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Amarilis (German Edition)

Amarilis (German Edition)

Titel: Amarilis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Kempas
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gezackten Schattenriss der Wohnblöcke wie eine Lavaeruption
umloderte. Die Kraft dieser Sonnenglut entstieg dem Kern der weitläufigen
Gebäudekomplexe, und das war die Stadt.
       Erassno-Kun-Da war das Zentrum und der Landeplatz der Raumschiffe
auf Santoga. Und es war stets die erste Stadt, die die Menschen bei ihrem
Anflug sahen. Und deshalb hatten sie auch immer ein halbwegs sicheres Gefühl,
wenn sie zum ersten Mal ihren Fuß auf das silikate Gestein setzten.
     
     
     
     
     
     
     
     

IV
     
     
     
    Steff lag auf einem Bett, dessen Matratze aus dem Gras einer
hiesigen Pflanze bestand, die in Kulturen der Vorstadt angebaut wurde. Ihr
äußerer Teil war wie Hanf zu einer Schnur zusammengeflochten und schien noch zu
leben, während das Innere mit getrocknetem und gepresstem Stroh ausgefüllt war.
Dieses strömte einen eigenartigen Geruch aus, der auf die Sinne der Menschen
wie ein Tranquilizer wirkte und sie schläfrig machte.
       Dabei sorgten die äußeren Triebe für ein abgestimmtes
Verhältnis von Sauerstoff und Kohlenstoff, das den Bedürfnissen eines
Schlafenden entsprach.
       So war das Zimmer immer gut belüftet, obwohl die Fenster
nicht geöffnet werden konnten. Denn die Atmosphäre von Santoga war für die Menschen
nicht über einen längeren Zeitraum atembar. Der vorhandene Anteil verschiedener
Schwefeldioxydverbindungen wirkte sich nämlich, wenn auch nur in geringem Maße,
nachteilig auf ihr Wohlergehen aus. Kopfschmerzen, Erbrechen und ein von den
ätzenden Sulfiten verursachtes Austränen der Augen waren die Folgen.
       Deshalb trugen sie, wenn sie sich außerhalb der
sauerstoffversorgenden Pflanzen und Klimaanlagen befanden, immer eine Flasche
mit Luftgemisch bei sich, aus der ein Schlauch zu einem Mundstück führte, das
um das Kinn herum befestigt war.
       Der ansonsten hohe Sauerstoffanteil der Luft wurde durch die
unter-schiedlichste Flora produziert und bewahrt. Es fanden sich direkt vor dem
Haus, in dem die Menschen untergebracht waren, an den Wänden hoch-rankende
Schlingpflanzen, die bis zur Dachhöhe reichten und sich manchmal an der anderen
Seite der mehrstöckigen Wand wieder herunterschlängelten.
       Ebenso waren sie an Bäumen zu finden, deren Äste und Stämme
sie auf das festeste umrankten und selbst bei starkem Zerren nicht mehr freigaben.
Sie schienen jeden sich bietenden Halt zu bewachsen, wobei sie stets im
Schatten ihrer Stützen blieben.
       Dabei hatte es den Eindruck, dass sie sich schmarotzend von
den Bäumen ernährten, obwohl sie ebenso die kahlen Hauswände aufsuchten. Steff
stellte aber alsbald fest, dass die Maueranstriche der Unterkünfte aus einem
Kunststoff bestanden, der aus dem Inneren der Bäume zu einer Art gelblichen
Harzes verarbeitet wurden.
       Die Bäume selbst hatten ihre Äste fächerförmig dem Lichte
ausgebreitet, wobei die äußeren Zweige ein wesentlich helleres Grün aufwiesen.
Ihre Blätter hatten sich zu kleinen Röhren aufgerollt, die am Morgen voll des
aufgefangenen Taus waren. Auch ihre Blühten waren stets von der Kühle der Nacht
benetzt, hatten sich jedoch bei einbrechender Dunkelheit geschlossen. Erst mit
Beginn der ersten Sonnenstrahlen öffneten sie ihre trichterförmigen Kelche und
spendeten dem neuen Tag die Pracht ihrer roten und blauen Farben.
       Im hellen Licht der Sonne funkelten ihre gelben Stempel und
lockten zahlreiche Insekten an, die sich begierig auf ihre Blühten stürzten. In
ihnen hatte sich über Nacht eine säuerlich schmeckende Flüssigkeit gesammelt,
die den Käfern zur Nahrung und Fortpflanzung diente.
       Nahezu jedes Getier wurde des Morgens von den wärmenden
Strahlen der Sonne geweckt. Deren schwach gelbliche Färbung tauchte die Luft in
einen zitrusfarbenen Schleier. Den Erdboden Santogas bedeckte ein anthrazit
getönter Humus, der die niedrigen, mit messerscharfen Rändern versehenen Strauchgruppen
metallisch reflektierte.
       Ansonsten flossen weite Wiesen grünen Grases durch die Flure
und Ebenen Santogas und wurden von der Sonne je nach ihrem Stand in eine satte
oder zarte Fläche schimmernder Halme getaucht.
       Schaute man jedoch direkt in die Sonnenkugel hinein, was nur
mittels einer speziellen Sichtblende möglich war, dann erschien sie einem wie
ein roter Ball, dessen Strahlen sich erst in der schwefelhaltigen Atmosphäre
des Planeten zu einem gelblichen Stich wandelten. Ging der Tag zur Neige,
verblieb die Glut ihres Balles wie eine milchige Färbung, die sich letztlich

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