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Am Strand des Todes

Am Strand des Todes

Titel: Am Strand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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herauszufinden, was diesem Horton
zugestoßen ist – außer daß er durchblicken ließ, Glen habe
etwas damit zu tun. Der Himmel weiß, was ihn dazu bringt.
Das regt mich wirklich auf! Immer wieder sage ich mir, daß ich
ihn zu negativ sehe, aber ich hätte große Lust, ihm meinen Job
vor die Füße zu schmeißen!«
Riley musterte seinen Enkel überrascht. Schließlich schien er
zu einem Entschluß gekommen zu sein.
»Vielleicht sollte ich dir mal ein paar Dinge über Harney
erzählen«, setzte er an. »Das Leben war ihm nicht immer
wohlgesonnen, und viele seiner Probleme hatte er nun mal
Fremden zu verdanken. Es ist alles schon sehr lange her, aber
Dinge, wie sie Harney als Junge geschehen sind, vergißt man
auch als Mann nicht. Und manchmal sind die alten
Erinnerungen sehr viel stärker als alle neuen Erfahrungen,
wenn du verstehst, was ich meine.« Er lehnte sich vertraulich
vor. »Sag’s bitte niemand, aber oft erinnere ich mich besser an
Ereignisse von vor sechzig Jahren als an das, was gestern war.«
Er schob sein Glas zu Chip rüber und bat ihn, nachzugießen.
Während der junge Mann seiner Bitte nachkam, schweifte sein
Blick nachdenklich durch den Raum und schien sich dann
irgendwo jenseits dieser Regennacht und jenseits von Raum
und Zeit festzusaugen. Als Chip ihm das Glas reichte, sah er,
daß seine Augen fast geschlossen waren. Doch dann fuhr er
fort.
»Als Junge lebte Harney bei seinen Großeltern. Seine Mutter
– die Schwester deiner Großmutter – starb bei seiner Geburt,
und sein Vater verschwand kurz darauf. Er kam später wohl
wieder zurück, doch er hatte sich völlig verändert. So kam es,
daß Harneys Großeltern sich praktisch um beide kümmern
mußten. Harns Großvater besaß eine Menge Land hier in der
Gegend, das meiste davon Wald. Er hat nicht viel damit
anzufangen gewußt, bis dann einige der Holzbosse aus Seattle
hier auftauchten und es ihm abkaufen wollten. Der alte Whalen
wollte aber nicht verkaufen, und so versuchten sie, zumindest
die Nutzungsrechte von ihm zu pachten. Aber auch das wollte
er nicht, und damit hätte die Sache eigentlich beendet sein
können. Aber dann geschah etwas.«
Der alte Mann schwieg plötzlich und schloß die Augen
einige Sekunden lang. Chip dachte schon, sein Großvater wäre
eingeschlafen, als er unvermittelt weiterredete.
»Ich bin mir nicht sicher, ob man diese so lange
zurückliegende Geschichte wieder aufwärmen soll, aber
vielleicht hilft sie dir, Harns Gefühle Fremden gegenüber
besser zu verstehen«, meinte der Alte nachdenklich.
»Erzähl schon!« drängte ihn Chip.
»Also gut – es war in einer Nacht wie dieser«, begann Riley
erneut. »Ein Sturm braute sich zusammen, aber als der kleine
Harney – er war damals erst sieben oder acht Jahre alt – ins
Bett ging, tobte er noch weit draußen auf dem Meer. Erst
mitten in der Nacht erreichte er die Küste. Niemand hat je
erfahren, was in dieser Nacht wirklich geschah. Erst am
nächsten Morgen wurde das Schreckliche entdeckt. Als Harney
erwachte, war das Haus leer. Keine Spur von seinem Vater
oder den Großeltern…«
Der Alte schloß wieder die Augen, als ob er sich damit die
Szene besser vergegenwärtigen könnte. Dann fuhr er fort.
»Der Junge machte sich auf die Suche; dabei kam er auch an
den Strand – die Sod Beach, ungefähr in der Mitte zwischen
der Hütte dieser Palmers und dem alten Baron-Haus…
Natürlich standen beide damals noch nicht. Und dort fand er
die Großeltern, eingegraben bis zum Hals und ertrunken.
Genau wie in den alten Indianer-Geschichten, aber diesmal war
es Wirklichkeit, schreckliche Wirklichkeit. Ich habe sie kurz
darauf mit eigenen Augen gesehen, genau wie die ganze Stadt.
Erst danach haben sie sie ausgegraben. Schrecklich! Ihre
Augen waren aus den Höhlen getreten, die Gesichter fast
schwarz. Sie müssen furchtbar gelitten haben, bevor sie
jämmerlich erstickt sind…«
»Mein Gott«, sagte Chip leise, »hat man je herausgefunden,
wer es getan hat?«
»Nie«, sagte Riley und man konnte hören, wie sehr ihn das
so lange Zurückliegende noch immer bewegte. »Jeder hatte
irgendeinen Verdacht, wie üblich, aber nichts ließ sich
beweisen. Und dann geschah noch etwas, das alles noch
verworrener machte.«
»Noch ein Verbrechen?« staunte Chip.
»Ungefähr eine Woche nach der Beerdigung gab Harneys
Vater nach und unterzeichnete einen Vertrag mit den
Holzleuten. Der alte Whalen hatte sich vergeblich gesträubt…
Und dann verpachtete sein Erbe noch den Strand an

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