Am Sonntag kommt das Enkelkind - und andere Einblicke in meine Wel
an, und er sagte Wau. Vielleicht sprach er auch Englisch und hat Wow gebellt. Das weiß man heute nie so genau. Auf alle Fälle tat er so, als hätte mich Albert von Monaco gebeten, sein Trauzeuge zu sein, oder Dienstwagen-Schmidt hätte sich von mir ein Fahrrad geliehen.
Natürlich grübelte ich ein Weilchen, ob sich die Jugend von heute vielleicht nicht mehr vorstellen kann, dass eine Frau vom vorigen Jahrhundert einfach auf einen Markt geht und Tomaten kauft. Vielleicht wollen die Jungen nur höflich sein, wenn sie mit einem Wau zu verstehen geben, dass sie uns für außerordentliche Leute halten. Es mag aber auch sein, dass die Wau-Sager sich nur staunend zeigen, weil sie begriffen haben, dass Staunen immer gut ankommt. Am Ende sagen Leute, die mit der Zeit gehen, selbst zu ihrem Hund Wau. Wahrscheinlich miauen sie nicht einmal ihre Katze an.
Die Jugendsprache war seit jeher Ursache für Verständigungsschwierigkeiten zwischen den Generationen. Wahrscheinlich hat schon Adam Bauchschmerzen bekommen, wenn er Kain und Abel reden hörte. Die Lebensweisheit, dass Reden Silber ist und Schweigen Gold, muss einem Vater eingefallen sein, der mit seinem 17-jährigen Sohn über die Ethik der Arbeit und den Wert des Geldes diskutierte.
Zu verkünden, ich bin total weggebeamt, wenn ich träume, und scenic zu sein, wenn ich einem Trend vorauseile, überlasse ich der Jugend. Die sagt ja auch chillen, wenn sie entspannen will, wogegen ich das Wort nur aus dem Englischen kenne; da hat es ursprünglich verkühlen bedeutet.
Soeben habe ich ein Interview mit der verehrten Ministerin von der Leyen gelesen. Auch sie lässt in den Ferien die Seele nicht mehr baumeln; sie will im eigenen Garten chillen. Mit sieben Kindern als Lehrmeister hat Frau Ursula es natürlich leicht, sich sprachlich auf der Höhe der Zeit zu halten und nicht als eine Nullchecke (dumme Frau) dazustehen. Wir Uralten aus der Welt von gestern müssen uns mit Wau begnügen.
Wie lernt man Prioritäten zu setzen?
War ich als Kind in ein Buch vertieft, prophezeiten mir die Eltern eine abscheuliche Zukunft als Blaustrumpf. In der Schule sagte aber Frau Lehrerin: Wer nicht liest, soll zurück auf den Baum. Der Mensch lernt eben früh, dass er es keinem recht machen kann. Hört er gern Volksmusik, hat er keinen Geschmack. Mag er nur Bach, ist er ein Snob. Sitzt er auf dem Fahrrad, kränkt er die Fußgänger, sitzt er im Auto, macht er die Umwelt kaputt. Hat er einen Hund, verachten ihn die Katzenfreunde und Straßenkehrer.
Viel getadelt wird der essende Mensch. Vincent Klink, ein Meisterkoch, den ich sehr schätze, weil er nicht so tut, als sei Kochen das A und O der Welt, und uns stattdessen klarmacht, dass das Leben am Herd höchst vergnüglich sein kann, hat uns soeben ein Mangelhaft ins Zeugnis geschrieben. Den Deutschen wirft er vor, sie würden von allen europäischen Nationen am wenigsten fürs Essen ausgeben und falsche Prioritäten setzen. In anderen Worten: Ein Flachbildschirm ist vielen Leuten lieber als eine Lachsforelle in Champagnerschaum oder das berühmte Rinderfilet Wellington.
Natürlich findet das ein Sternekoch eine Todsünde, aber der Teil der Menschheit, der rechnen muss, um durchzukommen, mehrt mit seinem schwer erarbeiteten Geld lieber seinen Besitz als seinen Hüftumfang. Krösus und Co. können täglich Hummer essen und ihren Pudel mit Königinpastete vollstopfen und sich trotzdem einen Ferrari leisten. Aber es ist nicht ehrenrührig, wenn Frau Meier, die an der Kasse vom Baumarkt sitzt, nach Sonderangeboten Ausschau hält und einen Bogen um Kaviar und Gänsestopfleber macht.
Wer je Hunger litt, hat ohnehin kein Talent zum Gourmet, fühlt sich in Esstempeln nur bedingt wohl und denkt bei Wachteleiern in Madeirajus an Hühnereier mit Frankfurter Grüner Soße. Es gibt Bankdirektoren, die sich einen Hamburger an ihren Schreibtisch bringen lassen, und es gibt typische Deutsche wie ich. Die halten Kartoffeln für eine Gottesgabe. Allerdings würde ich sofort auf Kartoffelsalat verzichten und mein Lebtag von Wasser und Brot leben, wenn ich mir vom Ersparten mein Lieblingsbild von Renoir kaufen könnte. So ist das mit Prioritäten.
Wie man nicht auf dem Teppich bleibt
Wird es dem Esel zu wohl, geht er bekanntlich aufs Eis. In gleicher Seelenlage kaufen wir Salz aus fernen Ländern so wir Wert darauf legen, unsere Kartoffeln und Fleischklopse auf höchstem Küchenniveau zu würzen. Lange Zeit genügten der Hausfrau in Sachen
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