Amber Rain
nicht einmal einen Lichtschimmer sehen wird, wenn sie diese Maske trägt. Ich nehme sie ihr aus der Hand und löse das Gummiband vom Häkchen.
„Etwa drei Sekunden nachdem wir diesen Raum betreten, werde ich dir die Augen verbinden. Nicht, weil ich dir die Ko n trolle nehmen möchte. Sondern wegen dem, was du in diesen drei Sekunden sehen wirst. Ich möchte nicht, dass es dich a b lenkt, was du dort drin siehst. Ich möchte, dass du es gesehen hast, aber danach sollst du nur noch auf meine Stimme hören und alles andere ausblenden. Ich sage dir jetzt, dass in diesem Raum die Fenster fast bis zum Boden reichen. Es sind zwei unvergitterte Fenster mit einer sehr leicht zu öffnenden, ganz normalen Verriegelungsmechanik. Ich sage dir das, weil du wahrscheinlich diese Fenster nicht sehen wirst, weil andere Dinge in diesem Raum deine ganze Aufmerksamkeit auf sich ziehen werden. Ich möchte aber, dass du weißt, dass diese Fenster da sind. Außen zwischen den beiden Fenstern, durch die du ganz einfach hindurch passt, führt eine Leiter nach u n ten. Hast du das gehört und verstanden?“
„Ja, Sir.“ Beim zweiten Mal geht es leichter, dass ich ihre Antwort verarbeiten kann, aber noch immer rieselt mir ein kleiner Schauder über den Rücken dabei. Und nein, ich kann mir nicht vorstellen, dass dies jedem Trainer so geht, der eine unerfahrene Sub in die Geheimnisse des Clubs 27 einweist.
Ich schiebe die Tür in meinem Rücken auf, trete zur Seite und lasse Amber eintreten. Fast gleichzeitig lege ich ihr die Maske vor die Augen und befestige das Band, sodass nichts verrutschen kann. Ihre Haare fühlen sich an wie schwere Seide. Meine Finger streichen über ihren Hals, ihren Nacken. Sie zi t tert. Ein kaum wahrnehmbares Beben durchströmt ihren Kö r per, und ich dränge mich an sie, damit sie spürt, dass ich bei ihr bin und sie halte.
Sie hat gesehen, was der Raum enthält. Sie hat gesehen und verstanden. Dieser Raum ist mein bevorzugtes Spielzimmer. Fast jeder meiner Besuche in Club 27 führt mich hierher. Und ich weiß, wie es sich für sie anfühlen muss. Sie, deren Leben eine Aneinanderreihung von Zusammenbrüchen infolge von Panikattacken ist. Sich in einem Raum wiederzufinden, der vo l ler Seile, Manschetten und von der Decke herabhängenden Ringen und Karabinerhaken ist, muss für sie ein Riesenschock sein.
„Alles in Ordnung?“, frage ich ruhig und halte ihren Arm fest. Ganz leicht nur, damit sie sich herauswinden kann. Sie hat den Atem angehalten, jetzt stößt sie die Luft in einem langen Zug aus, schaudert, dann nickt sie und drückt das Kreuz durch. Ich kann es kaum glauben. Sie fasst sich. Sie ringt die aufke i mende Panik nieder. Sie schluckt heftig, und ich gebe ihr die Zeit, die sie braucht. „Ja, Sir. Es ist alles in Ordnung.“
„Ich nehme dir die Maske wieder ab, wenn du das wünschst, Amber. Verstehst du aber meinen Grund, warum ich sie dir angelegt habe?“
„Ja, Sir.“
„Möchtest du mehr sehen?“
Sie schüttelt den Kopf. „Nein, Sir. Nicht im Augenblick. Danke.“
Ich lächele. Halte ihren Arm weiter leicht fest, damit sie mir nicht entgleitet, während ich die Tür leise schließe. Amber strahlt eine natürliche Anmut aus, als ich sie zu der Bank vor einem der Fenster führe und sie bitte, sich zu setzen. Dieser kurze Weg in völliger Dunkelheit hätte sie verunsichern und ins Stolpern bringen können, aber sie strauchelt kein einziges Mal. Der Gazevorhang vor dem Fenster streift ganz schwach ihren nackten Arm. Sie weiß jetzt, dass sie weniger als eine Armlänge von einem Fluchtweg trennt. Sie atmet tief und r u hig.
Sie weiß nicht, dass diese Bank ein Utensil ist. Ihre Hand streicht über das weiche Leder. Ich ziehe mir einen Stuhl heran und umfasse ihre Handgelenke. Zarte, warme Haut unter me i nen Händen.
„Du hast gesehen, wo du bist, Amber“, beginne ich ruhig. „Du hast mich gesehen. Du hast diesen Raum gesehen. In di e sem Raum gehörst du mir. Verstehst du? Aber du kannst g e hen, wann immer du willst.“ Meine Rechte lässt ihre Hand los, ich ziehe eines der Seile zu mir heran, fahre mit dem groben Hanf über ihr Handgelenk.
„Wann immer du willst, Amber. Willst du gehen?“ Mein Herz schlägt mir bis in den Hals. Ich kann kaum glauben, wie sehr mich dieser Moment mitnimmt. Wenn sie sagt, dass sie gehen will, kann ich sie nicht halten. Aber ich will nicht, dass sie geht.
„Nein, Sir“, sagt sie.
Im nächsten Augenblick verkrallen sich die Finger meiner Linken
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