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Am Seidenen Faden

Titel: Am Seidenen Faden Kostenlos Bücher Online Lesen
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diesen Verrücktheiten hinreißen ließ, die sie immer wieder beging, all das war jetzt irrelevant. Aus den Augen, aus dem Sinn, heißt es, und Beharrlichkeit war noch nie die Stärke meiner Schwester gewesen. Sie würde um ihn weinen, vielleicht sogar ein- oder zweimal nach Starke fahren, um ihn zu besuchen, aber früher oder später würde sie der langen Fahrt und des noch längeren Wartens müde werden, sich wieder ein normales Leben wünschen. Früher oder später würde sie das Unvermeidliche akzeptieren und den Mann im Todestrakt vergessen.
    Colin Friendly, sagte ich mir, mich wieder dem Gespräch am Tisch zuwendend, war endlich aus unserem Leben verschwunden.
    »Ich finde die Straßennamen hier alle so faszinierend«, sagte Robert gerade. »Military Trail, Gun Club Road …«
    »Prosperity Farms«, stimmte ich ein.
    »Genau«, sagte Robert.
    »Ich finde nichts besonders Faszinierendes an diesen Namen«, sagte Brandi Crowe. »Der Military Trail war wahrscheinlich vor langer Zeit einmal tatsächlich eine Marschroute der Soldaten; und die Gun Club Road führte zum Schützenverein oder so was. Dieser Teil Palm Beachs war früher rein landwirtschaftliches Gebiet, mit vielen Bauernhöfen. Der größte und reichste hieß wahrschein-lich …«
    »… Prosperity Farms«, schloß Robert mit einem Kopfschütteln. »Du hast recht. So faszinierend ist das eigentlich gar nicht.«
    Brandi Crowe legte ihrem Mann lachend den Arm um die Schultern, und ich ballte die Hände im Schoß zu Fäusten. »Für den Fall, daß Sie es noch nicht bemerkt haben sollten, mein Mann ist der letzte Romantiker.« Sie lachte wieder, zog ihren Arm zurück. Meine Hände entspannten sich. »Und was halten Sie davon, daß Ihre Frau bald ein großer Radiostar wird?« fragte sie Larry.
    »Ein großer Radiostar?« wiederholte Larry.
    »Hat Sie’s Ihnen denn noch nicht erzählt?«

    »Anscheinend nicht.« Larry wandte sich mir zu, wartete offensichtlich auf eine Erklärung.
    »Na ja, es ist ja noch nichts entschieden«, stammelte ich.
    »Ich dachte, ihr wärt euch schon ganz einig«, sagte Brandi zu ihrem Mann.
    »Ich habe Ihrer Frau ein Angebot gemacht«, sagte Robert zu Larry. »Ich glaube, sie möchte es schwarz auf weiß sehen, ehe sie irgendwelche Vorankündigungen macht.«
    »Was für ein Angebot?«
    »Eine Radiosendung zu moderieren, zu der sich die Leute über Telefon zuschalten können«, erklärte Brandi Crowe.
    »Meine Frau ist Therapeutin«, sagte Larry.
    »Eben«, versetzte Robert. »Sie würde Ratschläge und Tips geben.«
    »Wie bei Frasier ?« fragte Larry.
    »Wie wir es gestalten wollen, ist noch nicht entschieden«, sagte Robert.
    »Ich hab schon eine Idee, die ich ganz gut finde.« Zum erstenmal an diesem Abend lächelte ich völlig ungekünstelt.
    »Und was für eine Idee ist das?« Roberts Lächeln war beinahe so strahlend wie meines.
    »Eine wöchentliche Sendung von ungefähr zwei Stunden, bei der wir Liebeslieder mit Ratschlägen für die Hörer verbinden würden, die an der Liebe leiden.« Ich sprach hastig, mit einer nervösen Unsicherheit in der Stimme. Bis zu diesem Moment war ich mir gar nicht bewußt gewesen, wie aufregend ich die Idee fand, wie versessen ich darauf war, etwas Neues auszuprobieren.
    »Wir geben jede Woche ein anderes Thema vor und suchen dazu passende Lieder aus, die wir zwischen den Anrufen der Leute, die mich um Rat fragen, spielen. Die Musik kann dazu dienen, einen bestimmten Aspekt zu illustrieren oder zu unterstreichen, oder das Lied kann auch gleich der Rat sein, wie zum Beispiel Stand by Your Man oder Take This Job and Shove It, je nachdem, worum es in der Sendung geht. Die Themenliste ist
endlos – Alkoholsucht, Einsamkeit, Ehe, Untreue …« Ich brach ab und hustete hinter vorgehaltener Hand. »Was meint ihr?«
    Larry zuckte die Achseln. »Mal was anderes.«
    Brandi lächelte. »Interessant.«
    »Großartig«, sagte Robert.
    »Wann hast du denn Zeit, so was zu machen?« Larrys Frage wirkte wie eine kalte Dusche und dämpfte unsere Begeisterung.
    »Nun, wir würden uns natürlich nach Kates Terminkalender richten müssen«, begann Robert.
    »Du hast so was doch noch nie gemacht«, sagte Larry.
    »Darum geht’s ja gerade«, entgegnete ich. »Es wäre eine Herausforderung.«
    »Hast du in deinem jetzigen Leben nicht Herausforderung genug?«
    Ich schwieg. Was war nur los mit ihm? War er schon immer so ein Spielverderber gewesen?
    »Es dauert Monate, bis solche Ideen wirklich ausgereift sind«, sagte

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