.Am Vorabend der Ewigkeit
Grund der Aufregung.
Eine Gruppe menschenähnlicher Gestalten wanderte durch den Regen auf das Plateau zu. Sie bewegte sich nur langsam. Im ersten Augenblick glaubte Yattmur, nur zwei Gestalten zu sehen, aber dann unterschied sie drei. Sie machten keinen gefährlichen Eindruck, aber die Dickpelze schienen anderer Meinung zu sein. Sie sprangen hin und her, ohne sich zur Flucht entschließen zu können. Einige von ihnen spannten Pfeile in die Bögen und nahmen bereits Ziel. Es regnete noch immer.
»Nicht!« rief Yattmur. »Sie sind harmlos, warum wollt ihr auf sie schießen?«
»Der Trägerparasit! Du ruhig, Frau.« Einer der Dickpelze kam auf Yattmur zu und griff nach ihr. Yattmur vergaß Laren und begann zu laufen. Zuerst planlos, aber dann mit einem Ziel. Wenn sie auch nicht mit den Dickpelzen fertig wurde, Gren und die Morchel würden es bestimmt schaffen.
Sie erreichte endlich den Eingang ihrer Höhle. Ohne zu überlegen, lief sie hinein.
Gren stand nahe beim Eingang an der Wand. Es war dunkel. Yattmur war an ihm vorbei, ehe sie es bemerkte. Als sie sich umdrehte, versperrte er ihr den Rückweg. Langsam kam er auf sie zu.
Sie begann zu schreien, hemmungslos und schockiert. Erst jetzt hatten sich ihre Augen an das Dämmerlicht gewöhnt, und sie konnte Gren sehen.
Die Morchel hatte sich vergrößert. Ihr schwarzes und wabenartiges Gewächs bedeckte nun Grens Gesicht fast völlig. Nur die Augen sahen noch daraus hervor. Augen, die Gren nicht mehr gehörten.
Er griff nach ihr.
Sie sank auf die Knie. Mehr konnte sie nicht mehr tun denn sie war vor Entsetzen keiner Bewegung fähig. Der Schreck hatte sie gelähmt. Hilflos war sie dem Ungeheuer ausgeliefert, das einst Gren gewesen war.
»Gren!« wisperte sie.
Er packte sie bei den Haaren und zog sie auf die Beine. Der furchtbare Schmerz ernüchterte sie. Das klare Denken kehrte zurück, wenn sie auch an allen Gliedern zitterte.
»Gren – die Morchel tötet dich.«
»Wo ist das Kind?« Seine Stimme klang gedämpft, aber das konnte nicht darüber hinwegtäuschen, daß sie entschlossen und erbarmungslos ihr vermeintliches Recht forderte. Yattmur spürte, daß es nicht mehr Grens Stimme war. »Was hast du mit dem Kind gemacht, Yattmur?«
»Du bist nicht mehr du selbst, Gren. Was ist geschehen? Du weißt, daß ich dich nicht hasse – darum erzähle mir, was geschehen ist. Ich will versuchen, alles zu verstehen.«
»Warum hast du das Kind nicht gebracht?«
»Bist du die Morchel, Gren? Nun rede doch, ich muß es wissen!« Sie nahm sich zusammen und versuchte, ihr Entsetzen zu verbergen. »Bist du die Morchel?«
»Ich brauche das Kind!«
Sie stand vor ihn und wich keinen Zentimeter.
»Was willst du mit Laren, Gren?«
»Das Kind gehört mir genauso wie dir. Wo hast du es?«
Sie deutete in das Dunkel der Höhle.
»Dort, Gren. Es liegt auf seinem Lager. Hast du es denn nicht gefunden?«
Gren ließ sich überlisten.
Noch während er sich umdrehte und in die angegebene Richtung blickte, tauchte Yattmur unter seinen Armen hinweg und rannte aus der Höhle.
Hinter sich hörte sie einen wütenden Aufschrei.
Der Regen peitschte ihr Gesicht. Sie schien eine Ewigkeit lang in Grens entstelltes Gesicht geschaut zu haben, und doch waren in Wirklichkeit nur Sekunden vergangen. Sie blieb stehen. Der Trägerparasit, nur undeutlich zu erkennen, stand mit seinen beiden Begleitern am Rande des Plateaus. Ihm gegenüber, fünfzig Meter entfernt, warteten die Dickpelze und die hilflosen Fischer.
Sie lief weiter. Nach ihrer Begegnung mit Gren war sie froh, wieder zu den Dickpelzen zu gelangen. Sie waren weniger furchterregend als Gren. Erst als sie bei ihnen war, blickte sie zurück.
Gren war aus der Höhle getreten. Dort blieb er stehen. Er mußte sie sehen, aber er machte keine Anstalten, ihr zu folgen. Im Gegenteil, er wandte sich um und kehrte in die Höhle zurück. Sekunden später hatte die Dunkelheit ihn verschluckt.
Die Dickpelze unterhielten sich in ihrer knurrenden Sprache. Der Anblick Grens mußte sie überrascht und erschreckt haben. Yattmur war klug genug, ihren Vorteil zu nutzen. Sie deutete zur Höhle und sagte:
»Wenn ihr mir nicht gehorcht, wird Gren mit seinem schrecklichen Bundesgenossen kommen und uns alle verschlingen. Laßt den Trägerparasiten ungefährdet heran. Tut ihm nichts, solange er friedlich bleibt.«
»Trägerparasit schlecht«, knurrte einer der Dickpelze und fletschte seine weißen Zähne.
»Tut, was ich sage, oder das Gewächs wird
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