Am Strand von Acapulco
darauf an. Dabei ging er davon aus, dass sie schon irgendwann mit der Sprache herausrücken würde, wenn er ihr helfen konnte. Ruth ihrerseits erklärte lediglich, sie habe sich einsam gefühlt und ihn sehen wollen.
Er hatte eine Suite im „Plaza" an der Fifth Avenue gemietet, und es vergingen mehrere Tage, während derer Ruth Besichtigungen machte, shoppen ging oder im Central Park joggte. Abends begleitete sie ihren Vater ins Restaurant oder zu Einladungen bei Geschäftspartnern. Manchmal fanden auch Partys auf Long Island statt, oder sie besuchten Theater-oder Kinovorstellungen. Eine Zeit lang lenkten die Aktivitäten Ruth von ihren Problemen ab. Aber nach einer Weile wurde der Gedanke übermächtig, dass sich Patrick jetzt, da sie London verlassen hatte, womöglich anderweitig vergnügte.
Eines Abends, als Joseph Farrell und seine Tochter wieder einmal zum Abendessen eingeladen waren, ging Ruth zu ihrem Vater ins Schlafzimmer, wo dieser gerade mit seiner Fliege kämpfte. Sie half ihm geduldig und fragte dann: „Haben wir noch einen Augenblick, um uns zu unterhalten?"
„Ich schätze schon, und wenn nicht, nehmen wir uns die Zeit. Warum? Willst du mir endlich erzählen, wieso du hergekommen bist?"
„Wusstest du von Anfang an, dass es einen Grund für mein Hiersein gibt?"
„Natürlich! Ich kenne doch meine Ruth. Also, was ist passiert? Hat es was mit diesem Patrick Hardy zu tun?"
Erstaunt sah Ruth ihn an. „Wie hast du denn das so schnell erraten?"
„Aber Darling, ich wäre kein erfolgreicher Geschäftsmann, wenn ich nicht eine gewisse Menschenkenntnis besitzen würde. Und du als meine Tochter ... nun, dich kann ich wahrscheinlich noch besser einschätzen als andere Menschen."
„Was ... Was hältst du von ihm?"
„Von Hardy? Er gefällt mir, aber das weißt du ja. Er ist nicht auf den Kopf gefallen und kennt sich in seinem Job wirklich aus. Ich schätze Professionalität. Leute, die halbe Sachen machen, kann ich nicht ausstehen."
Ruth seufzte. „Aber er hat überhaupt kein Vermögen."
„Na, wenn schon! Macht dir das etwas aus?"
„Eigentlich nicht, aber ihm. Doch ich liebe ihn." Das war ihr einfach so herausgerutscht.
Einen Augenblick herrschte absolute Stille, bis ihr Vater erklärte: „Ich verstehe." Er ging zur Kommode und band sich die Schärpe um. „Du willst ihn nach Venezuela begleiten, stimmt's?"
Ruth nickte. „Wenn das so einfach wäre."
Stirnrunzelnd wandte sich ihr Vater ihr wieder zu. „Er ist doch nicht etwa verheiratet?"
„O nein!" Ruth befeuchtete sich die Lippen. „Nein, das ist nicht das Problem."
Ihr Vater wurde ungeduldig. „Was denn sonst?"
„Er ... Er will nichts mehr mit mir zu tun haben."
„Was? Warum denn nicht?"
Ruth senkte den Kopf. „Nun, für ihn bin ich so etwas wie ein unerschwinglicher Luxus."
„Da könnte er Recht haben", bemerkte ihr Vater trocken.
„Aber Dad! So verwöhnt bin ich jetzt auch wieder nicht, und dass in Venezuela einiges anders ist als bei uns-, ist mir ebenfalls klar."
„Na, das ist ja wohl die Untertreibung des Jahrhunderts!" Ihr Vater zog seinen Frack an.
„Dad, ich liebe Patrick! Die Gefühle, die ich ihm entgegenbringe, habe ich noch bei keinem Mann empfunden. Ich würde auch im Wald leben wie Jane mit Tarzan, wenn ich nur bei ihm sein könnte!"
„Und was empfindet er für dich? Ich meine, abgesehen davon, dass er sich emotional nicht binden will, wobei wir nicht wissen, ob die Gründe, die er dafür nennt, tatsächlich der Wahrheit entsprechen."
„Was soll denn das heißen?"
„Das heißt, ich bin nicht ganz davon überzeugt, dass er dir die Wahrheit sagt. Er könnte zum Beispiel zu dem Schluss gekommen sein, dich nur lange genug zappeln lassen zu müssen, bis ich ihm ein Forschungsprojekt in England anbiete."
„Dad", rief Ruth ärgerlich, „so ist Patrick nicht!"
„Woher willst du das wissen?" Ihr Vater besah sich seinen Siegelring. „Außerdem hast du meine Frage noch nicht beantwortet."
Ruth zuckte die Schultern. „Ich kann dir nicht sagen, was er für mich empfindet. Ob er meine Liebe erwidert, meine ich. Auf jeden Fall fühlt er sich zu mir hingezogen."
Ihr Vater seufzte. „Tatsächlich?" Er klang spöttisch.
„Aber ich ..." Sie verstummte.
„Ich schätze mal, wir kommen langsam zu dem wahren Grund, warum du dich an meine Seite geflüchtet hast."
„O Dad!" Ruth wandte sich ab und erklärte stockend, was sie getan hatte. Sie erzählte ihm, dass Patrick spätnachts zu ihr gekommen war, bei
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