahm mich in die Arme und sagte, er liebe mich auch, es täte ihm leid, daß er zu der Mißstimmung zwischen uns beigetragen habe. Ich entschuldigte mich für meinen Teil daran, und dann liebten wir uns. Es war schön und vertraut und tröstlich, und ich hoffte, es würde den Träumen ein Ende machen, aber das tat es nicht.
    Das Unterbewußtsein läßt sich offenbar nicht so leicht täuschen, und die Wahrheit war, daß ich keine Umarmungen wollte, die schön und vertraut und tröstlich waren. Ich wollte Umarmungen, die wild und fremd und aufregend waren. Umarmungen, die einen in Ekstase versetzen, glauben lassen, daß alles möglich ist; Umarmungen, die einem das Leben retten können. Oder es zerstören.
    Ich wollte Robert.
    »Geh bloß nicht mit dem Kerl ins Bett«, hörte ich Larry sagen,
während ich mich im Geist täglich in keuchender Umarmung mit ihm wälzte. Robert war ständig bei mir, seine Stimme war in meinem Ohr und gab mir die Worte ein, die ich sagen sollte, seine Augen waren hinter meinen und zeigten mir, wohin ich blicken sollte, was ich sehen sollte, seine Hände waren an meiner Brust und diktierten den Schlag meines Herzens. Ich umarmte meinen Mann, aber Robert war es, der nachts in mir schlief, der mir morgens beim Duschen die Hände führte, und wenn ich versuchte, ihn wegzuwaschen, was ich nur selten tat, haftete er unlösbar an mir, überzog meinen Körper wie ein Seifenfilm, der sich nicht entfernen ließ.
    Was den realen Robert anging, so war er zum Glück unerreichbar; er nahm zunächst an einer Medienkonferenz in Las Vegas teil, dann widerstrebend an einer Kreuzfahrt, die zugunsten irgendeiner wohltätigen Vereinigung, die seine Frau unterstützte, organisiert worden war. Er würde etwas länger als drei Wochen weg sein, sagte er am Telefon, bevor er abreiste. Er würde anrufen, sobald er zurück sei. Und bis dahin, versicherte ich mir in der Zwischenzeit wiederholt, würde ich wieder zur Vernunft gekommen sein.
    Ich gab die Hoffnung nicht auf, daß dieser Moment der Besinnung auch bei Jo Lynn eintreten würde, die im Januar wöchentlich nach Starke fuhr. Freitags fuhr sie hin, übernachtete in einem Motel nicht weit vom Gefängnis entfernt, verbrachte dann am Samstag die erlaubten sechs Stunden mit ihrem »Verlobten«, ehe sie die fünfstündige Heimfahrt antrat. Über die Regeln, die im Staatsgefängnis herrschten, hatte sie kaum ein freundliches Wort zu sagen. Was es denn schaden könne, fragte sie empört, wenn man den Häftlingen Besuche sowohl am Samstag als auch am Sonntag erlauben und sie nicht zwingen würde, den einen oder den anderen Tag zu wählen? Und ob wir wüßten, daß der Staat Florida Ehepaaren nicht einmal den ehelichen Verkehr erlaubte? Ob das nicht grausam und gemein wäre? Aber das würde sie selbstverständlich nicht an der Ausführung ihrer Heiratspläne hindern, erklärte sie unerschütterlich.
    Wahrscheinlich war es dieses blinde, hartnäckige Beharren, das
mich zum Handeln trieb, obwohl ich keine Ahnung hatte, was ich zu erreichen hoffte. Eines Nachmittags griff ich einfach zum Telefon und wählte die Auskunft.
    »Southern Bell«, meldete sich eine Stimme. »Für welche Stadt bitte?«
    »Brooksville«, sagte ich.
    »Der Name des Teilnehmers?«
    »Ketchum«, antwortete ich und buchstabierte den Namen von Colin Friendlys Nachbarin, der Frau, die versucht hatte, ihm zu helfen, die ihm angeblich gezeigt hatte, daß nicht alle Frauen so waren wie seine Mutter. »Rita Ketchum.« Warum wollte ich mit ihr sprechen? Was glaubte ich denn, daß ein Gespräch mit ihr bringen würde?
    Ein paar

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