Am Strand des Todes
alles. Schlaf weiter!«
Dann erschien Glen in der Tür.
»Hat sie sich wieder beruhigt?« fragte er besorgt.
»Ja, ist schon wieder gut«, lächelte sie zu ihm hoch. »Nichts
als ein Alptraum.«
Missys verweintes Gesichtchen drehte sich dem Vater zu.
»Es war kein Traum!« protestierte sie, »es war wirklich da!
Dort ist er gestanden, ich hab’ ihn am Fenster gesehen!«
»Wen hast du gesehen, Liebling?« fragte Glen.
»Einen Mann!« antwortete Missy, »aber ich hab’ sein
Gesicht nicht erkannt.«
»Du hast geträumt«, widersprach Rebecca, »da draußen ist
niemand.«
»Doch, da ist jemand!« beharrte Missy.
»Ich werde nachsehen«, sagte Glen.
Er warf seinen Regenmantel über den Pyjama und öffnete
die Hüttentür. Mit dem Strahl seiner Taschenlampe leuchtete er
die Bäume rundum ab. Niemand zu sehen.
Als er gerade wieder die Tür schließen wollte, versuchte
Scooter aufgeregt bellend zwischen seinen Beinen hindurch in
die Nacht hinauszurasen. Das kleine Schwänzchen zuckte
aufgeregt hin und her. Ganz offensichtlich witterte der kleine
Hund etwas. Glen packte ihn im letzten Augenblick beim
Nackenfell und hob ihn hoch.
»Ist ja gut, mein Kleiner«, beruhigte er ihn und kraulte ihm
den Bauch. »Heute jagen wir keine Ratten mehr.«
Scooter gab wirklich Ruhe, aber Missy brauchte lange, bis
sie wieder eingeschlafen war.
Und während der Wind immer unheimlicher zu heulen begann,
sprang nur wenige Kilometer entfernt die Tür zu Glen Palmers
Galerie auf. Der Horror begann.
22
Schon früh am nächsten Morgen zog Glen Palmer die
Windjacke über, öffnete die Hüttentür und ließ Scooter hinaus.
Der kleine Hund preschte um die Ecke und war verschwunden.
Als Glen ihm rasch nachging, sah er ihn unterm Fenster der
Kinder herumschnüffeln. Er ging in die Hocke und bemerkte
eine leichte Vertiefung, die aber durch den noch immer
fallenden Nieselregen schon recht verwischt war. Es konnte ein
Fußabdruck sein, mußte aber nicht.
Glen sah sich nach anderen Spuren um, aber der mit
Fichtennadeln übersäte und völlig aufgeweichte Boden ließ
kein sicheres Urteil zu.
»Schwer zu sagen, ob hier wirklich jemand
herumgeschlichen ist«, unterhielt er sich mit dem kleinen
Hund. Doch der hatte inzwischen jedes Interesse an seiner
aufregenden Entdeckung verloren und trottete auf die Bäume
zu. Immer wieder blieb er stehen und schaute zurück, um Glen
nicht aus den Augen zu verlieren. Dann hob er an einem ihm
passend erscheinenden Busch das Bein und lief laut kläffend
zur Hütte zurück. Offensichtlich war es ihm draußen doch zu
feucht.
Rebecca schaute ihnen vom Herd her neugierig entgegen; sie
war gerade dabei, Spiegeleier zu braten.
»Irgendwas gefunden?«
»Wieso meinst du, daß ich etwas gesucht habe?«
»Das hast du! Und – war etwas?«
»Nur wenn man über jede Menge Einbildungskraft verfügt.
Vor dem Fenster der Kinder ist ein leichter Abdruck. Es könnte
vielleicht der Abdruck eines Schuhs sein. Aber beschwören
möchte ich das auf keinen Fall…«
Rebecca legte den Spachtel zur Seite und begann den Tisch
zu decken. »Meinst du nicht, daß die Kinder langsam los
sollten?«
»Laß sie noch ein paar Minuten schlafen. Ich nehme sie im
Wagen mit und setze sie an der Schule ab.«
»Warum willst du heute morgen schon so früh rein?«
»Ach, nichts Besonderes, aber vielleicht taucht Chip auf…«
»Ich mag ihn.«
»Ich auch«, grinste Glen. »Vor allem mag ich seine Art zu
arbeiten. Bis Ende der Woche können wir die Galerie eröffnen.
Ich will ihm dieses Bild schenken.«
»Welches Bild?«
»Das von dem alten Haus, in dem die Randalls jetzt wohnen.
Er scheint es zu mögen. Ich glaube, er hat es sich verdient.«
Sie schwiegen, doch irgend etwas stand noch im Raum. »Du
hast etwas auf dem Herzen«, sagte Glen, und Rebecca nickte.
»Ich habe das Gefühl, als ob heute nacht irgend etwas
geschehen ist – oder daß uns etwas bevorsteht.«
Glen lachte. »Vielleicht solltest du auch Dr. Randall
konsultieren und nicht nur Robby.«
»Robby?« fragte Rebecca verständnislos. »Was ist mit
Robby?«
»Nichts Besonderes«, erwiderte Glen und ärgerte sich, das
Thema überhaupt angeschnitten zu haben. »Er hat mich nur
gefragt, ob er sich Robby nicht mal genauer ansehen könnte.
Wahrscheinlich will er herausfinden, was ihn so verändert hat.
Aber wenn du mich fragst, ist das reine Zeitverschwendung.«
Dann wurde er ernster. »Aber was ist mit dir? Woher dieses
seltsame Gefühl?«
»Oh, wahrscheinlich hat es nicht viel zu
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