Am Strand des Todes
dem Regenmantel greifen.
Als er durch die Tür seines Büros trat, wichen die in der
Vorhalle Herumlungernden scheu vor ihm zurück. Sie wußten,
wozu Harney Whalen in einem solchen Zustand fähig war.
Er ging zum Kai hinunter, unschlüssig, wohin er sich
wenden sollte. Schließlich schlug er den Weg entlang dem
Strand nach Norden ein. Das Wasser hatte seinen Höchststand
überschritten und ging zurück. Der ihm ins Gesicht schlagende
Regen und der frische Wind schienen seine Wut zu
besänftigen.
Fast ohne es zu merken, verbrachte er den Rest des Morgens
am Strand; und auch am Nachmittag ging er noch nicht nach
Hause.
Niemand sah ihn da draußen, er war ganz für sich allein.
Und während Whalen am Strand war, schwoll der Sturm
weiter an.
Robby und Missy saßen auf dem Boden ihres winzigen
Schlafzimmers über einem Damebrett… Robby blickte recht
finster auf die Figuren. Was er auch probierte, Missy war ihm
einfach überlegen. Jetzt war er in Gefahr, auch noch seinen
letzten Stein zu verlieren und damit das dritte Spiel
hintereinander.
»Ich möchte nicht mehr spielen«, schmollte er. »Du mußt
ziehen«, drängte Missy.
»Ich möchte nicht, ich gebe auf.«
»Zieh!« beharrte Missy, »ich möchte deinen Stein
überspringen.«
»Du gewinnst doch sowieso«, meinte er barsch und stand
auf. Er warf einen Blick durchs Fenster. »Laß uns rausgehen«,
sagte er plötzlich. Missy starrte mit angstvoll geweiteten
Augen zu ihm hoch.
»Das dürfen wir nicht. Mami hat gesagt, wir müssen heute
im Haus bleiben. Es regnet doch.«
»Ich mag es, wenn es regnet.«
»Ich nicht, nicht, wenn es so stark regnet und stürmt. Dann
geschehen böse Dinge.«
»Ach, komm doch«, versuchte Robby sie zu überreden. »Es
ist noch nicht einmal sechs Uhr. Wir klettern durchs Fenster
wie letztes Mal. Wir gehen rüber zu den Randalls und kommen
mit Daddy zurück.«
»Ich möchte nicht.«
»Angsthase!«
»Ja, ich habe Angst«, erwiderte Missy kläglich, »und du
solltest auch Angst haben!« Sie zitterte, innerlich erregt durch
das Eingeständnis.
»Ich hab’ aber keine, ich mag es da draußen!« triumphierte
Robby und zog ihre Regenmäntel aus dem Schrank.
»Ich geh’ nicht mit«, beharrte Missy, während er den seinen
anzog.
»Wen interessiert das schon«, erwiderte Robby, »dann geh’
ich eben allein.«
»Ich sag’s Mutter«, drohte Missy.
»Dann verhau’ ich dich«, drohte Robby zurück.
»Das traust du dich nicht!«
Robby zog die Gummistiefel an. »Kommst du jetzt, oder
nicht?«
»Nein«, sagte Missy fest.
»Auch gut!« Er öffnete das Fenster und kletterte hinaus.
Sobald er verschwunden war, lief Missy zum Fenster, schloß
und verriegelte es. Dann ging sie ins Wohnzimmer, wo
Rebecca strickend am Feuer saß.
»Robby ist rausgegangen«, sagte sie.
»Raus? Was soll das heißen?«
»Er hat seinen Regenmantel angezogen und ist aus dem
Fenster geklettert«, erklärte Missy.
Rebecca ließ das Strickzeug fallen und lief in das Zimmer
der Kinder hinüber. Vielleicht hatte das kleine Mädchen nur
einen Scherz gemacht…
»Robby, Robby, wo bist du?«
»Ich hab’ dir doch gesagt, daß er raus ist«, erklang hinter ihr
Missys Stimmchen.
Rebecca lief zur Haustür und riß sie auf. Der Sturm warf ihr
den Regen ins Gesicht, und sie versuchte vergeblich in der
rasch wachsenden Dunkelheit etwas zu erkennen.
»Robby, Robby!« rief sie verzweifelt, »Robby, komm sofort
ins Haus zurück!« Aber das Heulen des Windes und der
Brandung übertönten ihre Stimme.
Fieberhaft überlegte sie, was zu tun sei. Sie mußte raus und
ihn finden, das war ihr klar. Wenn nur Glen nicht zu den
Randalls gegangen wäre, dachte sie fast ärgerlich. Sie mußte
ganz allein eine Entscheidung fällen.
»Ich geh’ raus und such’ ihn«, sagte sie zu Missy, »du
bleibst hier.«
»Allein?« fragte das kleine Mädchen erschrocken.
»Ich werd’ nicht lange weg sein«, versuchte Rebecca sie zu
beruhigen, »Robby ist bestimmt noch in der Nähe.«
»Ich möchte nicht allein bleiben«, jammerte Missy, »ich
möchte mitkommen.«
Rebecca war unschlüssig, doch die angsterfüllten
Kinderaugen sagten ihr, daß sie Missy nicht allein lassen
durfte, auch wenn sie sie bei der Suche nach Robby nur
behindern würde.
»Also gut«, willigte sie ein, »zieh deinen Regenmantel über
und deine Stiefel, beeil dich!
Missy rannte nach nebenan und kam gleich darauf
angezogen zurück. Rebecca griff nach der schweren Stablampe
und öffnete dann die Tür. Ein Windstoß blies die auf dem
Tisch stehende
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