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Am Strand des Todes

Am Strand des Todes

Titel: Am Strand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Ein Fischer kommt um, und
seine Frau hängt sich wenige Tage später auf. Liegt an diesen
verdammten Stürmen.«
Whalen warf dem Arzt einen zweifelnden Blick zu. Phelps
klärte ihn jovial auf. »Sie wissen wohl nicht, wie stark die
Leute vom Wetter abhängen?« Ohne auf eine Antwort zu
warten, fuhr er fort: »Das tun sie aber. Es gibt da Winde im
Süden, beispielsweise auch in der Schweiz – und die Leute
stellen die verrücktesten Dinge an.« Er legte eine bedeutsame
Pause ein. »Und wir hier haben diese Stürme. Entstehen
irgendwo, brechen über uns herein und verschwinden wieder,
als ob sie nie gewesen wären. Nie suchen sie das Inland heim,
nie den Norden oder Süden – nur eins. Das gibt einem doch zu
denken – oder etwa nicht?«
»Im Augenblick weniger«, meinte Whalen verdrossen,
»worüber ich nachdenke ist, warum sie sich ausgerechnet
Palmers Land ausgesucht hat, um sich zu töten. Wenn sie es
tat.«
»Sie hat’s getan, Harn, sie hat’s getan«, versicherte ihm
Phelps. »Sie können das niemand anhängen. Weder Palmer
noch sonst jemand.«
»Vielleicht nicht«, brummte Whalen, »aber ich kann’s ja mal
versuchen.«
Der alte Arzt warf Whalen einen mehr als überraschten Blick
zu, entfernte sich aber dann zu seinem Wagen. Hier konnte er
nichts mehr tun. Er hörte noch, wie Whalen Anordnungen gab,
die Leiche und den Tatort zu fotografieren, bevor man Miriam
wegbrachte. Er fragte sich, ob Whalen aber mit seinen
Gedanken nicht ganz woanders war. Er schien etwas
auszubrüten, und Phelps hätte zu gerne gewußt, was.
    Beim Essen hatten sie kaum gesprochen. Nachdem er seinen
Kaffee getrunken und den letzten Rest der Flasche Wein in sein
Glas gegossen hatte, packte Brad den Stier bei den Hörnern.
»Es läßt dir wohl keine Ruhe?« fragte er abrupt; ganz sicher
wußte Elaine, wovon er sprach.
    »Wie könnte es das?« erwiderte Elaine gereizt. »Jetzt sind
wir zwei Tage hier, und in dieser Zeit sind zwei Menschen und
ein Hund ums Leben gekommen.«
    »Du weißt doch gar nicht, wie lange der Hund schon tot
war«, wandte Brad ein.
»Gut, beschränken wir uns eben auf die Menschen.«
»Also gut – wie viele Menschen, denkst du, sterben jeden
Tag in Seattle? Oder wußtest du vielleicht nicht, daß Seattle die
zweithöchste Selbstmordrate an der Küste hat?«
»Doch, das wußte ich«, antwortete Elaine betroffen und
etwas verärgert über die kühle Logik ihres Mannes.
»Dann solltest du eigentlich deine Sachen packen und von
dort wegziehen. Ich wette, hier bringen sich weniger Menschen
um als bei uns daheim. Im übrigen bin ich keineswegs
besonders überrascht von dem, was geschehen ist.«
Elaine warf ihm einen prüfenden Blick zu. »Wie kannst du
das sagen?«
»Stell dir doch mal vor, in welcher Lage sie war. Der Mann
war Fischer – wahrscheinlich nicht versichert und keinerlei
Rente. Was blieb ihr da viel übrig? Die Sozialhilfe? Die
Menschen in einer solchen Kleinstadt haben ihren ganz
besonderen Stolz, was das betrifft.«
»Sie hätte doch das Boot verkaufen können«, wandte Elaine
schüchtern ein. »Mein Gott, Brad, Frauen werden jeden Tag zu
Witwen, ohne daß sie sich gleich umbringen.« Sie trank den
letzten Schluck aus ihrem Glas; mit einem Seufzer stellte sie es
ab. »Oh, komm schon«, meinte sie müde, »du mußt doch
zugeben, daß das alles irgendwie seltsam ist.«
»Natürlich – aber trotzdem wollen wir vernünftig bleiben. Es
wäre so oder so geschehen, mit oder ohne uns. Du tust gerade
so, als ob es so etwas wie eine Art Omen wäre – und das ist
Unsinn!«
»Wirklich?« meinte Elaine leise, »ist es das wirklich? Ich
wünschte, ich könnte es glauben, aber irgend etwas hier jagt
mir Schauer über den Rücken.« Sie stand abrupt auf. »Laß uns
raus hier. Vielleicht wird es an der Sonne draußen besser.«
Brad bezahlte, und sie gingen über die Treppe in die Bar
hinab. Wieder saßen dieselben alten Männer vor ihrem
Damebrett wie vorgestern. Und wieder schien keiner auf die
Randalls besonders neugierig zu sein.
»Machen wir einen Strandspaziergang«, schlug Elaine vor,
»vielleicht ist Whalen schon da, bis wir hinkommen. Wenn
nicht, werden wir auch ohne seine Hilfe hineinkommen. Es sah
nicht aus, als ob es verschlossen wäre.«
Sie nahmen denselben Weg wie Elaine am vorausgegangenen Morgen, aber heute sah alles ganz anders aus. Die
morgendliche Frische war einem fast schwülen Nachmittag
gewichen. Als sie vom Hafen her auf den freien Strand
hinaustraten, sog Brad die salzige Seeluft ein,

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