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Am Strand des Todes

Am Strand des Todes

Titel: Am Strand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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man mit jedem
einzelnen von ihnen umzugehen hatte. Fremde dagegen waren
eine unbekannte Größe, und Harn Whalen mochte es nicht,
wenn sie das Gleichgewicht seiner Stadt durcheinanderbrachten. In ihrer Gegenwart benahmen sich die Einheimischen
plötzlich anders, wurden unberechenbar und machten Whalen
folglich das Leben schwer; ganz davon abgesehen, daß er sich
Fremden gegenüber immer irgendwie unsicher vorkam.
Solange er mit seinen eigenen Leuten zusammen war, gab es
keinerlei Probleme für ihn, aber sobald er einem Fremden
gegenüberstand, verschloß er sich wie eine Muschel. Er hielt
sich dann abseits und lag ständig auf der Lauer, als ob er jeden
Augenblick einen Ausfall gegen sich erwartete. So war es auch
noch lange nach Pete und Miriam Shellings Ankunft in Clark’s
Harbor gewesen. Erst nach annähernd fünf Jahren brachte es
der Polizeichef über sich, die beiden mit einem barschen
Kopfnicken zu grüßen. Chip wußte sich selbst nicht ganz frei
von ähnlichen Gefühlen. Vielleicht würde er sich in Harneys
Alter ganz ähnlich verhalten? Irgend etwas schien Whalen im
Augenblick zu schaffen zu machen, Chip war sich da ganz
sicher. »Und was wollen sie hier?« fragte er seinen Chef.
»Merle sagt, der Bursche möchte hier ein Buch schreiben
und meint, unsere Stadt wäre genau der richtige Ort dafür.«
»Nun«, lächelte Chip, »du mußt zugeben, daß es hier mehr
als ruhig ist.«
»Und genauso soll es auch bleiben«, meinte Harney. »Doch
wenn sich immer mehr Städter hier ansiedeln, ist es bald vorbei
damit. Sie bringen immer Unruhe und Lärm mit sich, genau
wie diese Palmers.«
»Aber die halten sich doch nun wirklich zurück«, wandte
Chip ein.
»Und dieses Hämmern den ganzen Tag?« meinte Whalen
vorwurfsvoll.
»Nun, man kann nun mal kein Haus renovieren, ohne ein
wenig zu hämmern.«
Whalen mußte das widerwillig zugeben. Was aber noch
lange nicht hieß, daß er es mochte. »Was denken die sich
überhaupt dabei, hier eine Galerie einzurichten?« knurrte er.
»Keiner hier wird ihnen ihren Schund abkaufen.«
»Dann werden sie desto schneller wieder verschwinden«,
grinste Chip. »Vielleicht solltest du ihnen bei den Umbauten
helfen – je früher sie eröffnen können, desto früher sind sie
pleite, stimmt’s?«
Harney musterte seinen Stellvertreter mit säuerlichem Blick,
konnte aber dann ein Lächeln nicht unterdrücken.
»Wirklich sehr witzig, Chip, sehr witzig. Vielleicht könntest
du mir auch sagen, was wir mit diesen Randalls anfangen
sollen. Ich weiß nicht, ob ich noch mehr Fremde im
Augenblick aushalte. Sie bringen immer Unruhe mit sich. Spar
dir aber deine klugen Reden – vielleicht kann ich diese Stadt
tatsächlich nicht für immer und ewig in ihrem jetzigen Zustand
erhalten. Aber solange ich hier Polizeichef bin, werde ich es
zumindest versuchen!«
»Wo wollen sie denn wohnen, falls sie hierbleiben?«
»Merle hat sie an mich verwiesen.«
»Dann ist doch alles ganz einfach«, meinte Chip, »du
brauchst ihnen doch nur zu sagen, daß das alte Haus nicht zu
vermieten ist.«
»Das hab’ ich auch schon den Palmers gesagt, ohne daß es
etwas nützte. Möchte nur wissen, wie es ihnen gelang, die alte
Mrs. Pruitt dazu zu bringen, ihnen ihre miese Hütte am anderen
Ende der Bucht zu verkaufen. Hätte ich früher davon erfahren,
hätte ich sie selbst gekauft. Nein, es ist besser, ihnen diese
ganze Idee auszureden. Gelingt das nicht, sollen sie ruhig in
das alte Baron-Haus einziehen – ein Monat an der Sod Beach
in dieser Ruine wird sie schon zur Vernunft bringen.«
»Du bist ein hinterhältiger alter Knabe, Harn«, meinte Chip
lächelnd.
»Ich bin überhaupt nicht hinterhältig«, wehrte sich Whalen,
»ich mag aber nun mal keine Fremden hier. Also, wie wär’s,
wenn du dich ein wenig mit Pete Shelling beschäftigen
würdest? Hier ist das Protokoll.«
»Was gibt es da noch zu tun?« wunderte sich Chip.
»Keine Ahnung«, meinte Harney achselzuckend, »ich weiß,
daß es ein Unfall war, aber wenn Miriam Shelling hier wieder
auftaucht, sieht es besser aus, wenn jemand an dem Fall
arbeitet – du verstehst, was ich meine?«
Chip lachte laut heraus. »Wenn das nicht ganz schön
hinterhältig ist.«
»Ein alter Hund versteht sich nun mal auf einige Tricks, das
ist alles«, meinte Harney mit einem Zwinkern. Einen
Augenblick später war er verschwunden, und Chip Connor war
allein in der winzigen Polizeistation.
Glen Palmer sah den Polizeichef an der Galerie vorbeifahren
und wollte ihm gerade zuwinken,

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