Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Ufer Des Styx

Am Ufer Des Styx

Titel: Am Ufer Des Styx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
Vom Netzwerk:
retten kannst, nicht wahr?«
    Sarahs Lippen bebten. So, sagte sie sich, musste ein Recke fühlen, der unbewaffnet in die Schlacht ritt. Schild und Harnisch hatte man ihm genommen, sein Schwert war stumpf und rostig. Der Mut der Verzweiflung war die einzige Waffe, die ihm blieb …
    »In der Tat«, gab sie zu, »genauso ist es.«
    »Schön.« Er nickte, während ein undeutbares Lächeln um seine Lippen spielte. Im selben Moment verlosch das unstete Flackern in seinen Augen, und für einen Augenblick schien sich sein Verstand zu klären. »Endlich sind wir also ehrlich zueinander.«
    »Du willst ehrlich sein?« Sie schnaubte verächtlich. »Dann sage mir, wie ich Kamal helfen kann. Was haben die Buchstaben zu bedeuten, die auf seine Stirn gemalt waren?«
    »Nein.« Laydon schüttelte entschieden den Kopf. »So wird dieses Spiel nicht gespielt.«
    »Welches Spiel?«
    »Das Spiel um die Macht. Um Leben oder Tod. Um alles oder nichts«, entgegnete Laydon.
    »Ich bin an Spielen nicht interessiert.«
    »Und doch hast du dich darauf eingelassen«, widersprach er mit listigem Grinsen, »sonst wärst du nicht hier. Oder hast du ernstlich angenommen, ich würde dir helfen, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten?«
    »Nein«, gestand sie ernüchtert, »wohl nicht. Aber das, wonach du dich sehnst, kann ich dir nicht geben.«
    »Eine gute Frage. Wonach sehne ich mich wohl?«
    »Nach der Freiheit«, glaubte Sarah zu wissen. »Aber dazu kann ich dir nicht verhelfen – nicht einmal dann, wenn ich wollte. Was du diesen jungen Frauen und meinem Vater angetan hast, hält dich für immer in eisernen Fesseln.«
    »Und du glaubst, es ginge mir darum, diese Fesseln abzuwerfen?« Er schüttelte sein kahles Haupt und lachte wieder. »Wie schlecht du mich doch kennst. Um Freiheit ist es mir nie gegangen, Sarah, sondern um etwas, das noch ungleich wertvoller und seltener ist.«
    »Und das wäre?«
    »Wahrheit«, erwiderte er. »Sie und nichts anderes erwarte ich von dir als Gegenleistung.«
    »Wahrheit in Bezug worauf?«
    »Auf dich«, sagte Laydon schlicht. »Beantworte mir nur eine einzige, schlichte Frage wahrheitsgemäß, und ich gebe dir mein Versprechen, dass ich dir mit meinem ganzen Wissen helfen werde.«
    »Du gibst mir dein Versprechen?« Sarah betonte das erste und das letzte Wort, Wörter, die in ihrem Kopf einfach nicht zusammenpassen wollten. Nach ihrer Erfahrung war Mortimer Laydons Ehrenwort in etwa soviel wert wie der getrocknete Pferdedung, den sie nächtens von den Straßen kratzten, um damit die Kamine anzufeuern.
    »Was denn? Vertraust du mir nicht?«, fragte er, und diesmal hörte sich das Gelächter aus seiner Kehle an wie das eines Schwachsinnigen. »Woran mag das nur liegen?«
    Sarah biss sich auf die Lippen.
    Laydon wusste, dass sie ihm nicht über den Weg traute, und genau darin lag der Reiz für ihn. Er wollte, dass sie jene unsichtbare Grenze überschritt, die er gezogen hatte, und sie dazu bringen, Dinge zu tun, die sie nicht tun wollte. Es war seine Taktik.
    Genau wie damals …
    »Wer garantiert mir, dass du Kamal tatsächlich helfen kannst?«, wollte sie wissen.
    »Niemand – schon wieder wirst du mir vertrauen müssen. Aber bedenke wohl, Sarah: Nur eine einzige Antwort für die Möglichkeit, das Leben deines Geliebten zu retten. Ein geringer Preis, oder nicht?«
    »In der Tat.«
    »Wie steht es also? Haben wir eine Abmachung?«
    Sarahs Brust hob und senkte sich in mühsam beherrschtem Zorn. Statt Laydon zurechtzuweisen und ihm zu sagen, dass er sich zum Teufel scheren solle, blieb ihr keine andere Wahl, als sich auf sein Spiel einzulassen. Sie war es, die etwas von ihm wollte, also bestimmte er die Regeln – und so sehr es ihr widerstrebte, ihr blieb nichts weiter übrig, als nachzugeben und sich zu fügen.
    »Also schön«, sagte sie, während sich ihr Magen erneut zusammenkrampfte, als wolle er ihr sagen, dass sie im Begriff stand, einen entscheidenden Fehler zu begehen.
    »Der Handel gilt also?«
    »Er gilt. Stell deine Frage.«
    »Bist du sicher?«
    »Allerdings«, drängte Sarah, die das Gefühl hatte, dass der Schurke auf Zeit spielte – Zeit, die Kamal nicht hatte … »Los jetzt, stell die verdammte Frage.«
    »Nun gut. Du wirst sehen, sie ist sehr einfach. Sie lautet: Wer bist du?«
    »Was soll das nun wieder?«
    »Wir haben eine Abmachung«, brachte Laydon in Erinnerung, »schon vergessen? Beantworte mir diese eine Frage wahrheitsgemäß, und ich werde dir helfen.«
    Sarah atmete tief ein,

Weitere Kostenlose Bücher