Amarilis (German Edition)
schmauchte
eine ebenso lange Zigarre, deren Qualm ihm unangenehm den Rachen reizte. Er
saß, die Arme auf den Lehnen gestützt, der Länge nach leger in einem riesigen
Ledersessel. Der andere war von hagerer Gestalt, blinzelte ihn einwenig nervös
an und nahm dann einen kräftigen Schluck aus seinem Kognakschwenker.
»Das hier ist der zweite Vorsitzende der United Oil Company
Hamburg, von der sie sicher schon gehört haben. Und der Herr neben Ihnen«, Er
zeigte auf den Hageren, »ist Dr. Kortgens, unser Physiker. Sie sehen daran,
lieber Bürgermeister, dass wir es hier mit einem rein wissenschaftlichen Belang
zu tun haben und mit Ihnen nicht schon wieder über Geschäfte reden wollen.« Er
lachte laut auf und stierte Posikol dabei unablässig an.
Dieser rutschte ungemütlich und keineswegs beruhigt auf
seinem Sessel hin und her. Dann fasste er sich ein Herz und sagte: »Ja, meine
Herren. Können sie mir jetzt bitte sagen, worum es geht. Sie wissen, ich habe
wenig Zeit, und mein Terminkalender ...«
»Aber ja doch«, unterbrach ihn sein Gastgeber. »Sie werden
sich sicherlich fragen, warum wir sie so abrupt aus Ihren Amtsgeschäften
gerissen haben. Auch uns ist das sehr unangenehm, aber unsere Angelegenheit ist
selber so dringend, dass wir sie rasch zwischen den Terminen Ihres Kalenders
nachtragen mussten.«
Er setzte sich nun auch und verursachte dabei in dem
griffigen Leder seines Sessels ein quietschendes Geräusch. »Herr Posikol, wir
haben erfahren, dass im Zusammenhang mit den santoganischen Positronen davon
ausgegangen werden kann, dass sich unterhalb unserer Erde etwas ... Hmm, sich
etwas befindet, von dessen Existenz wir bislang keine Ahnung hatten. Aber«, und
er hob abwehrend die Hände, »fragen Sie mich nicht, woher ich das weiß. Ich
bitte Sie auch nur um eine klare und kurze Antwort: können Sie bestätigen oder
nicht?«
In der darauffolgenden Stille hörte Posikol sein Herz
schlagen. ‚Woher konnten sie davon wissen?’ Er hatte es erst gestern Abend
selbst von Shan-Ucci auf der Kabinettsbesprechung erfahren. Gab es eine undichte
Stelle? Er mußte schnell antworten. Ein weiteres Zögern wäre zu auffällig.
»So, wie Sie es ausdrücken, kann ich es auf keinen Fall
öffentlich bestätigen.«
»Wie sollen wir das verstehen? Sie glauben doch nicht, dass
uns die Öffentlichkeit hier interessiert. W i r wollen es schließlich
wissen, nicht die Zeitung!«
Posikol hatte auch nur einige Sekunden Bedenkzeit schinden
wollen. ‚Na klar wollt nur ihr es wissen. Und mir dann in die Geschäfte
funken.’ Er nahm etwas Salzgebäck, um den Mund voll zu haben. ‚Auf keinen
Fall’, überlegte er, ‚dürfen die davon erfahren.’
»Ich meine damit, dass - wenn ich Ihnen die Wahrheit sagen
soll - ich es einfach dementieren müsste.« Er schaute hoch. Die Reaktion der
anderen war entsprechend.
»Wie ...« der zweite Vorsitzende wandte ihm den breiten Kopf
zu. Sein Mund bildete eine beinahe perfekte Kreisöffnung. Wie ein Karpfen
schien er nach Worten zu schnappen.
»Ja, meine Herren, das ist leider schlichte Tatsache. Wir
haben in Wahrheit rein garnichts gefunden. Wir werden aber in den nächsten
Tagen die Presse informieren, dass unterhalb der obersten Bodenschicht mehr
sein könnte, als wir bislang für möglich hielten. Mehr als nur die Pflanze. Ich
betone aber, dass wir es lediglich vermuten, nicht schon bestätigen.«
Genüsslich griff er nun zu dem vor ihm stehenden Weinglas und
trank es bis auf den Grund leer. Das war zwar vollkommen entgegen seiner
Devise, aber er erlaubte sich bei gewissen Husarenstücken schon das eine oder andere
Mal eine Ausnahme von der Regel. Sein ansehnlicher Leibesumfang und sein
doppeltes Kinn bewiesen es. ‚Dass es dort tatsächlich Leben geben soll,
erfährst du als letzter’, dachte er. Nicht, bevor wir nicht selbst den Fundort
haben.’
»Sie meinen also, dass das Ganze nur eine Ente ist?« Ungläubig
wie ein kleines Kind schaute ihn der Konzernboss an. »Und das wollen sie den Zeitungen
verkaufen?«
Betreten wie ein Schuljunge, den man bei seinem ersten
Streich erwischt hat, nestelte er mit seinen dicken Fingern an seinem seidenen
Schlips. Dann fing er donnernd an zu Lachen. Mit dabei weit aufgerissenem Mund
blickte er mit seinen nun von den feisten Backen zugestülpten Augen heiter um
sich und wartete, dass die anderen in sein Lachen einfielen.
»Sagen sie, Bürgermeister, wie sind sie nur
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