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Am Sonntag blieb der Rabbi weg

Am Sonntag blieb der Rabbi weg

Titel: Am Sonntag blieb der Rabbi weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kemelman
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zurückkam, war sein Wagen zwischen zwei anderen Autos eingekeilt, und er musste sich mühsam herausmanövrieren. Er war schweißgebadet. Ich werde alt, dachte er; das wächst mir alles über den Kopf … Dann fiel ihm ein, dass er noch nicht gegessen hatte. Der Parkplatz des nächsten Restaurants war voll. Verdrossen fuhr er weiter und beschloss, unterwegs zu essen. Er hielt vor einem Schnellrestaurant. Der einzige freie Platz war direkt neben dem Grill. Mürrisch sah er dem kleinen Koch in der schmutzigen Schürze zu und würgte ein trockenes Hacksteak hinunter. Der Kaffee war auch schlecht.
5
    In der Cafeteria für die leitenden Angestellten der Hexatronics, Inc., an der Fernstraße 128 gab es einen langen Tisch für die Direktoren. Wer Gäste hatte und sich ungestört unterhalten wollte, setzte sich in eine der Nischen, die eine Wand des Raumes einnahmen. Ted Brennerman saß in einer Nische und studierte das Menü. «Ihr sorgt ganz gut für euch», sagte er zu Ben Gorfinkle, seinem Gastgeber. Nachdem sie bestellt hatten, lehnte sich Brennerman über den Tisch und redete leise auf Ben ein:
    «Also, wie gesagt, in der Synagoge haben siebenunddreißig Leute Namensschilder an ihren Plätzen; außerdem haben weitere fünfzig oder sechzig ihre festen Plätze – das macht ungefähr hundert. Wir Übrigen sind die Proleten, sozusagen; wir ergattern manchmal einen guten Platz, oder wir setzen uns irgendwo in die hinteren Reihen. Letztes Jahr saß ich in der allerletzten Reihe. War auch keine Tragödie – durch die Lautsprecheranlage hört man überall gleich gut. Aber die meisten denken nicht so. Die wollen vorn sitzen.» Brennerman lächelte sein ansteckendes Lächeln. Er war ein großer, gut aussehender junger Mann, der irgendwie eifrig wirkte.
    «Na, immerhin haben die guten Plätze allerhand gekostet», wandte Gorfinkle ein. «Jedenfalls die mit den Namensschildern.»
    «Von wegen! Ich bin der Sache nachgegangen. Ich habe das Protokoll der Sitzung damals gelesen – vor fünf Jahren war das, als die Sammelaktion zugunsten des Baufonds organisiert wurde. Um die Sache den Leuten schmackhaft zu machen, versprach Becker, der damalige Vorsteher, jedem einen festen Platz in der Synagoge, der 1000 Dollar spendete. Es war kein offizieller Beschluss, verstehst du – das kam ganz spontan, ohne Abstimmung und so. Na ja, und dann …» Er packte Gorfinkle am Arm: «Dann musste natürlich der Vorstand Becker irgendwie decken. Also beschloss man bei der nächsten Versammlung, dass für alle, die 1000 Dollar gespendet hatten, die Plätze jedes Jahr bis zum letzten Tag des Platzkartenverkaufs reserviert werden sollten. Aber im Jahr darauf wurden die Platzkarten dann abgeschafft – man musste einfach den Jahresbeitrag bezahlen, und Schluss. Und da finde ich, dass jetzt niemand mehr ein festes Anrecht auf die feinen Plätze hat … Es kommt noch hinzu, dass längst nicht alle, die ein Namensschild an ihrem Platz haben, auch 1000 Dollar gespendet haben.»
    «Jaaa …» Gorfinkle, ein gedrungener Mann von Mitte vierzig mit einem kantigen Gesicht, überlegte. «Irgendwann wird ja doch eine Theaterbestuhlung angeschafft werden. Vielleicht sollten wir bis dahin warten.»
    «Nussbaums Idee!» Brennerman lachte. «Kaum hatten sie mich zum Vorsteher der Männergemeinde gewählt, da ist er mir schon damit auf die Pelle gerückt: Ich solle die Mitglieder auffordern, Geld für neue Stühle zu spenden … Vorige Woche hat er mich schon wieder damit geplagt. In den letzten vier Jahren hat er jedem Vorsteher damit in den Ohren gelegen. Ich hab ihm aber klipp und klar gesagt, dass er damit auf keine große Gegenliebe stoßen wird.»
    «Na, ich weiß nicht … Ich finde die Stühle entsetzlich unbequem. Und die Hälfte des Geldes haben wir ja auch schon beisammen.»
    «Ja … Es ist ein Jammer: Das Geld ist da, und wir dürfen’s nicht anrühren! Mann, wenn wir den Betrag für den Sozialfonds verwenden könnten … Moment mal: Kann man Mrs. Oppenheimers Testament nicht so auslegen, dass wir von dem Geld neue Polster für die alten Stühle kaufen?»
    Gorfinkle schüttelte den Kopf. «Das ist sinnlos. Die Sitze würden dann noch höher, und sie sind so schon viel zu hoch. Es liegt auch nicht am Sitz; es liegt an der Lehne – die ist einfach zu steil. Der Einzige, der was davon hat, ist Dr. Klein, der Osteopath. Nach Jom Kippur hat er jedes Mal mehr Patienten mit Rückenschmerzen als das ganze Jahr über.»
    Brennerman lachte. «Wer hat eigentlich

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