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Am Strand des Todes

Am Strand des Todes

Titel: Am Strand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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wie er es jeden Tag tat. Aber
dann ließ er die Hand rasch wieder sinken – es würde doch
nichts nützen. Whalen hatte seinen Gruß noch nie erwidert, ja,
ihn nicht einmal eines Blicks gewürdigt. Glen fragte sich, ob es
bewußte Unhöflichkeit oder lediglich Unachtsamkeit war;
vielleicht war Whalen zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt?
Aber in seinem Innern wußte er, daß der andere etwas gegen
ihn hatte. Seine abweisende Kälte entsprach dem Verhalten des
ganzen Städtchens. Glen klammerte sich an den Gedanken,
wenn sie erst einmal von Whalen akzeptiert würden, auch die
übrigen Einwohner für sich gewonnen zu haben. Aber bis jetzt
zeigte Whalens Panzer noch keinerlei Wirkung. Alles zu seiner
Zeit, tröstete sich Glen zum hundertsten Mal, alles zu seiner
Zeit.
Auch was die Fortschritte der Galerie betraf, hielt sich Glen
immer häufiger an diesen Trost. Sein Blick schweifte über den
vorderen Raum. Morgen würde er sich ganz auf den
Ausstellungsbereich konzentrieren; das Büro konnte warten. Er
mußte in den wenigen Wochen bis zum Memorial Day
unbedingt damit fertig sein, damit sie endlich eröffnen und
vielleicht sogar etwas verkaufen konnten. Ohne das war ein
Büro sowieso überflüssig…
Daß die Galerie eine Augenweide werden würde, stand für
Glen fest. Die Naturholztäfelung war ein idealer Hintergrund
für seine naiven Gemälde, wozu seine fein ziselierten
Skulpturen mit ihrer handpolierten glänzenden Oberfläche
einen spannungsgeladenen Kontrast bildeten. Er mußte seinen
Stolz einfach hinunterschlucken und Rebecca um Mithilfe
bitten. Das hätte er schon vor Wochen tun sollen, dann wäre
die Galerie wohl schon längst fertig. Doch jetzt war wieder ein
Nachmittag vorüber und vieles nicht getan, was er sich
vorgenommen hatte. Aber er ließ es für heute gut sein, legte die
Werkzeuge zur Seite, verschloß das Haus hinter sich und stieg
in den alten Chevy, der ihnen als Zweitwagen diente. Aber der
weigerte sich anzuspringen.
»Verdammt«, ärgerte er sich laut. Er drehte den
Zündschlüssel erneut und hörte das lustlose Mahlen des
Anlassers. Nach drei weiteren erfolglosen Versuchen stieg er
wütend wieder aus und riß die Motorhaube auf. Aber von
Motoren verstand er noch weniger als vom Schreinern. Er
knallte die Haube auch sofort wieder zu und betätigte den
Anlasser mit der völlig unbegründeten Hoffnung eines Mannes,
der wirklich nichts von Technik versteht, erneut. Das Mahlen
war kaum noch zu hören. Glen gab es auf, um die Batterie
nicht auch noch zu ruinieren.
Er überlegte, was zu tun sei. Pruitts Tankstelle würde
inzwischen geschlossen haben. Ihn zu Hause zu stören, war
nicht gerade ratsam; Pruitt war noch nie besonders freundlich
gewesen. Und das hatte sich noch verschlimmert, nachdem
seine Mutter – wahrscheinlich gegen seinen Einspruch – ihnen
die Hütte am Strand verkauft hatte. Blieb nur noch die einzige
Reparaturwerkstätte des Orts. Aber falls sie ihm dort überhaupt
helfen würden, mußte er mit einer gepfefferten Rechnung für
Feierabendarbeit rechnen. Er entschied sich, den Chevy
stehenzulassen und zu Fuß nach Hause zu gehen. Morgen früh
war auch noch Zeit, sich um den Wagen zu kümmern.
Zuerst ging er eine Weile die Straße entlang; vielleicht nahm
ihn jemand mit? Aber dann machte ihm das Gehen so viel
Spaß, daß er die Straße verließ und durch das Gehölz zum
Strand hinabging. Das brachte ihn zum Südende der Sod
Beach, wo er genau bei dem alten Haus herauskam, das sie
ursprünglich hatten kaufen wollen. Inzwischen war er froh, daß
Whalen es ihnen nicht gegeben hatte. Es war wohl größer als
ihre jetzige Bleibe, dafür stand es aber völlig ungeschützt
direkt an der Küste. Außerdem umgab es eine seltsame
Atmosphäre der Verlassenheit, die ihm zunächst nicht
aufgefallen war. War es ihm damals romantisch und pittoresk
erschienen, wirkte es jetzt eher unheimlich auf ihn.
Rasch umrundete er das Gebäude und ging dann hinab bis
zur Wasserlinie, wo der Sand hartgebacken war und das Gehen
erleichterte. In der Ferne sah er schon das Licht am Fenster
ihrer Hütte. Aus beiden Kaminen kräuselte sich Rauch in die
nun rasch hereinbrechende Dämmerung. Glen fragte sich, was
Rebecca wohl zum Abendessen vorbereitet hatte.
Fast wäre er an Miriam Shelling vorbeigehastet, ohne sie zu
sehen. Auf ihr Winken ließ er die gegen den Strand laufenden
Wasserzungen hinter sich und ging schräg über den Sand auf
sie zu.
»Hallo«, begrüßte er sie mit einem zaghaften

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