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Am Strand des Todes

Am Strand des Todes

Titel: Am Strand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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heruntergekommen«, lachte Chip zurück.
»Sagen Sie, wollen diese Leute dort wirklich einziehen?«
»Die Randalls? Aber sicher wollen sie das. Er will ein Buch
schreiben, und wir freuen uns darauf, Nachbarn zu bekommen.
Dann sind wir endlich nicht mehr die einzigen Fremden in der
Stadt.«
Chip stieg in seinen Wagen. Durch das heruntergelassene
Fenster wandte er sich noch einmal an Glen.
»Trotzdem – alles Gute für Ihre Galerie! Allerdings glaube
ich nicht, daß Sie bei den Leuten von Clark’s Harbor auch nur
einen Pfennig verdienen werden. Ich glaube, Sie haben einen
großen Fehler gemacht, sich für so etwas ausgerechnet unsere
Stadt auszusuchen. Aber vielleicht irre ich mich auch…«
»Nun, so groß war die Auswahl leider nicht«, meinte Glen
und schüttelte Chip kräftig die Hand. »Tut mir leid, daß ich
vorhin so unfreundlich zu Ihnen war.«
»Wenn uns nichts Schlimmeres passiert, können wir
zufrieden sein«, lächelte Chip. Er ließ den Motor an und bog
einen Augenblick später auf die Hauptstraße Richtung
Ortsmitte ein. Glen sah ihm nach, bis er verschwunden war,
und ging dann in die Galerie zurück.
Vielleicht war sein Verhalten dem Polizisten gegenüber
wirklich falsch gewesen, dachte er, während er die Arbeit an
dem Schaukasten wiederaufnahm. Vielleicht litt er wirklich
inzwischen an Verfolgungswahn und tat der kleinen Stadt und
ihren Bewohnern unrecht. Aber dann kamen ihm wieder
Miriam Shellings Worte in den Sinn.
»Sie werden auch Sie kriegen, genau wie sie Pete gekriegt
haben!«
14
    Die Protokolle über den Tod von Pete und Miriam Shelling
lagen offen vor Harney Whalen auf dem Schreibtisch. Aber er
brauchte sie nicht mehr zu lesen. Wenn es nötig gewesen wäre,
hätte er sie Wort für Wort zitieren können. Trotzdem brachte er
keinen rechten Sinn hinein. Whalen war davon überzeugt, daß
Petes Tod wirklich ein Unfall war, auch wenn seine Frau etwas
anderes behauptet hatte. Doch der Tod von Miriam Shelling
war etwas ganz anderes.
    Jemand hatte sie erdrosselt.
Die Worte erschreckten Harney Whalen, und sie beleidigten
seinen lokalpatriotischen Ordnungssinn. Selbstmord hätte er
Miriam Shelling zugestehen können, doch daß jemand sie
erdrosselt haben sollte, brachte ihn fast gegen sie auf. So
vertiefte er sich doch noch einmal in die Protokolle, um
irgendeinen Hinweis, ein Motiv für eine solche Tat
aufzuspüren. Und wieder drängte sich Glen Palmer in seine
Grübeleien.
Er warf einen Blick auf die Uhr und ärgerte sich über seinen
verspäteten Stellvertreter. Er wollte ihn gerade anrufen, als er
auftauchte.
»Du scheinst das hier mit einer Bank zu verwechseln«,
knurrte er ihn an.
»Tut mir leid«, entschuldigte sich Chip; er sah, daß Whalen
heute morgen nicht gerade bester Laune war. »Mein Gespräch
mit Palmer dauerte länger, als ich erwartet hatte.«
Whalen zog die Augenbrauen hoch. »Ich dachte, das hättest
du gestern schon erledigt.«
»Wollte ich auch«, verteidigte sich Chip, »aber die Galerie
war geschlossen, und als ich zu den Palmers rausfuhr, war auch
niemand da.« Chip war zufrieden mit sich – die kleine Notlüge
schien seinen Chef zufriedenzustellen.
»Und – willst du mir nicht endlich sagen, was du
herausgefunden hast?« fragte Whalen unwirsch.
»Nichts Umwerfendes. Seine Frau wollte den Trauergottesdienst besuchen, und deshalb sind sie hingegangen. Das
ist eigentlich schon alles.«
Whalen starrte ihn an. »Wie lang hast du mit ihm
gesprochen?«
»Eine Stunde, vielleicht auch etwas länger«, erwiderte Chip
und fühlte sich nicht gerade wohl in seiner Haut.
»Und das ist alles, was du rausgefunden hast?« Whalens
Stimme triefte vor Sarkasmus.
»Wir haben uns auch noch über andere Dinge unterhalten,
aber die hatten nichts mit dem Gottesdienst zu tun.« Er
versuchte, der Unterhaltung eine etwas andere Richtung zu
geben. »Harn, ich verstehe einfach nicht, was an dieser Feier so
wichtig sein soll. Warum interessierst du dich so sehr für die
Anwesenden?«
»Weil ich davon überzeugt bin, daß Miriam Shelling sich
nicht selbst getötet hat«, sagte Whalen tonlos. Chip starrte ihn
an, und Whalen grinste zufrieden, daß er ihn endlich einmal
aus der Ruhe gebracht hatte.
»Das verstehe ich nicht…«, reagierte Chip, doch Whalen
schnitt ihm mit einer ungeduldigen Geste das Wort ab.
»Da gibt’s nichts zu verstehen«, blaffte er ihn an, »vorläufig
ist es noch nicht mehr als eine Ahnung. Aber im Lauf der Jahre
hab’ ich gelernt, auf meine Ahnungen zu achten, und

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