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Amarilis (German Edition)

Amarilis (German Edition)

Titel: Amarilis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Kempas
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erinnerte sie sich auch,
ihn schon mal mit Steff auf dem Flur zusammen sprechen gesehen zu haben. Er
musste hier wohnen.
       Gerade beugte er sich über den Tisch und stützte den Kopf in
seine Hände. In ihm drehte sich alles. Übelkeit kroch seine Magenwände hoch und
verursachte ein säuerliches Ziehen. Schleier setzten sich auf seine Augen, und
wie hinter Milchglas sah er schemenhaft eine Frau auf sich zukommen. Er war
völlig fertig.
       Meika stellte sich neben ihn und fragte, ob sie sich dazu
setzen dürfte. Ohne sie anzuschauen, nickte er unbestimmt mit dem Kopf. Stumm
stierte er weiter vor sich hin und hätte sie auch fast wieder vergessen, wenn
sie sich nicht erneut an ihn gewandt hätte.
       »Sag mal, bist du nicht Ra, der neben Steff wohnt?« Und auf
seine stummen Blicke hin fügte sie hinzu: «Du kennst doch Steff Maiger?«
       Endlich sah er sie an. Unstet flirrten die Pupillen seiner
braunen Augen über ihr Gesicht. Seine kleine Stupsnase schien einwenig zu
beben, als er ihrem Blick begegnete. Wieder zogen sich Schatten über seine
Stirn, und erneut drohte er in Lethargie zu verfallen.
       Doch Meika fasste ihn leicht an die Schulter und sprach auf
ihn ein. Er sah ihr schmales, hübsches Gesicht dicht vor sich. Ihre kurzen
Haare umrahmten es wie ein Ölbild. Mit aller Kraft versuchte er, seine Lebensgeister
wieder zu entfachen. Langsam kehrte sein Bewusstsein zurück.
       »Sie haben ihn getötet«, stammelte er plötzlich, und seine
Augen wurden feucht. Mit einer fahrigen Bewegung wischte er sich über das Gesicht.
Dann schaute er zu Meika hoch.
       »Wen haben sie«, fragte sie leise.
       Ra antwortete nicht sogleich. Die Erinnerung an Gobo schien
ihn erneut zu bedrücken. Gobo, der gestern noch gelacht hatte.
       »Sie haben ihn getötet«, sprudelte es noch einmal aus ihm heraus.
Gobo, seinen Freund, der mit ihm im selben Zimmer gewohnt hatte. Er konnte es
nicht fassen. Sein Gehirn verwehrte ihm die letzte Erinnerung. Erneut rannen
ihm Tränen über die Wangen, und er wischte sie mit seinem schmutzigen Ärmel ab.
       ‚Es bleibt doch immer ihre Spur.’ Meika presste ihre Lippen
aufeinander und beugte sich zu ihm herüber. »Was ist passiert?«
       Da endlich quollen die Worte wie ein seit langem aufgestauter
Schwall aus Ra heraus. Er konnte sich selbst kaum hören, so sehr nahm ihn die eigene
Erschütterung gefangen. Nur die Tatsache, dass er überhaupt sprach, war das
einzige Indiz, dass er noch bei einigermaßen klarem Verstand war.
       »Ich weiß es selber nicht«, begann er verzweifelt. »Nie,
nie...« Abrupt setzte er ab, da ihm sichtlich die Worte fehlten. Dann fing er
erneut an, ergeben klagend, flüsternd und zugleich auffahrend, beinahe
schreiend: »Diese Schweine haben ihn umgebracht, verstehst du... Sie haben ihm
eine Falle gestellt, sie haben ihn verhöhnt.« Und dann platzte es aus ihm heraus:
»Diese Mörder werden selbst nicht so stark sein, wie mein Wunsch, sie zu
töten!«
       Meika versuchte, ihr eigenes Entsetzten zu verbergen, aber
ihre Augen weiteten sich voller Schrecken. Angespannt hörte sie Ra weiter zu.
Diesem war kaum bewusst, mit wem er noch sprach, geschweige denn, wo er sich
befand. Mit tränenerstickter Stimme gipfelte seine Verzweiflung immer wieder in
den Worten: »Was soll ich nur machen. Ich möchte aufhören mit allem, ich will
hier nicht zurück.«
       Dann erzählte er ihr von dem Attentat auf einen Kongress, der
gestern Abend stattgefunden hatte. Er erzählte ihr alles, was er wusste, aber
er konnte ihr keine Einzelheiten sagen. Doch seine Worte reichten aus, um in
Meika eine immer tiefer werdende Unruhe zu erzeugen. Besorgt strich sie sich
häufiger über das Haar, und verkrampft schloss sie ihre Finger zusammen. Der
Verdacht verhärtete sich, dass Ra von dem paläontologischen Kongress sprach,
den auch Steff besucht hatte. ‚Wo er bloß sein mochte?’
       Erneut hob sie den Kopf, um nach ihm Ausschau zu halten. Was
war gestern Abend geschehen? Sie hatte noch keine Morgenzeitung gelesen. Besorgt
strich ihr Blick über die große Scheibe des Cafés nach draußen.
       Inzwischen erzählte ihr Ra von einer selbst für ihn
mysteriösen Figur, die sie den Padrino nannten. Dieser nahm ab und zu mal an
den Traumseancen Teil und hatte sich durch Finanzierung von Drogen in die
Gruppe einspielen können. Er war es, der das Attentat organisiert hatte.
Vielmehr noch, wie Ra jetzt zugeben musste, er hatte sie geradezu

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