Am zwölften Tag: Denglers siebter Fall (German Edition)
Streifenwagen?«
Dengler grinst Streich an. »Ich bin müde, Christof. Wir müssen die Vernehmung beenden. Ich hatte eine anstrengende Nacht.«
Streich beugt sich über ihn. »Wenn du’s offiziell nicht erzählen willst, verrätst du es mir als Kollegen, woher du das weißt?«
»Niemals«, flüstert Dengler ihm ins Ohr und schließt die Augen.
120. Quartier der Landsleute
Sie haben ihm Suppe gebracht, und er hat von Jurgis eine Hose, von der Frau Unterwäsche und ein Hemd bekommen. Sie alle haben von dem Brand gehört. Einer erzählt von der Meyer-Werft. Auch dort habe es gebrannt, im Wohnheim. Zwei Landsleute seien in den Flammen umgekommen. Das sei schlimm gewesen. Die Deutschen hätten sogar in den Zeitungen darüber geschrieben. Aber nur ein oder zwei Tage lang. Geändert habe sich nichts.
Aber auf dem Zemke-Hof habe es einen Deutschen erwischt, seine Frau kämpfe noch ums Überleben. So erzählt man, sagt die Frau.
Auch Kimi erzählt. Wie er von den Landsleuten ausgenutzt worden ist. Wie die Wikinger die Landsleute mitsamt ihrer schwarzen Mercedes-Limousinen vertrieben haben. Wie die Wikinger mit einer Maschinenpistole geschossen haben. Wie die Landsleute ihn bei den Wikingern zurückgelassen haben. Wie er in den Raum mit den deutschen Jugendlichen gestoßen worden ist. Einer von ihnen hat seinen Freund Adrian gekannt. Da wird sein Kopf schwer, und er kann kaum den Löffel heben.
»Leg dich in mein Bett«, sagt Jurgis, und die Frau übersetzt. »Ich muss nachher zur Schicht.«
Er schläft schon im Gehen, als sie ihn hinüber in die Stube bringen.
»Ich bin kein Nichts«, sagt er. »Jurgis, ich bin der Holzklotz.«
»Das freut mich«, sagt Jurgis.
»Wann kommst du von der Schicht zurück?«
»Am frühen Morgen. Warum?«
»Kannst du mir zwei Messer leihen?«
Jurgis lacht: »Willst du etwa Schweine zerlegen?«
»Ich werde zu der großen Spinne im Netz gehen. Ich will mein Geld und ich will meinen Pass.« Und er erzählt, was Cem ihm gesagt hat.
Die Frau sagt: »Ich kenne den Mann. Ab und zu werde ich in sein Haus gerufen. Dann muss ich die Schlachterei sauber machen. Er hat eine eigene Schlachterei. In einem kleinen Haus hinter seinem großen Haus. Jeden Dienstagmorgen geht er dorthin und schlachtet ein Tier. Am Nachmittag kommen ein paar Frauen und machen sauber. Es gibt eine Kombination, eine Zahl an der Tür. Wir Putzfrauen kennen die. Du gibst die Zahl ein, und die Tür geht auf.«
»Wie heißt die Zahl?«
»6560.«
»Zeigst du mir den Weg zu dem Haus?«
Die Frau setzt sich neben ihn und streicht ihm übers Gesicht. »Ja. Das tue ich. Das tue ich sogar gerne. Du bist der Holzklotz. Am besten gehst du noch heute Nacht. Du musst über den Zaun klettern. Nimm eine Decke von uns mit. Ruhe dich vorher aus. Am Morgen kommt die Spinne.«
Die Augen der Frau glänzen. »Du bist der Holzklotz, der den Wagen zum Stürzen bringt.«
Kimi steht auf: »Ich will nur mein Geld. Ich will nur meinen Pass. Ich will Gerechtigkeit für Adrian.«
Die Frau steht auf. »Ich hole dir jetzt eine warme Decke. Heute Abend bringe ich dich zum Haus.«
Monolog Carsten Osterhannes
Wir haben also die rumänischen Mafiosi durch Berliner Rocker ersetzt. Mir wurde zugetragen, dass es Reibereien zwischen den beiden Gruppen gab, aber nichts Wesentliches. Wir haben eine gute Sicherheitsabteilung im Konzern. Ausgestattet mit modernster Technik, genügend geschultem Personal, allem Pipapo. Das braucht man ab einer bestimmten Firmengröße. Klaus Werner ist der Chef. Guter Mann, ehemaliger Polizist.
Klaus, sagte ich, es reicht eigentlich nicht, diese Rocker als neue Subunternehmer einzusetzen. Ich würde gerne die ganzen Protestler loswerden, die Bürgerinitiativen und den ganzen Scheiß. Du weißt ja, bei jeder Mastanlage gibt es Ärger. Wir gewinnen jedes Mal, das schon, aber es zögert sich alles raus. Die Zeitpläne geraten manchmal in Verzug. Und mit Zeitverzögerungen steigen auch die Kosten. Wir brauchen einen Plan, wie wir uns die Protestler vom Hals schaffen.
Und zwar ein für alle Mal.
Kannst du da nicht mal drüber nachdenken? Vielleicht können wir das mit den Rockern irgendwie verbinden?
Die Sache wurde immer dringender. In Niedersachsen gab es eine neue Landesregierung. Ein sogenannter Kritiker der sogenannten Massentierhaltung wurde Landwirtschaftsminister. Alle Ampeln stehen auf Rot für uns.
Wir haben lange überlegt. Dann hatten wir einen Plan. Die Rocker sollten die Schmutzarbeit machen. Gewissermaßen
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