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Am Strand des Todes

Am Strand des Todes

Titel: Am Strand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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die mit Pinienduft vermischt war. »Ganz anders als in Seattle«, meinte er.
»Gegen die Luft in Seattle läßt sich auch nicht viel sagen«,
erwiderte Elaine mit Nachdruck.
»Habe ich das etwa getan?« grinste Brad sie an. »Ich sagte
nur, daß dies eine andere Luft als die in Seattle ist, und das
stimmt doch – oder?«
Elaine griff versöhnlich nach seiner Hand. »Du hast ja
recht«, sagte sie, »ich benehm’ mich wieder wie ein kleines
Kind. Entschuldige bitte.« Brad drückte ihre Hand, und sie
erwiderte die Geste. Dann sah sie plötzlich etwas sich
bewegen. »Brad, schau nur!« rief sie. »Was ist das?«
Ein wieselähnliches Tierchen starrte sie an; einen Fuß hatte
es auf einen Stein gestützt während die winzige Nase neugierig
witterte.
»Das ist ein Otter«, meinte Brad.
»Ein Seeotter, so weit nördlich?«
»Ich weiß auch nicht, aber es muß eine Art Otter sein. Schau,
da ist noch einer.«
Die Randalls setzten sich auf ein Stück Treibholz, und die
beiden Tierchen beäugten sie mißtrauisch.
Für Elaine schien eine Ewigkeit vergangen, als sie sich
wieder ihrer unterbrochenen Beschäftigung zuwandten und
zwischen den Strandkieseln nach Nahrung scharrten. In diesem
Augenblick tauchten vier Junge auf, als ob die Eltern ihnen
eben mitgeteilt hätten, daß die Luft rein sei.
»Sind sie nicht niedlich!« freute sich Elaine. Das plötzliche
Geräusch verscheuchte die Kleinen, deren Eltern sich abrupt
wieder den beiden Menschen zuwandten, bevor auch sie
verschwanden.
»Moral«, sagte Brad grinsend, »halt den Mund in Gegenwart
von Ottern!«
»Ich machte das doch nicht mit Absicht«, verteidigte sich
Elaine, »sie waren so entzückend, glaubst du, daß sie hier
leben?«
»Wahrscheinlich steht ihr Wagen droben an der Straße, und
sie haben hier nur haltgemacht, um etwas zu essen«, erwiderte
Brad trocken.
Elaine drohte ihm scherzhaft. »Du sollst das lassen, komm,
schauen wir nach ihnen.«
Ganz offensichtlich ließ das kleine Abenteuer sie jene
Gefühle vergessen, die ihr Clark’s Harbor bisher ›irgendwie
unheimlich‹ hatten erscheinen lassen. Sie ging vorsichtig über
den felsigen Strand auf den Wald zu, um die kleinen
Geschöpfe vielleicht noch mal zu Gesicht zu bekommen. Aber
sie waren wie vom Erdboden verschluckt. Sie blieb stehen, um
auf Brad zu warten. »Sie sind weg«, sagte sie enttäuscht.
»Du wirst sie schon wiedersehen«, tröstete Brad, »wenn
nicht hier, dann an der Sod Beach – das ist doch der nächste
Strandabschnitt, nicht wahr?«
Elaine nickte. »Genau hinter der Landspitze. Wenn du willst,
können wir durch den Wald abkürzen.«
»Laß uns am Strand bleiben«, meinte Brad, »auf diese Weise
bekomme ich eine bessere Übersicht.«
»Du meinst, von einer höheren Warte aus?« neckte ihn
Elaine.
»Du kannst es ruhig so nennen«, grinste Brad zurück. Sie
umrundeten die Landzunge, und Brad blieb so abrupt stehen,
daß Elaine fast in ihn hineingerannt wäre. »Mein Gott, ist das
nicht wundervoll?« Sie ließen ihre Blicke über den sanft
geschwungenen Strand streifen, den die Einheimischen Sod
Beach nannten. Unter dem wolkenlosen Himmel erstreckte sich
zwischen dem tiefblauen Wasser und dem saftig grünen Wald
ein im Sonnenlicht schimmernder Halbmond aus Sand, der auf
die Bäume zu mit silbrig glitzerndem Treibholz gesprenkelt
war. Die Dünung überspülte achtmal gebrochen den Strand, als
ob sie ihn liebkosen wollte. Brad legte seinen Arm um Elaines
Schultern und drückte sie an sich. Mit der freien Hand deutete
er nach vorn.
»Und das ist wahrscheinlich das Haus?«
Elaine nickte fast unmerklich. Einen Augenblick lang
wünschte sie sich, daß es anders wäre, daß sie irgend etwas
sagen könnte, was sie für immer von Clark’s Harbor
wegbrachte – von diesem wirklich wundervollen Strand und
seiner bizarren Vergangenheit. Sie meinte die bis zum Hals
eingegrabenen Opfer des ›Strandes des Todes‹ vor sich zu
sehen und ihre hilflosen Schreie zu hören, die im Brausen des
Winds und dem Toben der Brandung untergingen. Sie
verdrängte das Bild aus ihren Gedanken – da war nicht mehr
als ein heruntergekommenes Haus vor ihnen und dahinter, am
anderen Ende des Strands, die Hütte der Palmers.
»Nun, über zu viele Nachbarn werden wir uns nicht beklagen
müssen«, meinte Brad schließlich, was Elaine wie einen Schlag
in den Magen empfand. Ganz offensichtlich hatte er seine
Entscheidung bereits getroffen. Sie befreite sich aus seinem
Arm und ging weiter.
»Komm«, meinte sie, »schauen wir

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