Am Strand von Acapulco
hätten zusammen geschlafen.
Aber bevor Ruth die Sache klarstellen konnte, machte Patrick kehrt und verließ die Küche. Sie wusste, dass sie ihn hätte zurückrufen sollen, doch irgendwie ging das nicht, als würde sie plötzlich vom Teufel geritten. Sollte sich Patrick ruhig noch eine Weile schlecht fühlen. Schließlich war es ihr die Tage zuvor auch nicht gut gegangen.
Außerdem hatte er ihr vergangene Nacht verhältnismäßig wenig Respekt entgegengebracht. Ob das nun am Alkohol lag oder nicht, war unerheblich. Tatsache blieb, dass Patrick davon ausgegangen war, sie würde sich ihm hingeben, nachdem er sich zwei Wochen unmöglich benommen hatte. Und jetzt verachtete er sich und sie für ihr vermeintliches Tun.
Unschlüssig stand Ruth am Spülbecken und sah zur Küchentür. Sollte sie Patrick wirklich einfach so gehen lassen? Würde er dann jemals wiederkommen? Wollte sie das nach gestern Nacht überhaupt?
Aber ihre Gefühle für ihn waren bereits so stark, dass sie ihren gesunden Menschenverstand ausschalteten. Langsam ging Ruth die Treppe hinauf und betrat den Salon. Die Vorhänge waren noch zugezogen. Sie öffnete sie und sah hinaus. Draußen herrschte noch sonntägliche Ruhe. Nur hin und wieder zwitscherte ein Vogel - der Frühling war also nicht mehr fern-, und von weitem drang das Glockengeläut von Big Ben an ihr Ohr. Als sie Schritte auf der Treppe hörte, drehte sie sich um.
„Wo ist mein Trenchcoat?" fragte Patrick ungehalten, und Ruth deutete auf den Sessel, über dessen Lehne Patrick das Kleidungsstück am Vorabend gelegt hatte. Er zog es an und wirkte gleich viel gelassener, was Ruths Kampfgeist auf den Plan rief.
„Sehen wir uns wieder?"
Patrick schob die Hände in die Taschen. „Hängt ganz von dir ab."
„Wie meinst du das?"
Er seufzte. „Es gibt nichts, das ich tun oder sagen könnte, was etwas an der Situation ändern würde. Ich wünschte einfach nur, es wäre nie passiert."
„Meinst du damit, dass du mich lieber nicht getroffen hättest?"
Er suchte ihren Blick und sah ihr plötzlich tief in die Augen. „Nein, das habe ich nicht gemeint, Ruth ..." Nach Worten ringend, hob er die Hände. „O Ruth, du weißt doch, dass ich dich unheimlich anziehend finde! Aber ich will keine ..."
„... gefühlsmäßige Bindung", beendete sie mit bebender Stimme den Satz und wandte sich ab.
Patrick wollte auf sie zugehen, hielt dann aber inne und stieß hervor: „Verdammt noch mal, ich habe mich längst gefühlsmäßig verstrickt!" Hoffnungsvoll öffnete Ruth die Lippen, doch da fügte Patrick hinzu: „Aber ich verlasse das Land in wenigen Wochen und kann dich nicht mitnehmen."
„Und warum nicht?"
Er atmete tief durch. „Das weißt du genau. Du bist nicht nur irgendein Mädchen, du bist Joseph Farrells Tochter, und es ist mir unmöglich, dir in Venezuela das Leben zu bieten, das du hier gewohnt bist."
„Woher willst du denn wissen, was ich erwarte?"
„Ruth, bitte sei vernünftig! Du weißt, dass du viele Annehmlichkeiten hast, von denen andere Leute nur träumen können. Fangen wir allein mit eurer Haushälterin an. Selbst in Venezuela kann ich mir niemanden leisten, der sich so um dich kümmert wie Mrs.
Lawson!"
„Das kommt dir bestimmt gelegen, oder? So brauchst du dich nicht verpflichtet zu fühlen. Du hast gehabt, was du wolltest, und Ende!"
„Ruth, bitte sprich nicht so!"
„Warum nicht? Bisher hast du es dir sehr leicht gemacht."
„Ich habe mich doch entschuldigt, oder etwa nicht?"
„O ja! .Entschuldigen Sie, Miss Farrell, aber ich fürchte, ich habe mit Ihnen geschlafen, weil ich auf Grund des vielen Whis keys nicht mehr Herr meiner Sinne war.
Es wird nicht wieder vorkommen.'"
„Hör auf damit!" fuhr Patrick sie an. „Das klingt so ... so ..."
„Abgeschmackt? Ist es das Wort, nach dem du suchst? Nun, das ist auch zutreffend.
Aber das soll dir keinen Kummer bereiten, wenn du dich wieder den Venezolanerinnen hingibst."
"Ruth!" Er packte sie bei den Schultern. „Was soll ich denn sagen? Was erwartest du jetzt von mir?"
Ruth schüttelte den Kopf, und ihr dichtes Haar streifte seine Hände. „Gar nichts."
Er verstärkte den Griff. „Willst du Liebesschwüre hören?" Seine Augen schienen plötzlich ganz dunkel zu werden.
„Nein." Ruth wandte sich ab. „Geh einfach!"
6. KAPITEL
Am nächsten Tag flog Ruth nach New York. Ihr Vater holte sie am Flughafen ab und wusste sofort, dass irgendetwas nicht stimmte. Aber wie es so seine Art war, sprach er sie nicht
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