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Amarilis (German Edition)

Amarilis (German Edition)

Titel: Amarilis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Kempas
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überzeugen konnte. Aber vielleicht
hatte Steff ja wirklich Recht. Zumindest war seine Vermutung, die Chemopflanze
in wassernahen Gebieten zu suchen, nicht die falscheste.
       Sie studierten noch einwenig die vorliegenden Unterlagen,
machten sich von einigen kurze Notizen und gingen dann zusammen wieder zu ihren
Wohnhäusern. Diese waren nach irdischen Maßstäben eine Art Hotel, für deren
Reservierung die Berliner Abteilung für Raumfahrt zuständig war. Normalerweise
wurden die dabei entstehenden Kosten für Service und Versorgung mit dem Im- und
Export verrechnet, denn die Euromark als Zahlungsmittel erkannten die Santoganer
nicht an. Auf der Erde gab es deshalb eine ergänzende Einrichtung, die für
besondere, zum Beispiel private Sparten der Kostenberechnung verantwortlich
war, um die santoganischen Forderungen zu vergüten. Das hierzu erforderliche
Warenäquivalent wurde dann von ihnen in Geld zurückerstattet.
       In seinem Zimmer angekommen, warf Steff erschöpft seine
Unterlagen auf den Tisch und legte sich aufs Bett. Er hatte eine Idee, und er
hatte die Möglichkeit, sie zu überprüfen. Natürlich durfte er dabei das
eigentliche Vorhaben, die Positronenauffindung, nicht aus den Augen verlieren.
Aber beide Angelegenheiten, die Pflanze und die Saurierforschung, waren für ihn
untrennbar.
       Er hatte einen Auftrag, und er wollte ihn erfüllen. Vielleicht
konnte er danach mit dem Gedanken spielen, sich vollkommen auf die
Saurierforschung zu konzentrieren. Er war noch jung, und irgendwann kam jedem
ein Spezialgebiet zu. Ab diesem Jahrzehnt waren vielleicht Urtiere und die
Positronen der Chemopflanze überhaupt nicht mehr unabhängig voneinander zu behandeln.
Dazu bedurfte es allerdings einer Kombination verschiedener Fachgebiete. Die Positronenpaläontologie.
Er musste zunächst grinsen, doch dann verfinsterten sich seine Züge.
       ‚Die Positronen! Irgendwer wollte ihre Entdeckung verhindern.
Irgendwer wollte die Santoganer boykottieren.’ Erregt sprang er auf und lief
zum Schrank. Das Köfferchen! Jetzt musste der Mechanismus endlich geöffnet
sein. Hastig schob er die Tür beiseite.
       Seinem Gesicht entwich jegliches Blut. Leichenblass und
fassungslos starrte er in das leere Fach der Schublade. Das Köfferchen war weg!
In diesem Augenblick begannen seine Knie zu zittern, und unwillkürlich musste
er hinter sich fassen, um sich wieder auf das Bett zu setzen.
     
     
     
    In Streifen durchdrang das Licht die hohen Gitter der Wand.
Diese reichten bis zu der konvexen Decke und schienen die Sonnenstrahlen zu spalten.
In ihrem Schein wirbelten zahllose Staubkristalle, die ihn in ein buntes
Spektrum zerlegten. Rote, grüne, blaue und gelbe Blitze funkelten in einem
furiosen Tanz inmitten der riesigen Halle, deren Sonnenseite fast offen und nur
von etwa 50 schmalen, hohen Säulen durchsetzt das gewölbte Dach trug.
       Unterhalb der Kuppel hingen mehrere, zu Dreiecken geformte
Schalen, die eine Flüssigkeit enthielten, deren Odeur sich schnell in alle
Winkel verflüchtigte und alsbald die ganze Halle durchzog. Bis weit draußen hin
war ihr scharfer Geruch zu spüren. Sie beherrschte die Sinne ihrer Umgebung und
flößte ihnen einen ehrfürchtigen Abstand ein.
       Die Unterseite der Kuppel war mit zahlreichen Zeichen und
Ornamenten verziert, die gleichsam das Haupt der Dreiecke bildeten und sie wie
mit einer Krone zu schmücken schienen. Ihre Graffitis bildeten sich aus Schraffierungen,
Schattierungen und farblichen Nuancen, die ineinander verliefen oder sich
scharf zueinander abgrenzten, die aber nur einem Santoganer einen Sinn
verleihen konnten.
       Die Kuppel des Daches spannte sich über eine fast leere Halle
bis zu ihren Seiten. Lediglich in der Mitte, beinahe einsam und wie zufällig,
erhob sich eine riesige, runde Säule, die innen hohl war. Sie stieß bis fast an
die bunt bemalte Decke heran, und aus ihrer höchsten Spitze sprudelte eine rosa
Flüssigkeit heraus, die langsam an ihrer äußeren Wand herunterrann.
       Zu Füßen der recht dünnen Säule breitete sich ein etwa einen
halben Meter tiefes Becken aus, das sie schier zu umringen schien. Es bildete einen
Kreis wie das Meer um den Mast eines versunkenen Schiffes. Durch das ständige Herunterrinnen
der blassrosa Flüssigkeit entstand eine leicht treibende Bewegung auf der Oberfläche
des kleinen Teiches. Doch dieser Antrieb war so gering, dass sich seine Wellen
schon ermüdeten, noch bevor sie den Beckenrand erreicht

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