Am Ufer (German Edition)
der Junge sich verliebt, und lass den Hund dort, wo du ihn aufgesammelt hast. Du gibst ihn dem zurück, der ihn dir gegeben hat. Wie zu erwarten, fing der Kleine an zu jammern, das ist meiner, er gehört doch mir, Papa, und dessen Lachen verwandelte sich in eine Tigergrimasse, die Lippen hochgezogen, die Zähne sahen drohend aus dem schwarzen Loch hervor, und was für Worte, die Flüche, Herrgottsakrament, verfluchter Hurendreck, ich scheiße auf alles, alles, hier kann man es keinem recht machen. In diesem Haus ist die Freude verboten. Und du bist es, du allein, die alles verdirbt, du bist die Hexe, das Luder, du versaust den Kindern und mir das Leben. Ich darauf: Wenn ich das Hexenluder bin, dann bist du das gierige Scheusal, das uns, mich und die Kinder, in Angst hält, wir kochen und waschen für das Scheusal, das uns am Ende fressen wird. Ich fügte noch hinzu: Und dannnoch ein Scheusal, das die Intelligenz mit Löffeln gefressen hat. Das ist das Allerschlimmste für ihn, wenn ihm jemand sagt, dass er dumm ist, das trifft ihn am meisten. Wenn du so superschlau bist, hättest du ja einen Ingenieur heiraten können, sagte er und rammte gleichzeitig dem Jungen, der sich auf Zehenspitzen gestellt hatte, um den kleinen Hund zu streicheln, den Ellbogen in den Mund; der Junge stieß sich den Kopf am Tisch und fing an zu schreien und zu trampeln. Du brichst dem Jungen noch den Schädel, schrie ich, und dann beklagst du dich, wenn ich sage, du benimmst dich wie ein Tier. Jetzt war er es, der herumfuchtelte, das Hundchen im Griff, rauf und runter. Der hatte aufgehört zu bellen, das Tierchen gab keinen Mucks von sich, die Augen schreckgeweitet, es kapierte langsam, wie es in seinem neuen Heim zuging und wie der sich aufführte, der ihn so zärtlich getragen und gestreichelt hatte. Mir ist es genauso ergangen, Hundchen, dachte ich, erst ganz liebevoll und dann das hier. Und er: Ihr könnt mich alle am Arsch lecken, der Hund, die Kinder und du, und plötzlich drückte er den Hals des Tiers, man hörte ein Röcheln, und das Vieh hing in seiner Hand, die Beine ausgestreckt. Es war erstickt. Er hat, glaube ich, gemerkt, dass er das Tier erwürgt hatte und dass es schon tot war, als er es mit aller Kraft gegen die Wand knallte. Das Tierchen blieb mitten im Wohnzimmer liegen, nachdem es mehrere Gläser von der Anrichte mitgerissen hatte – da lag also nun ein toter Hund inmitten von Glasscherben und blutete aus allen Löchern. Ich schnappte mir den Jungen und hob ihn hoch, er wollte sich auf das Tier stürzen und lief Gefahr, sich an den Scherben zu schneiden; der Vater verließ türenschlagend die Wohnung. Das Schlimmste, dachte ich, drohte, wenn er abgefüllt heimkam, mit einer Saulaune, weil ihm am Tresen die ganze Scheiße im Kopf herumgegangen ist, ich dachte schon daran, den Sicherheitsriegel vorzuschieben, aber das macht die Sache nur schlimmer, dann würde er die Tür eintreten, mit Riegel und allem, am Ende noch den Türrahmen herausbrechen, mit dieser enormen Kraft, dem Einzigen, was die Natur ihm mitgegeben hat, sie hat mir eine Zeit lang Sicherheit gegeben und macht mir heute Angst. Ich könnte verzweifeln, wenn ich ihn mit diesemKörper voller Energie, die förmlich danach schreit, verbrannt zu werden, auf dem Sofa liegen, im Sessel fläzen sehe, und wie er dann diesen Mordskörper von der Sitzgarnitur ins Bett schleppt. Er ist nicht mehr dieser große junge Kerl, von dem ich so gern zum Tanzen aufgefordert wurde, der mich geschützt in seinen Armen hielt wie einen Vogel im Nest. Jetzt habe ich Angst vor seinen Händen, seinen Armen, und stell dir vor, wenn er sich ärgert, kommt er mir sogar wie eine dicke, zornige Frau vor. Einmal habe ich es ihm gesagt: Du wirst jeden Tag dicker, wie eine Matrone siehst du aus, einfach so, ohne groß nachzudenken, habe ich den weiblichen Vergleich gewählt, so kam er mir aber auch vor, sogar seine Haare und der stachlige Bewuchs an seinen Beinen, auch die Haare im Nacken schienen mir die eines Mannweibs. Da ist er ausgerastet. Keine Scherze, sonst trete ich dir in den Arsch und zerschlag dir die Fresse. Ich hab schon genug Probleme damit, ohne Arbeit dazustehen, als dass du mir auch noch den Kopf heiß machen musst. Da hab ich gesagt, ein Witzchen: Dastehen sehe ich dich eigentlich nie, Schatz, du liegst doch immer auf dem Sofa. Wenn er wenigstens kochen würde oder die Waschmaschine anstellen oder die Wäsche rausholen und aufhängen würde, aber nein, er tut nichts, keinen
Weitere Kostenlose Bücher