Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amarilis (German Edition)

Amarilis (German Edition)

Titel: Amarilis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Kempas
Vom Netzwerk:
gar nicht mehr, wie ich
mich ihm gegenüber verhalten soll.« Seine großen, kurzsichtigen Augen blinzelten
ihn aus äußerster Nähe an. Unwillkürlich trat Steff einen halben Schritt
zurück.
       »Ja, bei mir hat sich auch wieder so einer gemeldet. Aber ich
kann Ihnen nur raten, keine Informationen preiszugeben. Von mir wollte er zum
Beispiel wissen, wie Shan-Ucci auf unsere Fragen bei dem Vorgespräch reagiert
hat. Solange wir aber nicht deren Hintermänner kennen, dürfen die keine
vertraulichen Details erfahren. Vor allem bin ich mir noch nicht über ihre Motive
im Klaren.«
       Der  Inder nickte eifrig. »Ich habe auch nichts gesagt, aber
sie haben gedroht, dass noch irgendwas passieren wird. Vor allem fühle ich mich
von ihnen beobachtet.«
       Steff wusste dessen Worte nur zu gut zu bestätigen. Doch in
ein, zwei Tagen, dachte er, ist alles vorbei. Dann waren sie weit weg von der
Erde. Deshalb beruhigte er Ravishnari und riet ihm, die Verfolgung dieser Angelegenheit
ruhig seinen zurückbleibenden Kollegen zu überlassen.
       Das ganze Gespräch fand übrigens auf Englisch statt, eine
Selbstverständlichkeit dieser Zeit, da es zu jedem Schulpflichtfach eines
Landes ebenso wie das der eigenen Sprache gehörte. Verständigung unter den Nationen
war das Geringste aller Probleme im Jahr 2082.
       Steff richtete seine Aufmerksamkeit nun auf die Worte des
neben ihm stehenden Professor Ambros, nach dessen Meinung sich Gondwana, neben
Laurasia (Asien und Nordamerika) der zweite Großkontinent der damaligen Zeit,
vor 100 Millionen Jahren in Südamerika, Afrika und Indien und einer noch verbundenen
Landmasse Australien/Antarktis auftrennte.
       »Dieses waren die kontinentalen Voraussetzungen der Epoche,
in der von Santoga aus heute die Erde und damit auch die Emission der Positronen
beobachtet werden.«
       »Wobei ich darauf hinweisen möchte«, gab John Cavanac zu
bedenken, »dass diese Platten nur den geringsten Teil der Erdoberfläche ausmachten.
Der weit größere Teil, über dessen Bewegungen wir noch keine Aufschlüsse haben,
schwimmt als untergetauchte Masse aus leichterem Gestein auf dem dichten
Material des Erdmantels. Ich glaube deshalb nicht, dass wir aus den äußerlichen
Beobachtungen schon auf den tatsächlichen Ursprung der Positronen schließen
können.«
       »Ganz richtig«, pflichtete sein Landsmann McKenzie ihm bei. Gerade
in dieser Zeit werden bis zu einer Tiefe von 700 Kilometern Landsenkungen
verzeichnet, deren Platten durch die Spannung des dort vorherrschenden Drucks
des härteren Gesteins wieder einen Auftrieb erhielten, der eine Verfolgung der
Positronenwanderung - vorausgesetzt, ihre Herkunft ist überhaupt entdeckt -
durch ihre ständige Verschiebung beinahe unmöglich macht.«
       »Sie glauben doch nicht etwa«, polterte Professor Ambros
entrüstet, »dass das isostatische Gleichgewicht der Oberfläche eine Auswirkung
auf den Verlauf der Positronen haben könnte. Das würde ja bedeuten, dass diese
Pflanzen, wenn die bi-3 Teilchen überhaupt von ihnen produziert wurden, unter
der Erde, ja in einiger Tiefe sogar, und das auch noch in einer unvorstellbaren
Hitze, existierten.«
       Ärgerlich brummelte er noch im Nachhinein verdrossen vor sich
hin. Aber er musste sich sogleich den Äußerungen von Cavanac stellen: »Genau,
Professor! So wird es sich abgespielt haben. Diese Pflanze war nicht nur absolut
hitzebeständig, sie musste auch die Fähigkeit besessen haben, völlig ohne
Sonnenlicht auszukommen. Und zudem muss sie auf eine Verarbeitung von CO 2 basiert haben, die nicht nur auf sie, sondern auch auf einen realen Organismus
hinweist, der über ebensolche bewundernswürdigen Fähigkeiten verfügt haben muss.«
Er schaute auf die Uhr. »Ich glaube, darüber wird ihnen gleich Frau Dr. Sander
mehr sagen können. Sie hat sich mit dieser merkwürdigen Pflanze einwenig näher befasst
und stützt sich dabei auf unsere Theorie, dass sie sich unterhalb der
Erdoberfläche aufgehalten hat.«
       Die Pause von einer Stunde war nun zuende, und Steff und die
anderen gingen wieder zu ihren Plätzen. In einem Halbrund waren um eine
Rednertribüne Tische angeordnet, an denen alle Beteiligten den weiteren Verlauf
verfolgten.
       Als nächster Referent betrat zunächst ein schneidiger Japaner
das Podium, der ein über die Hosen hängendes, langes Tuchhemd anhatte. Aus den
weiten, kurzärmligen Öffnungen schlenkerten dünne Arme heraus. Die Fingerkuppen
waren dunkel von Nikotin.

Weitere Kostenlose Bücher