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Am Ufer (German Edition)

Am Ufer (German Edition)

Titel: Am Ufer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Chirbes
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liegen hat, als er aber merkt, dass ich es gesehen habe, gibt er auf und lächelt, lässt die Räder kreisen, löst behutsam meine Hände vom Karren und kehrt zu der Tätigkeit zurück, der er bei meinem Auftauchen nachging. Er legt dem Pferd Zügel an, führt einen dünnen Lederstreifen durch ein kleines Loch neben der Unterlippe des Pferds. Ich habe dich erwartet. Ein Page hat dich geweckt. Die Heiligen Drei Könige haben mir gesagt, du darfst den Wagen sehen und einen Momentlang anfassen, dann musst du aber wieder ins Bett und schlafen, damit sie es dir übermorgen, an dem Tag, an dem die Kinder ihre Geschenke bekommen, unters Bett legen können. Jetzt bin ich es, der die Räder kreisen lässt, indem ich mit dem Finger am Rand entlangfahre, ich sehe mein erstes wirkliches Spielzeug, es ist das erste Mal, dass die Heiligen Drei Könige bis zu unserem Haus finden. Ich feiere es heute Nacht, da ich aus dem Schlafzimmer gegangen bin, den Flur im Dunkeln durchquert habe, mit den Händen nach der Wand tastend, und dann hat mich das Licht unter der Tür zur Werkstatt gezogen. Er begleitet mich zurück ins Schlafzimmer, schaltet im Vorbeigehen die Lichter an. Wie bist du denn im Dunkeln die Treppe runtergekommen? Du hättest dir das Genick brechen können. Jetzt ab ins Bett mit uns zwei, wir schlafen jetzt beide, sagt er, während er die Bettdecke aufschlägt, damit ich hineinkrieche. Und deckt mich bis zum Kinn zu. Barfuß bei dieser Kälte, sagt er. Dann setzt er sich auf sein Bett und zieht sich die Schuhe aus. Denn mein Vater, der die Möbel geschnitzt hat oder nicht, hat mir nie ein Spielzeug gemacht, einen Karren, einen Pinocchio mit langer Nase, ein Rad. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass er irgendeinem meiner Geschwister ein Spielzeug gemacht hätte, nicht einmal Carmen. Ich denke es und sehe erneut die Hand des Onkels, der mich zum Jahrmarkt führt und mir an der Schießbude einen kleinen Blechlaster schießt; er hängt an einem breiten Papierstreifen, den der Onkel mit nur zwei Schüssen durchtrennt. Der Buden besitzer beglückwünscht ihn zu seiner Treffsicherheit: Sind Sie Jäger? Und der Onkel wendet sich mir zu: Jetzt kannst du eine Transportfirma aufmachen und dir das Leben verdienen, lacht er, du hast einen Karren, ein Pferd und einen Laster, fehlt nur noch das Benzin. Später führt er mich, die Hände auf meine Schultern gestützt, hin zu einem Go-Kart, das wir gemeinsam besteigen. Der metallische Lärm der Lautsprechermusik, die Lichter, die bunten chinesischen Papier lampions, die Erwachsenen tanzen, die Musik, wieder sehe ich das Volksfest vor mir, höre die Musik, die Paare tanzen unterden Glühbirnen und den Lampions, Machín, Bonet de San Pedro, die Lieder, die meine Mutter beim Bügeln singt, und jetzt höre ich die Stimme meines Onkels, zwanzig Jahre später: Er sagt mir, wir Menschen stellen die großen Zahlen mit kleinen Zahlen dar. Ich habe den Militär dienst hinter mir, habe die Kunsthochschule aufgegeben und habe ihm gesagt, dass ich in der Schreinerei arbeiten will, und er sagt zu mir: Das Kleine ist der Keim des Großen, wie der Fötus den Menschen enthält. Und an diesem sonnigen Morgen spüre ich, dass es so ist, das Glück beschränkt sich auf das magere Holzpferd und den Karren, den Blechlaster und die Lichter des Jahrmarkts und auf den scheppernden Lärm der Elektroautos und die Funken, die an der Decke in dem Spinnennetz von Kabeln aufzischen. Und diese Kirmes-Gerüche: Zuckerwatte, Karamelläpfel, das Frittieröl des Gebäcks.
    Er spricht zu mir:
    »Esteban, der Mensch würde keine großen Werke zustande bringen ohne die kleinen Arbeiten, in dem Modellbau eines Schreiners ist das ganze Gebäude enthalten, das der Architekt entwirft und baut, es gibt keine großen und kleinen Berufe: Ich freue mich, dass du beschlossen hast, bei uns in der Schreinerei zu bleiben, aber es wäre nicht schlecht, wenn du das im Gedächtnis behalten würdest. Vergiss nicht, dass Gott sich auf einen Stuhl und an einen Tisch setzt und in einem Bett schläft. Wie jedermann. Er kann auf die Altarbilder verzichten, auf die Statuen und Bücher, die ihm gewidmet sind, die Bibel eingeschlossen, aber nicht auf seine Stühle, Tische und sein Bett« – mühte sich mein Onkel. Er wollte, dass ich mich wohl in meinem Beruf fühle. Dass ich ihn lieben lerne. Er glaubte, dass ich das Verlassen der Kunsthochschule als Scheitern erlebte. Sicherlich ahnte er, dass es mir nicht gelang, mich ein wenig selbst zu

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