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Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)

Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)

Titel: Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Schorlau
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dafür.«
    Plötzlich steht sie neben ihnen. »Ich gehe jetzt zur Polizei. Ich will, dass du mitgehst. Es ist auch dein Kind, das verschwunden ist.«
    Sie sagt es laut, und einige Gäste drehen sich bereits um.
    »Darf ich dir Olga vorstellen, meine …«
    »Mich interessieren deine Weibergeschichten nicht.«
    Olga zieht eine Augenbraue in die Höhe. Sonst verrät ihr Gesicht nichts, doch Dengler kennt sie gut genug, um zu wissen, dass sie kurz vor einer Explosion steht.
    Doch zu seiner Überraschung legt sie Dengler eine Hand auf den Arm und sagte leise: »Geh mit ihr. Sie macht sich wirklich Sorgen.«
    Verwirrt steht er auf, überlegt, geht dann zur Kasse, zahlt bei der brünetten Bedienung und tritt hinaus in den Regen. Hildegard folgt ihm. Er spannt den Regenschirm auf. Sie sind fünf Schritte gegangen, als sie sich bei ihm unterhakt. Dengler zuckt kurz zusammen.
    »Jakob hat mir erzählt, dass ihr beide gerne ins Café Stella geht.«
    Es war Jakobs Idee gewesen, hierherzukommen. Der Grund war, dass Jakob hier Sojamilch zum Kaffee bekam. Dengler hatte die neueste Marotte seines Sohnes überrascht. Warum war ihm normale Milch nicht gut genug? Sojamilch? Wurde Jakob ein Snob? So saßen sich Vater und Sohn im Café Stella gegenüber, der eine kippte Kuh- und der andere Sojamilch in seinen Kaffee, und jeder wunderte sich über den anderen.

23. Hof des Bauern Zemke, Nähe Oldenburg, vormittags
    Jakob friert und sieht voller Neid zu Simon. Irgendwann pinkelt Cem in den Eimer. Dann schläft Jakob, unruhig, er träumt, dass er von Rockern über ein Feld gejagt wird. Ein Fluss schneidet ihm den Fluchtweg ab. Er stürzt sich in das Wasser, er schwimmt und schwimmt, doch er kommt keinen Zentimeter vorwärts. Die Rocker haben ihn fast. Als der Erste nach ihm schlägt, wacht er auf.
    Dschingis Khan und das Walross bringen ihnen Frühstück. Schwarzbrot, Marmelade, Leberwurst und Butter, dazu Kaffee und Milch. Dschingis Khan bleibt an der Tür stehen, und der fette Rocker stellt die Sachen auf den Tisch.
    »Wir essen weder Butter noch Wurst«, sagt Cem.
    »Dann lässt du’s eben bleiben«, sagt das Walross und dreht sich um.
    Laura stellt sich ihm in den Weg. »Sie wissen, dass Sie sich strafbar machen. Freiheitsberaubung ist kein …«
    Er wischt sie einfach zur Seite und geht. Der Schlüssel dreht sich im Schloss.
    Sie essen das Brot mit Marmelade und trinken den Kaffee schwarz.
    Simon läuft nervös auf und ab. Laura sieht ihm besorgt zu.
    Hoffentlich verliert er nicht die Nerven.
    Jakob schlägt ein Spiel vor. Er denkt sich eine Person aus, und die anderen müssen die Person raten, indem sie Fragen stellen. Er beantwortet die Fragen jedoch nur mit Ja oder Nein.
    Um Laura zu gefallen, denkt er sich die Mädchen von Pussy Riot aus. Nach drei Fragerunden errät sie es.
    »Ich kenn dich. Das war nicht schwer.«
    Cem denkt sich Pac-Man aus, die Figur aus dem uralten Computerspiel, das sie vor vier Wochen neu entdeckt haben. Niemand errät es, und deshalb darf er sich eine zweite Figur ausdenken. Ozzy Osbourne. Simon errät es. Wegen der Ähnlichkeit, sagt er und alle lachen, sogar Cem, obwohl der Witz auf seine Kosten geht. Dann ist Simon an der Reihe. Er wählt Homer Simpson. Laura errät es sofort: Es ist kein realer Mensch? Ja. Ist eine Comicfigur? Ja. Tritt sie im Fernsehen auf? Ja. Ist es Homer Simpson?
    Jakob fühlt den Messerstich der Eifersucht sofort und ärgert sich darüber. Die beiden kennen sich gut. Sie kennt Simon, wie eine Frau ihren Mann kennt, denkt er. Irgendwie verheiratet. Er hat keine Chance.
    Laura und er unterhalten sich meist über ernste Themen. Tiere waren schon immer Lauras Sache.
    Es gibt einen Interessenkonflikt, hatte sie ihm erklärt. Es ist mein Interesse, das Schwein zu essen. Es schmeckt mir. Aber es gibt auch das Interesse des Schweins, nicht zu sterben.
    Sie saß ihm am Tisch in der Küche ihrer Eltern gegenüber und sah ihn fragend an, ob er ihr folgen könne.
    Jakob nickte.
    »Wir müssen also diese beiden Interessen abwägen. Welches wiegt schwerer? Mein und dein Interesse, das Tier zu essen, oder das Interesse des Tieres, zu leben. Was meinst du?«
    Er schwieg und dachte nach. »Wenn man es so sieht«, sagte er nach einer Weile.
    »Unser beider Interesse – nämlich das Tier zu essen – würde nur dann gelten, wenn wir keine anderen Lebensmittel zur Verfügung hätten oder wenn wir gebürtige Fleischfresser wären wie Löwen oder ähnliche Tiere. Aber wir können uns genauso gut,

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