Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Strand des Todes

Am Strand des Todes

Titel: Am Strand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
Vom Netzwerk:
Tür ins Schloß zu
fallen, und Merle Glind zuckte zusammen. Seine Augen
verengten sich, und die schmalen Lippen preßten sich fest
zusammen. Schließlich rang er sich zu der Erwiderung durch:
»Nichts, was mit Ihnen zu tun hätte – hören Sie auf mich –
gehen Sie zurück, von wo Sie gekommen sind.«
Doch dann konnte er nicht mehr an sich halten und erzählte
ihnen, was er gehört hatte.
    Rebecca Palmer räumte die Frühstücksreste weg und trug die
Schüssel mit Schmutzwasser hinaus zu der winzigen Zeder, die
sie neben ihrem Töpfereischuppen gepflanzt hatte. Liebevoll
musterte sie das zerbrechlich wirkende Bäumchen und freute
sich, daß der improvisierte kleine Schutzzaun seine Aufgabe zu
erfüllen schien
– es gab keine neuen Nagespuren an der
Pflanze, die vom Wild bisher als willkommenes Dessert
betrachtet worden war. Sie wollte gerade in die Hütte
zurückgehen, als sie in der Ferne die Sirene hörte. Was mochte
das sein – die Feuerwehr, ein Krankenwagen? Sie wurde lauter
und lauter und schien direkt auf sie zuzukommen – aber hier
draußen gab es doch nichts außer ihrer Hütte…?
Wahrscheinlich war es Harney Whalen, der einen
Temposünder verfolgte. Sie betrat die Hütte. Ein paar
Sekunden später verstummte die Sirene plötzlich, und sie
meinte Schreie aus dem Wald zu hören, so daß sie erneut vor
die Hütte trat.
    Ja, das waren Stimmen. Sie meinte sogar jemand rufen zu
hören: »Hier entlang!« Aber sie war sich nicht sicher.
Rebecca nahm die Schürze ab und warf sie durch die offene
Tür über einen Stuhl. Sie ging ein Stück am Strand entlang, um
dann dort, wo sie meinte, die Stimme gehört zu haben,
abzubiegen und durch das Treibholz auf das Wäldchen
zuzugehen. Gleich darauf bedauerte sie es, nicht auf dem Weg
geblieben zu sein. Sie stolperte über halb vermoderte
Baumstämme und verfing sich immer wieder im Unterholz.
Nach einer Weile blieb sie stehen und lauschte auf die
inzwischen deutlicher gewordenen Stimmen. Schließlich rief
sie: »Hallo? Ist da jemand?«
»Hier drüben sind wir«, kam eine Stimme zurück. »Wer ist
denn da?«
»Rebecca Palmer.«
»Bleiben Sie weg!« rief die Stimme. »Gehen Sie zurück in
Ihr Haus und warten Sie dort. Es kommt dann jemand zu Ihnen
und gibt Bescheid.«
Rebecca blieb stehen und überlegte, was zu tun sei. Dann
faßte sie einen Entschluß und tastete sich weiter auf die
anonyme Stimme zu durchs Unterholz. Sie war verärgert, daß
ihr jemand Befehle geben wollte – und das wahrscheinlich auf
ihrem eigenen Grund und Boden.
Kurz darauf meinte sie, linker Hand eine Bewegung zu
sehen. Was dort auch geschehen mochte, es geschah zweifellos
auf ihrem Land.
»Wer ist da?« rief sie.
»Ich bin’s, Mrs. Palmer«, erklang wieder die Stimme, »Chief
Whalen. Gehen Sie bitte zurück zu Ihrem Haus, ich werde
Ihnen jemand schicken, sobald ich kann.«
Den Teufel werde ich, dachte Rebecca. Ich habe ein Recht
zu wissen, was hier geschieht. Harney Whalen war der Letzte,
der ihr hier etwas zu befehlen hatte. Sie zwängte sich weiter
durchs Unterholz, bis sie plötzlich auf eine kleine Lichtung
trat. Dort standen Whalen, Chip Connor und ein weiterer
Mann, den sie aber nicht kannte. Sie hatten die Köpfe
zurückgeworfen und starrten nach oben. Automatisch folgte
Rebecca ihrem Blick – jetzt wünschte sie, Whalens Befehlen
gefolgt zu sein. Rebecca schrie auf.
»Oh, Gott, auch das noch«, murmelte Whalen vor sich hin.
Laut aber sagte er: »Kümmere dich um sie, Chip, ja? Bring sie
weg von hier.« Er wandte den Blick wieder nach oben zu den
Bäumen.
8
    Miriam Shelling hing ungefähr drei Meter über dem Boden.
Die Augäpfel traten grotesk aus dem fast schwarzen Gesicht
hervor, und die Zunge fiel schlaff aus dem Mund. Der ranzige
Geruch menschlicher Exkremente lag in der Luft
– im
Augenblick, als ihr Genick brach, hatten sich Miriams
Gedärme entleert.
    Rebecca Palmers Schrei schien von den andern gar nicht
wahrgenommen zu werden. Doch dann kam Chip Connor auf
sie zu und führte sie denselben Weg zurück, den sie gekommen
war. »Oh, Gott«, wiederholte Rebecca wieder und wieder.
»Was ist mit ihr geschehen? Was ist bloß mit ihr geschehen?
Gestern abend…« Doch dann brach sie plötzlich ab. Chip
horchte auf. »Was war gestern abend?« wollte er wissen. Sie
traten aus dem Wäldchen, und Chip half ihr über die
Treibholzbarriere. Während sie langsam auf die Hütte
zugingen, antwortete Rebecca: »Nichts, eigentlich nichts…«
    Sie wollte dem Polizisten nicht sagen,

Weitere Kostenlose Bücher