Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)
schreit er.
Auch Cem zieht und schreit, aber die Typen sind stärker. Und kampferprobt.
Dschingis steht über Laura und zieht ihren Gürtel aus der Hose. Dann tritt er zurück, holt aus und schlägt ihr damit über die Beine. Das Mädchen schreit laut auf. Jakob zappelt ohne Chance. Cem schreit: »Ich bring euch um. Ich bring euch alle um.«
Dschingis schlägt noch einmal zu. Zwei breite rote Striemen ziehen sich über Lauras Oberschenkel. »Gleich ist sie so weit«, stöhnt er. Dann hält er ihren nackten Fuß, während der andere Rocker auch das zweite Hosenbein vom Fuß abzieht. Die beiden ziehen Lauras Beine auseinander. Dschingis kniet sich dazwischen. Mit der rechten Hand greift er Laura hart zwischen die Beine. »Das wird richtige Arbeit«, schreit er und alle lachen. Dann steht er auf und öffnet seine Hose.
»Was soll die Scheiße?« Der kleine Rockerchef steht in der Tür. »Könnt ihr damit nicht bis morgen warten?«
»Wir brauchen auch mal ein bisschen Spaß.«
»Na, meinetwegen«, sagt der kleine Chef und dreht sich ab. »Aber keine Knochenbrüche. Die müssen heil aussehen.«
Aus einem Impuls heraus schreit Jakob plötzlich: »Ich hab den Kanister abgewischt. Es gibt keine Fingerabdrücke. Ich hab sie alle abgewischt.«
53. Denglers Küche, morgens
Dengler nimmt die gurgelnde Cafeteria vom Herd und gießt den heißen Espresso in seine gelbe Lieblingstasse. Aus dem Kühlschrank holt er Milch und gießt etwas dazu. Er nimmt die blaue Mappe, die ihm Lauras Mutter gestern mitgegeben hat, von seinem Schreibtisch, setzt sich in den Sessel am Fenster und liest.
Wer sind wir?
Die Bedeutung der Tierzucht und Massentierhaltung für die westliche Zivilisation von Laura Trapp
Es gibt kaum ein Thema, das so viele Ansätze bietet, die menschliche Zivilisation zu erklären, wie die Ernährung. Das beginnt mit der Feststellung, dass die Zivilisation, ja der Großteil des menschlichen Lebens überhaupt ohne institutionalisierte Formen der Nahrungserzeugung untergehen müsste. Aber unser Essen ist mehr als das. Essen ist ein Spiegel unserer Gesellschaft. Der Ethnologe Claude Lévi-Strauss hat es so formuliert: »Cooking is a language through which society unconsciously reveals its structure.«
Doch der Schwerpunkt dieses Aufsatzes liegt nicht darauf, was die Bedingungen der Nahrungsmittelproduktion, insbesondere der industriellen Fleischproduktion, heutzutage sind, noch wird er die ebenfalls wichtigen Fragen untersuchen, welche Rolle der Fleischkonsum bei der evolutionären Entstehung der Spezies Mensch gespielt hat.
Die Frage, um die es hier geht: Wie kommt es, dass europäische Mächte beinahe den gesamten amerikanischen Kontinent erobern und ihre Vorherrschaft kulturell und politisch so durchsetzen konnten, dass wir heute bei ›amerikanisch‹ eher an einen Big Mac denken als an aztekische Architektur? Mir ist bewusst, dass es zu diesem Themenkomplex jede Menge Untersuchungen gibt. Bücher über Bücher sind geschrieben worden, zu kulturellen Voraussetzungen, zu den historischen Zusammenhängen und den militärischen Strategien.
Militärische Strategien? Überlegene Waffen? Sicher, die gab es. Der technische Prozess begann mit der Entdeckung der Metallschmelze in Eurasien. In Amerika gab es nichts Vergleichbares. Metallschmelze und Metallbearbeitung sind jedoch nicht nur Fertigkeiten, sondern Denkmuster und Kulturtechniken, die das Verhalten der Europäer tiefgehend geprägt und sich von den Denkmustern der unterworfenen Völker völlig unterschieden haben. Etwas in seine Bestandteile aufgliedern und dann etwas Neues daraus herstellen scheint eine grundlegende Denkform des Abendlandes zu sein. Zu diesem Prozess gehört auch die Verwandlung von Wildtieren zu Haustieren und zu Schlachtvieh.
Und so war die verheerendste Waffe im Arsenal der Besatzer gar keine Waffe aus Stahl, die die Soldaten mit sich trugen. Auch die überlegenen Schiffe oder die ausgeklügelte Militärtechnik der Besatzer waren nicht entscheidend. Auch nicht ihr Verstand. Es war eine biologische Waffe, die den Angreifern den Sieg brachte.
Der Evolutionsbiologe Jared Diamond betont diese Tatsache in seinem 1997 erschienenen Buch »Guns, Germs and Steel« wie kaum ein anderer Forscher vor ihm. Bereits zur Zeit der Invasion Amerikas hatte man beobachtet, dass die Bewohner des Kontinents in großer Zahl erkrankten, noch ehe die bewaffneten Eroberer überhaupt in den Dörfern und Städten erschienen. Dafür hatte man keinerlei
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