Amarilis (German Edition)
erste vom Fundort der Pflanze erfahren. Und das
liegt uns ja am Herzen.«
Kollegial nahm er ihn unter den Arm und geleitete ihn zur
Tür. Doch der Raumfahrtsenator grollte innerlich. Er fühlte sich wie ein
kleines Kind abgeschoben, während die Eltern weiterfeierten.
‚So leicht kommst du mir nicht davon’, zürnte er. Aber
alsbald überkam ihn wieder die alte Zuversicht angesichts des Gedankens, als einziger
den heißen Draht zu den Außerirdischen zu haben, alle Fäden in den Händen zu
halten und imgrunde genommen seine Geschäfte weiterhin ungestört abwickeln zu
können. ‚Sollte der meinetwegen auch seinen kleinen Intrigen nachkommen, davon
wird die Welt nicht untergehen.’
Draußen winkte er sich ein Taxi und flog zu einer Adresse in
Zehlendorf. An der Gartentür angekommen, starrten ihn mindestens drei Kameras
aus verschiedenen Positionen an. Auf sein Klingeln hin erschien ein Sekretär
und öffnete. Zusammen gingen sie über den Rasen zu einem Teil des Grundstücks,
das sich hinter dem Haus befand. Dort blinkten die Wellen eines riesigen
Swimmingpools zu ihm hoch. Es war in den Boden eingelassen und konnte bei
schlechtem Wetter von einer sich automatisch ausrollenden Klarsichtfolie
überzogen werden.
An seinem Rand saß ein braungebrannter Mann von etwa 50
Jahren. Die harte Adlernase konnte von Kraft, aber auch von großer Gier
erzählen. Beides gepaart schien dem Senator die richtige Mischung eines idealen
Geschäftspartners zu ergeben. Lächelnd kam er auf ihn zu.
Wie zwei alte Freunde begrüßten sie sich. Dann band sich der
Senator die Krawatte ab und zog sich aus. Gemeinsam stürzten sich beide Männer
in die kühlen Fluten. In der Mitte des Pools war eine Insel aus luftgefülltem
Gummi verankert. Darauf begaben sie sich und streckten sich in der nachmittäglichen
Sonne aus.
Sie sprachen mit leiser Stimme. Sie machten kein Geplänkel,
sondern kamen direkt und sogleich zur Sache. Sie verstanden sich bestens, denn
sie hatten in jeder Beziehung gemeinsame Interessen. Sie hatten einen Plan.
Die Baufirma 'Wohnen und Leben', deren Aktienmehrheit der
Senat besaß, und die er für seine städtebaulichen Interessen am Fundort der
Pflanze einzusetzen gedachte, gehörte nämlich in wahrer Aktienmehrheit nur ihnen
beiden. Denn der andere war stiller Teilhaber der Gesellschaft und hatte
weiterhin Mittelsmänner in den Aufsichtsräten von drei Firmen, die in der Regel
Senatsinteressen vertraten und denen insgesamt 48% von 'Wohnen und Leben' gehörte.
Mit den 5%, die ihm offiziell als Teileigner überschrieben waren, gehörten
ihnen somit 53% der Aktien.
Durch eine schlichte Umordnung der Parteianteile war aus den
Interessen vieler scheinbarer Mehrheitseigner das Interesse nur zweier
geworden. Die ersteren hatten zwar durch Senatsobligationen für den Kredit
gesorgt, die anderen konnten ihn jedoch nach ihrer Faςon verwenden.
Und das war noch nicht alles. Ihr gemeinsamer Plan
beinhaltete die totale Ausschöpfung und Vermarktung der Fundstelle. Der
Energiekonzern Wakag (Wasserstoffkraft-AG) seines Partners - ausnahmsweise
nicht auf Öl, sondern auf den zukunftsweisenden und in den Marktanteilen
expandierenden Wasserstoff spezialisiert - sollte das gesamte Monopol der
Energieversorgung der dort zu bauenden Kleinstadt erhalten.
Aber sie hatten noch eine dritte, viel weiterreichende Idee:
so wie der Erdboden und die Luft ein Extraterritorium waren, für deren
Benutzung eine Genehmigung oder eine Besitzurkunde erforderlich war, so befand
es sich im Zeitalter der Expansion auch mit dem Grund unterhalb der
Erdoberfläche. Alles, was tiefer als fünf Meter gebaut wurde, bedurfte einer
besonderen Konzession. Oder man kaufte sich gar das Recht der Weitervergabe vom
Staat.
Die beiden hatte eine genaue Skizze angefertigt, bis zu
welcher Tiefe und Ausdehnung das obere Höhlensystem gehen mochte. Dabei
brauchten sie sich lediglich auf einen nicht allzu großen Radius beschränken,
denn wenn sie nur den Eingang und die ersten Schächte besaßen, musste alles
durch ihren Besitz hindurch. Und darin bestand ihre Spekulation: Ohne ihre Genehmigung
durfte keine Expedition, keine private und auch keine öffentliche Person Güter
oder sich selber durch das Sperrgebiet bringen. Wer es dennoch zu tun
beabsichtigte, hatte damit zu rechnen, dass auf ihn geschossen wurde.
Derart waren die Überlegung der beiden Männer, die sich jetzt
wieder ins Wasser fallen ließen
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