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Am Ufer Des Styx

Am Ufer Des Styx

Titel: Am Ufer Des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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mit einer Formulierung auf, die er für vertretbar hielt. »Gewisse Menschen könnten sich dadurch verletzt fühlen.«
    »Gewisse Menschen?«, wollte Sarah wissen. »Wer zum Beispiel?«
    »Meine Teure, muss ich Ihnen das wirklich erklären?« Unbeholfen wedelte Fox mit den Armen. »Sie sind eine Dame aus gutem Hause. Ihr Vater genoss in manchen Kreisen den Ruf eines Helden und hat Ihnen sein gesamtes Vermögen hinterlassen. Sie sind klug und gebildet und – wenn Sie mir die Bemerkung gestatten -überaus attraktiv.«
    »Ich sehe nicht, was das eine mit dem anderen zu tun hat«, knurrte Sarah ungeduldig.
    »Nun, ich könnte mir vorstellen, dass einige Menschen der Ansicht sind, dass eine Verbindung mit einem jungen Mann aus gutem britischen Hause Ihrem Stand ungleich angemessener wäre als …«
    »Als was?«, hakte Sarah nach, als Fox’ Worte unter ihrem wütenden Blick versickerten wie Wasser im heißen Wüstensand. »Als ein ungebildeter Wilder? Denken Sie in Wahrheit auch so wie Lester?«
    »Nun, ich …« Fox errötete, während er auf seinem Sessel geräuschvoll hin und her rutschte. »Sehen Sie, Sarah, persönlich habe ich nichts gegen Kamal. Aber es lässt sich doch nicht leugnen, dass er anders ist als wir.«
    »Das ist er«, räumte Sarah ein. »Aus diesem Grund sind wir alle noch am Leben, wenn ich Sie daran erinnern darf.«
    »Natürlich, meine Teure … Aber das ändert nichts daran, dass der gute Kamal einer anderen Welt angehört. Einer Kultur, die der unseren – das kann man mit Fug und Recht behaupten – tatsächlich weit unterlegen ist.«
    Sarah seufzte.
    Sie bebte innerlich vor Wut über soviel Borniertheit und Ignoranz. Aber obwohl sich alles in ihr dagegen empörte und ihre rebellische Natur sich am liebsten auf ein heftiges Wortgefecht eingelassen hätte, widersprach sie nicht mehr. Auch wenn Fox’ Einstellung ihr nicht gefallen mochte und sie ihn im Grunde ihres Herzens für einen Idioten hielt – sie brauchte ihn, wenn sie Kamal helfen wollte …
    »Wussten Sie, Milton, dass Kamal nur zur Hälfte Tuareg ist?«, erkundigte sie sich stattdessen.
    »Wie darf ich das verstehen?«
    »Seine Mutter war Engländerin«, erklärte Sarah. »Er ist hier aufgewachsen, weswegen er nicht nur mit unserer Sprache, sondern auch mit unseren Gebräuchen sehr wohl vertraut ist.«
    »Nun, das … das wusste ich nicht.«
    »Kamal bezeichnet England als seine eigentliche Heimat, Milton. Ich denke, das sagt sehr viel über ihn aus.«
    »Gewiss … Aber warum ist er dann nicht in England geblieben? Weshalb ist er nach Afrika zurückgekehrt, um in all diesem Schmutz und diesem Staub zu leben?«
    »Weil er wie jeder von uns seine Wurzeln kennen wollte – und weil er die Nachfolge seines Vaters antreten musste, der ein großer Häuptling der Tuareg war.«
    »Das klingt sehr schön, wie Sie das sagen – ich fürchte nur, es entspricht nicht ganz der Wahrheit«, entgegnete Fox. »Unseren Informationen zufolge hat Kamal das Land deshalb verlassen, weil Blut an seinen Händen klebte – das Blut zweier Soldaten in den Diensten der königlich britischen Armee.«
    »Das Blut zweier Mörder«, verbesserte Sarah. »Diese Männer hatten zuvor Kamals Braut überfallen und brutal vergewaltigt. Nicht nur sie selbst starb an den Folgen, sondern auch das Kind, das sie in sich trug. Sein Kind.«
    »Das mag Ihre Version der Geschehnisse sein«, konterte Fox, »aber es gibt dafür nicht einen einzigen Beweis, ganz im Gegenteil. Ich habe mir die Akten kommen lassen. Der königliche Grenadier Samuel Tennant und der königliche Grenadier Leonard Albright wurden noch in der Nacht dieses angeblichen Mordes gefasst und wenig später vor Gericht gestellt. Kamal jedoch war der Einzige, der sie als Täter identifizierte. Alle anderen Zeugen …«
    »Alle anderen Zeugen waren entweder bestochen oder ebenso borniert, wie die meisten Menschen in diesem Land es sind!«
    »Sarah! Was fällt Ihnen ein?«
    »Die Gerichtsverhandlung war eine abgekartete Sache. Kamals Braut war zur Hälfte Afrikanerin, genau wie er selbst. Es stand von Beginn an fest, dass zwei weiße königliche Grenadiere nicht eines Mischlings wegen im Gefängnis landen würden.«
    »Meine Teure«, ließ sich nun auch Sir Jeffrey vernehmen, der bislang kaum etwas gesagt hatte, »bitte seien Sie vorsichtig mit dem, was Sie sagen! Sie zweifeln die Unabhängigkeit der Gerichte an …«
    »Nicht grundsätzlich und nicht, solange Menschen mit heller Hautfarbe vor den Schranken dieser

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