Amarilis (German Edition)
Farbe verfügten
und auf der Basis der Fotosynthese arbeiteten, entsprachen ihre Konstruktionen
keineswegs einem irdischen Äquivalent. Ihre Äste und Stümpfe bestanden aus
knorpelähnlichem Material, und selbst die Stengel und Adern ihrer Blätter waren
knochenähnliche Hohlkörper aus Kalk und Phosphorsalzen. Ihre Haut und Rinde
bildete ein Material, das Steff schon als Verarbeitung an Sitzen und Polsterungen
gesehen hatte. Es war wie das Leder der irdischen Büffel, ebenso hart und
schmiegsam zugleich.
Mata-Hele erklärte ihm, dass der Fahlbaum das am meisten
vorkommende Gewächs auf Santoga war. Zu Millionen bewuchs er die weiten Ebenen
und bildete ein nahezu unerschöpfliches Reservoir für die Möbelverarbeitung und
deren Verkleidung.
‚Schränke aus Knochen!’ Beinahe unangenehm berührte Steff
diese Vorstellung, und er hätte gern auf einige Erklärungen verzichtet, die ihm
sein Pilot während der Exkursion gab. Deshalb fragte er ihn, ob in diesen Wäldern
auch wilde Tiere lebten.
»Ja, natürlich«, war die Antwort. »Nur von hier oben können
wir sie nicht sehen. Sie sind klein und trinken das salzhaltige Wasser, das die
Bäume in dem Röhrensystem ihrer Knochen produzieren und über die ledernen
Blätter ausschwitzen. Sie selbst haben keine Beine, stehen aber auf einer Art
von Armen, die ihnen in Schulterhöhe wachsen, bis zum Boden reichen, und mit
denen sie, wenn sie sich mit ihrem starken Schwanz abstützen, auch zu den hohen
Ästen greifen und die Blätter ablecken können. Gleichzeitig befruchten sie
damit die Blüten, sodass der Baumbewuchs - ihre Nahrungsquelle - stets erhalten
bleibt.« Er wandte den Kopf Steff zu. »Sie sind jedoch nur selten zu beobachten.
Aber kurz bevor wir landen, fliegen wir über eine Tränke, an der sich eine
andere Spezies aufhält, die ebenso interessant ist.« Gleich darauf fügte er
hinzu: »Wir müssen bald da sein. Dort befindet sich auch die Stadt, in der wir
unseren Proviant und die Ersatzteile holen.«
Steff blickte angestrengt nach vorn, aber konnte nicht viel
von der Stadt ausmachen. Lediglich kleine, flache Sockel, manchmal eine Wand,
die aber mehr an eine Ruine erinnerte, da sie jäh abbrach. Hie und da eine
schiefe Säule.
In diesem Augenblick deutete Mata-Hele nach unten, und Steff
sah einen kleinen See, um den herum gar merkwürdige Wesen schlichen. Der
Santoganer hielt kurz an, und der Gleiter stoppte über den Tieren.
Sie hatten einen kleinen Schädel - jedenfalls soweit Steff es
feststellen konnte, dafür hinten und vorne eine Schwanz. Wenn er ganz genau hinguckte,
vermeinte er, an den Spitzen kleine, knopfartige Augen und feine Fühler zu
entdecken. Sie bewegten sich auf schuppenartigen Flechten, die ihnen
Ähnlichkeit mit einer Schlange gaben. Trotzdem konnten sie recht schnell in ein
Gebüsch oder unter einer Felserhöhung flüchten.
»Haben die denn garkeinen Kopf?« fragte Steff einigermaßen erstaunt.
»Doch, doch«, erwiderte Mata-Hele, »der ist bloß nicht zu
sehen. Er sitzt nämlich in der Mitte ihrer Leiber. Sehen Sie die etwas
unförmige Verdickung? Das ist ihr Gehirn.«
Er ging noch einwenig tiefer. Nach einer Weile sagte er
plötzlich: »Hören Sie mal, jetzt fangen sie gerade an, sich zu unterhalten. Sie
verfügen über eine wirkliche Kommunikation.«
Steff strengte seine Ohren an, so gut er konnte, doch er
vermochte keinen Laut zu hören. »Reden die vielleicht in der Zeichensprache?«
fragte er. »Ich krieg nämlich nichts mit. Ich sehe aber, wie sich an einem ihre
Schwänze ständig etwas bewegt.«
»Ja, das ist ihr Mund. Aber hören Sie wirklich nichts?« Mata-Hele
sah ihn erstaunt an. Da kam ihm eine Erklärung. »Ihre Stimmen sind allerdings
extrem schrill. Ich glaube fast, dass es an der hohen Frequenz liegt, die Ihr
Ohr nicht mehr vernehmen kann.«
Steff nickte. »Das wird wohl leider so sein.« Gespannt
schaute er den Tieren zu, aber außer ihren merkwürdigen Schnabelbewegungen konnte
er nichts ausmachen. »Sagen Sie, gibt es eigentlich viele von diesen Tieren
hier?«
»Nicht besonders«, antwortete ihm Mata-Hele. »Wir haben
sowieso eine nicht allzu große Auswahl an Fauna auf Santoga.«
Steff dachte eine Weile nach. »Aber wie kommt es dann, dass Sie
so viel Erdöl produzieren können, wenn sie kaum Tiere haben?«
»Schauen Sie sich um.« Mata-Hele wies hinter sich. »Wo wir
herkommen, sind nur Wälder. Davon haben wir überreichlich.
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