Amarilis (German Edition)
noch weitere
Aufschlüsse. Die Tatsache, dass die Saurier zu Felszeichnungen in der Lage
waren, bedeutete, dass sie anstelle ihres Augenlichtes einen Ersatzsensor
entwickelt haben mussten. Inmitten ihrer Augenhöhlen besaßen sie nämlich ein
eigenartig blaues Gebilde, das Steff aufgrund seiner zentralen Lage, die es
innerhalb der Cortex einnahm, als das neuentwickelte Sinnesorgan
interpretierte, welches dem Saurier die somnambulistischen Fähigkeiten verlieh
und ihn sich in der ewigen Dunkelheit der Unterwelt orientieren ließ. Eine zudem
äußerst frühe Entwicklung, die noch oberhalb der Höhlen unter dem direkten Mondeinfluß
begonnen haben musste.
In fast allen Punkten, die er damals vor dem Kongress in
Berlin aufgezählt hatte, wusste sich Steff nun bestätigt. Nur in der Annahme, dass
das Iguanodon eine Plazenta entwickelt haben könnte, musste er sich eines Besseren
belehren lassen. Die Abbildungen wiesen keine schwangeren Saurier auf. Jedoch
gab es einige kleine, fast runde Eier, die in muldenartigen Vertiefungen abgelegt
wurden.
In einem anderen Punkt konnten die Funde allerdings keinen Aufschluss
geben. Die sensationelle Entdeckung der Felsenzeichnungen deutete auf einen
Umstand hin, dessen Tragweite kaum abzusehen war: die mögliche Entwicklung von
Intelligenz. Steff hatte in seinem Referat auf das innerhalb von Jahrmillionen
entwickelte Gehirn hingewiesen, und die Abbildungen schienen diesen Punkt auch
zu bestätigen. Aber nirgends konnten sie die Herausbildung eines Handwerkzeuges,
einer Waffe oder eines anderen Hilfsmittels entdecken, mit denen sich das Iguanodon
eine Erleichterung seiner Lebensbedingungen oder gar eine Nahrungsproduktion verschafft
hatte.
Alles wies darauf hin, dass die Pflanze derart reichhaltig
vorgekommen war, dass sie das Überleben der Tiere gefahrlos und in
ausreichendem Maße sicherte. Feinde gab es nicht, nachdem es einzig ihm
gelungen war, sich der extremen Umgebung anzupassen.
Steff fragte sich aber, ob diese Bedingungen bereits
ausreichten, um ein Lebewesen in seiner geistigen Entwicklung in dem Maße zu hindern,
dass es überhaupt nicht zu technischem Fortschritt bestrebt war. ‚Bedeutet eine
fehlende Technisierung jedoch schon gleich, dass keine Intelligenz vorliegen
braucht? Wohl kaum’, dachte er, ‚denn eine geistige Entwicklung war fraglos
vorhanden.’
Zum Beispiel: die familiäre Bindung musste sich innerhalb der
Höhlenwanderung gefestigt haben. Viele Abbildungen wiesen auf eine
wechselseitige Brutpflege hin. Weiter konnte das Fehlen von Kriegswerkzeug
durchaus auf ein harmonisches Miteinander deuten, also auf eine nahezu perfekte
soziale Gesellschaftsform, deren Zusammenhalt nicht groß genug einzuschätzen
und vielleicht sogar als ein höheres Indiz von Intelligenz zu werten war, als
es jede kriegerische Gemeinschaft hätte darlegen können.
Nicht zuletzt bewiesen die Abbildungen selber die Entwicklung
eines künstlerischen Wesens, eines Abstraktionsvermögens und einer kreativen Begabung,
die den Einspruch fehlender Auffassungsgabe bedingungslos hinwegwischte. Aber
die Wissenschaftler standen vor einem Rätsel.
Mata-Hele versuchte eine Beziehung zum Plasma herzustellen:
»Nimm mal an, Steff, dass diese flüssigen, festen als auch gasförmig vorkommenden
Wasserstoffteilchen eine derart vielseitige Kraft besitzen, dass sie einerseits
die Entstehung einer Art begünstigen, andererseits sie aber auch hemmen können.«
Er musste selbst in seiner Sprache nach geeigneten Worten suchen. »Das Plasma
des Meteoriten ließ die Pflanze ihre Produktion zunächst umstellen. Ferner
nehme ich an, schützte es die Saurier auch vor der allzu großen Hitze, die im Inneren
der Erdkruste bestand, indem es die Vulkanhitze in elektrische Energie
umwandelte. Dadurch wurde eine beträchtliche Abkühlung ihrer Körper erzielt und
zugleich eine intensive Leitfähigkeit erworben, die die Kraft ihrer kosmischen
Einflüsse erklärt. Denn dieses Plasma hier steht mit dem Plasma der Sterne und
aller anderen Materie in Verbindung und wird letztlich zur Urgewalt des allumfassenden
Kreislaufs der kosmischen Natur.«
»Aber war ihr Einfluss auf das Leben hier unten nur positiv?«
fragte Steff ihn.
Mata-Hele überlegte. »Nachdem die Pflanze sich derart
verändert hatte, dass sie mittels ihres Samens die Plasmaproduktion übernahm,
war eine breitere Verteilung desselben erreicht. Es versorgte die Saurier nun
derart perfekt, dass diese nichts
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