Am Ufer (German Edition)
nimmt, und seine Bewegung mit der Hüfte, um in die andere einzudringen, den halb offenen Mund, die lockere Zunge, die über die Lippe fährt, das ist das Schlimmste, Eifersucht ist ein wahres Martyrium, dabei ist es nicht so, dass man dir etwas nimmt, was du haben willst, denn du hasst diesen Körper und möchtest dich für immer von ihm trennen, glaubst aber, dass noch nicht der Zeitpunkt gekommen ist, nie scheint der Zeitpunkt gekommen. Neulich sind wir abends tanzen gegangen. Als ich mich ganz entspannt fühlte, eben erst hatte ich mich mit einer Erfrischung hingesetzt, kommt er: Wir gehen. Ich wundere mich: Aber wir sind doch zum Tanzen gekommen. Wir haben noch kein einziges Stück getanzt. Hast wohl heute Abend schon zu viel getrunken und wirst jetzt schläfrig. Ich habe gesagt, wir gehen, wiederholte er, packte mich am Oberarm, seine Finger drückten sich in mein Fleisch. Aber warum denn? Es ist doch noch früh,das hat hier doch gerade erst angefangen. Komm, gehen wir auf die Tanzfläche, lass uns tanzen. Nur dieses eine Lied. Nichts, keine Chance: Ich gehe, und du kommst mit, befahl er. Später sagte er, er habe mich an dem Tischchen sitzen sehen, hinter all den Plastikbechern der vorhergehenden Gäste, Reste von Coca-Cola, Gin Tonic oder Whisky, und ihm sei es so vorgekommen, als sei ich den Blicken ausgesetzt, stünde den Gaffern zur Verfügung, umgeben von Schmutz, den die anderen hinterlassen hatten, angesabberte, klebrige Gläser, und dass nur er das Recht habe, mich so anzuschauen, wie all diese halb oder ganz besoffenen, bekoksten, aufgegeilten Typen mich angeblich anschauten. Er sagte, sie wären um mich herumgestrichen und scharf darauf gewesen, eben das mit mir anzustellen, wozu nur er ein Recht habe.«
»Klar, Liliana, er musste an all die denken, die dich in den Monaten, die er noch in Kolumbien war, so angesehen haben, an die Hände, die dich berührt, und an das, was sie mit dir angestellt haben.«
»Ich hab es immer mit Präservativ gemacht, ich kämpfte für die Familie. Ich zahlte dafür, sie bei mir zu haben; nicht zu vergessen, ich bezahlte die Tickets, ich kaufte ihnen das, was sie brauchten, damit ich sie an meiner Seite haben konnte, das müssen Sie mal kapieren, Susana.«
»Wenn es ihnen nutzt, nehmen die Männer das hin, tun so, als merkten sie nichts, aber sie speichern alles, und irgendwann häufen sie das Material wie Holz zu einem Scheiterhaufen auf, um dich zu verbrennen.«
»Er packte mich am Ellbogen und zerrte mich hoch, der Stuhl kippte um, aber man hat nicht gehört, wie all das Plastik auf den Boden schlug, weil die Musik sehr laut war und alle Leute sich schreiend unterhielten. Was hast du denn, fragte ich ihn. Als er mich so brüsk hochzog, war nicht nur der Stuhl gekippt, sondern auch eine Reihe der Plastikgläser, deren Inhalt sich über den Tisch ergoss und hinuntertropfte (Cola, Orangensaft, Ananas- und Zitronennektar), bis auf meinen einen Schuh, die Schuhe waren neu, und ich hätte heulen können, und er stierte mich so an, dass es mich ekelte. Als wir auf der Straße waren,küsste er mich, aber es war nicht der Kuss eines Ehemanns, sondern der eines Betrunkenen, Küsse, wie die Kerle im Club sie mir geben wollten. Unbewusst habe ich mir mit der Hand seinen Speichel vom Mund gewischt, er sah die Bewegung, sagte zwar nichts, schaute mich aber mit einem Blick an, der mir Angst machte. Nachdem wir eine Weile die Straße entlanggegangen waren, sagte er: Was ist? Magst du nur noch Altmännerküsse?, das hat er gesagt, und ich hätte ihn ohrfeigen können, aber ich weiß, hätte ich es getan, hätte er mich noch dort zusammengeschlagen, mitten auf der Straße. Er ist schlecht drauf. Dann benimmt er sich daneben. Aber neuerdings ist es so, dass er, selbst wenn er nett sein will, alles nur noch schlimmer macht; vielleicht ist es auch so, dass es ihm einfach egal ist, ob etwas für die anderen gut oder schlecht ist, und er ganz egoistisch einfach nur das tut, wozu er gerade Lust hat, was ihm nützt oder Spaß macht. Was hatte er für ein glückliches Gesicht, als er mit dem Hundchen für den Kleinen ankam, er hielt ihn in der Hand, als er die Tür öffnete, gab dem Tier kleine Küsse und grinste übers ganze runde Ballongesicht. Der Kleine sprang und kreischte, gib ihn mir, gib ihn mir, und mir kam die Galle hoch, wie sollen wir hier denn ein Tier halten, wo kaum Platz genug für uns Menschen ist? Was willst du denn damit?, habe ich zu ihm gesagt. Mach gleich kehrt, bevor
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