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Am Ufer (German Edition)

Am Ufer (German Edition)

Titel: Am Ufer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Chirbes
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wirst sehen, das ist der Sommergott, so wie im schwarzen Kaffee der Wintergott steckt. Als die Spanier kamen und unser Land besetzten, da wussten wir, dass es nicht nur einen Gott gab, sondern viele, einen für jedes Ding, für jeden Tag, wir wollten es ihnen ja beibringen, aber die mit ihrem Dickschädel haben nichts kapiert, sie haben unsere Götter verscheucht, damit allein der ihre blieb, und wir, was haben wir davon gehabt? Das ist die Frage.«
    »Obwohl, ich muss dir sagen, all diese Fragen, wann wir uns wiedersehen und unter welchen Bedingungen, die sind doch abwegig. Wozu? Als habe man nichts anderes im Kopf als leiden, leiden und nochmals leiden, selbst dann, wenn das Leid endlich ein Ende hat. Wozu gehst du in die Kirche? Der Tod bedeutet doch Ausruhen, er macht uns Angst, weil wir ihn nicht kennen, weil wir nicht wissen, wie das ist, nicht zu sein, aber man muss einfach denken, dass der Tod Ruhebringt und basta. Wirklich, Susana, ich möchte nicht in einer Million Jahren wieder mit diesem Körper zusammenkommen, er fordert so viel und hat sich von einem Hungerleider täuschen lassen, der mir das Leben schwer macht. Das Ganze mit dem Himmel ist doch sehr relativ: Alle Zeit der Welt bei Gott sein und das mit den Massen von Leuten, die sich da oben herumdrücken dürften, da wirst du irgendwo hingesteckt, ohne dir die Nachbarschaft aussuchen zu können, zwischen Menschen, die wer weiß woher kommen, alles durchmischt, noch mehr als hier auf Erden, jeder mit seiner Sprache, seinem Essen, seinen Manien, und alle drängeln Tag für Tag und alle Tage der Welt, weil sie Gott sehen wollen. – Das ist doch lachhaft. Und dann muss man vielleicht noch Nummern ziehen, wie im Supermarkt, wenn Andrang vor der Fischabteilung herrscht, eine Nummer, die dir sagt, wann du dran bist, um ein Weilchen beim Herrgott zu sein, beim Herrn sein, aber für was? Stell dir mal vor, all die Weiber, die da wie die Hühnergeier darauf warten, mit Gott allein zu sein, weil sie die Gemälde und die Bildchen gesehen haben, wo er so schön gemalt ist, blond und mit diesem langen Haar; und selbst wenn du die ganze Zeit bei Gott wärst, nur du und er, ihr beide allein, weil es Gott für jedermann gibt, so wie man das bei den Hostien sagt, und er jederzeit und an jedem Ort bei jedermann, jederfrau wäre, was will man schon allein mit ihm machen? Rückfällig werden? Noch ein Ehemann, einer, der dir nicht mal die Hoffnung lässt, eines Tages zu sterben? Nach der Erfahrung mit Wilson wär’s, wie gesagt, ein Rückfall. Die Hoffnung auf die Witwenschaft hat den Frauen Linderung verschafft. Schau dich doch um, auf jeden Witwer kommen zehn Witwen, fällt dir was auf?«
    »Jetzt ist es ein bisschen weniger geworden, von wegen Krebs und dann die Autounfälle, die Frauen rauchen mehr, arbeiten außer Haus, fahren allein und sich und ihre Autos zu Schrott, wenn sie von der Arbeit oder vom Supermarkt kommen. Aber ja, stimmt, zehn Mal so viele Witwen wie Witwer.«
    »Und drüben, in Kolumbien, sind es noch mehr, rechne mal nach, und du wirst sehen, wie wenige Männer dort übrig sind, wo die Machosso scharf auf das Peng-Peng mit ihren Schießeisen sind und das Sprichwort gilt, ohne Tote kein Fest. Nein, wenn ich ehrlich bin, der Himmel der Christen überzeugt mich nicht. Bei den Muslims kommen, glaube ich, siebzig Huris pro Kopf, und das muss ja auch erschöpfend für jeden Kerl sein, das wollen nicht mal unsere Drogenbosse, sie wollen weniger mit den Mädchen vögeln, als mit ihnen spielen oder sie schlagen und foltern, weil sie zugekokst sind und sich das gerne anschauen, wie die Mädels leiden und diese entsetzten Gesichter machen, und die nehmen sie dann mit dem Handy oder der Videokamera auf, das Kokain macht nämlich Lust aufs Vögeln, aber die Fähigkeit dazu schwindet, und das müssen die armen Mädchen ausbaden. Hast du gesehen, was sie in Mexiko mit ihnen machen? Sie bringen die um und filmen ihren Todeskampf. Wir sind auch nicht leicht zu ertragen und zufriedenzustellen, wenn einer Frau ein Mann gefällt, kann sie vom Vögeln nicht genug kriegen, würde ihn gern immer bei sich drin haben, aber dort, im Paradies der Marokkis, geht es wahrscheinlich wie in den Lagern der Drogenbosse zu, ein Paradies für den Macho, der seine Freude daran hat, die Weiber leiden zu sehen, dort hat der Mann das Sagen und befiehlt. Da droben gibt es weder Arbeitslosigkeit noch Elend, sagen die Priester. Ich sag dir, der Gott deines Hauses ist dieser andere Schwager,

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