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Am Ufer (German Edition)

Am Ufer (German Edition)

Titel: Am Ufer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Chirbes
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schlechteren Bedingungen, da weder die Werkstatt noch die Maschinen, nicht ein einziges Brett im plombierten Lager mir gehört. Diese Einfaltspinsel wissen nicht, dass auch das Bett, in dem ich schlafe, und der Duschkopf, mit dem ich meinen Vater abspüle, nicht mehr mir gehören. Die Konten gesperrt. Die Gläubiger riefen Tag und Nacht an, bis ich beschloss, das Kabel des Festnetztelefons herauszureißen und das Handy in den Sumpf zu werfen – es lohnt sich nicht, den Kreuzweg zur Arbeitslosigkeitsbescheinigung zu beschreiten, so bin ich Teil der langen Liste jener, die den Marjal verschmutzen und zerstören. Einer mehr. Die Straftäter nutzen die schlammigen Wasserlöcher, um die registrierten Waffen zu entsorgen. Neulich hat die Polizei nach Hinweisen eines Denunzianten eine der Lagunen ausgebaggert und ein ganzes Arsenal ans Licht gebracht, ich hab in der Zeitung davon gelesen, Dutzende von Waffen mit abgeschnittenen Läufen, mit abgeschliffenen Seriennummern, mit Laufseelen, deren Züge höchstwahrscheinlich denen auf Kugeln entsprechen, entnommen den auf Müllhalden, Leergrundstücken oder in Kofferräumen abgelegten Leichen, oder jenen, die auf dem Bürgersteig oder in einer Bankfiliale nach einem Überfall herumliegen; die Taucher der Guardia Civil haben sogar das eine oder andere Auto im Wasser gefunden,alles nichts Neues, Bernal hat schließlich schon lange Jahre zuvor die Lagune mit Teerpappe abgefüllt. Aber zurück zum Thema, das erstickte Telefon, die Werkstatt außer Betrieb, das gesperrte Bankkonto, der Toyota, der nur darauf wartet, binnen zwei Wochen von der Stadtbehörde stillgelegt zu werden, das ist die Zeit, die sie mir bei Gericht eingeräumt haben, um der Richterin die Papiere zu übergeben (sie werden nicht rechtzeitig hier sein, ich werde der Amtsinhaberin des Gerichts Nr. 2 in Misent nicht den Gefallen tun, ich schlage ihr ein Schnippchen); über dem Haus schwebt eine Räumungsklage, die in einem Monat vollzogen wird: Man wird die Möbel heraustragen, ein Problem mehr für die überfüllten Lager des Gerichts in dieser Zeit der Räumungsklagen. Seit Beginn der Krise wissen sie nicht wohin mit den gepfändeten Elektrogeräten, den Möbeln, Maschinen und Werkzeugen, den alten Autos, die nun keinem nützen, aber beschlagnahmt wurden, um dem richterlichen Befehl zu genügen, und mit keinem anderen Zweck als dem, die Besitzer zu strafen, weil sie ihren Verpflichtungen bei den Banken nicht nachgekommen sind. Die Behörde sieht sich nicht in der Lage, all diese Fahrzeuge einzulagern, also bleiben sie auf der Straße stehen, verkommen, verstauben und verrosten, sind den Übergriffen der Schrotthändler ausgesetzt. Man will einfach den Besitzer ärgern. Alle naslang setzen sie irgendwelche Versteigerungen an, um sich all den Schrott vom Hals zu schaffen, aber nicht einmal das hilft, auch die Auktionsgeier wollen sich mit diesen Schnäppchen nicht belasten: Wohnungen, Matratzen, Computer, Autos mit nur fünf- oder sechstausend Kilometern. Wo Mangel zu walten schien, herrscht jetzt Überfluss. Dennoch werden die vom Gericht alles mitnehmen, um die Beschlagnahmung ordnungsgemäß durchzuführen, die meine Geschwister anfechten werden, sobald sie erfahren, dass das Gespenst meines Vaters bis zu seinem letzten Lebenstag Schecks, Bankkredite und Hypotheken unterschrieben hat. Ich würde gerne in dem Augenblick durchs Schlüsselloch gucken, wenn sie feststellen, dass nichts übrig geblieben ist; für die Hypotheken, die zum Baubeginnbei Pedrós nötig waren, habe ich nämlich unter Mitwisserschaft des Birnenmann-Vorgängers bei der Sparkasse die Unterschrift meines Vaters gefälscht, in dem Büro, in das ich, wie vorher abgemacht, den Alten geschleppt hatte, und zwar in einem Zustand, der seine Nichtgeschäftsfähigkeit unter Beweis stellte. Das hat mich ein ordentliches Schmiergeld und ein Festmahl mit rosa Riesengarnelen, Weißwein aus Frankreich und Rotwein vom Duero gekostet. Wir haben uns mit dem Tamagotchi in das Büro eingesperrt, und ich habe mehrmals seine Unterschrift nachgemacht, Unterschriften am Seitenrand von jedem Blatt der Verträge sowie auf den Kopien der Verträge, Unterschriften unter ich weiß nicht wie vielen Dokumenten und mehreren Schecks. Ich kann mir die Wut meiner Schwester Carmen gut vorstellen, obwohl sie alle, wenn sie ein wenig ihren Grips anstrengen und sich einen guten Anwalt an Land ziehen, dazu einen Sachverständigen, der die Falschheit der Unterschriften bescheinigt,

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