Amber Rain
Hände von ihren Armen, um sie zw i schen ihre Finger zu nehmen. Ein Gefühl von Wärme spült durch mich. Ich möchte sie gern in den Arm nehmen. Aber sie ist noch nicht so weit. Sie hat Bedenken, das ist ihr gutes Recht.
„Wirst du … mir weh tun?“, fragt sie mit bebender Stimme.
„Ja“, sage ich einfach.
„Ich verstehe.“ Ihre Zähne graben sich in die Unterlippe. „Ich bin … nicht sehr gut darin, Schmerzen zu ertragen“, sagt sie.
„Das ist am Anfang niemand“, lächle ich. „Aber du wirst es lernen. Viele Menschen wissen gar nicht, wie viel sie ertragen können. Und es gibt Schmerzen, die wirst du willkommen he i ßen. Andere, für die du mich hassen wirst.“
„Warum verabreichst du sie dann?“, platzt sie heraus.
„Weil es mich anmacht“, sage ich ehrlich. „Weil es mich a n törnt, wenn du dort von dem Balken herunterhängst, in Seilen, die dir nicht erlauben, dich auch nur einen Millimeter zu bew e gen, und wenn du stöhnst, weil ich dir weh tue. Ganz einfach, weil ich es kann und du nichts dagegen tun kannst. Weil ich auf den Moment warte, in dem du mich anflehst, aufzuhören, weil du es nicht mehr aushältst. Weil ich wissen werde, dass du es nur für mich so lange ausgehalten hast. Weil ich dich in deinem Schmerz unwiderstehlich finden werde. Weil du schön sein wirst, Amber.“
„Ich werde schon nach dem ersten Hieb flehen, dass du au f hörst“, sagt sie.
„Nein. Das wirst du nicht. Das verspreche ich dir.“
„Macht es dir Spaß, ein Sadist zu sein?“
„Ja.“
Ich sehe Schauder über ihre Haut zittern. Sie rückt ein wenig von mir ab. Presst die Hände auf die lederne Bank, im näch s ten Moment zieht sie die Finger zurück, als habe sie sich ve r brannt. „Diese Bank …“
„Hat Ringe und Ösen, um Seile daran zu befestigen. Amber? Amber. Du gerätst in Panik. Hör auf meine Stimme. Ganz r u hig. Ich bin da. Ich halte dich. Auch wenn ich dir wehtue, we r de ich immer da sein, und ich werde wissen, wann du nicht mehr kannst. Und dich halten und den Schmerz wegstreicheln. Und wir werden ganz langsam anfangen. Du musst mir erst vertrauen. Ich werde dir nichts tun, bevor du dich nicht bereit erklärst, dich von mir fesseln zu lassen. Beides gehört für mich zusammen. Und solange du dich nicht binden lassen willst, so lange darf ich dich nicht anrühren.“ Nicht hier drin, füge ich in Gedanken hinzu. Draußen? Keine Garantie. „Bist du bereit, dir diesen Raum genauer anzusehen, Amber?“
Ihr ganzer Körper verkrampft sich, aber schließlich nickt sie. „Ja.“
Vorsichtig, damit ihre Haare sich nicht in dem Gummi ve r fangen und unnötig ziepen, nehme ich ihr die Augenmaske ab. Ich stehe auf und ziehe sie auf die Füße. Das Equipment sieht weniger furchteinflößend aus, wenn man es auf Augenhöhe betrachtet. Scheu mustert sie die Apparaturen, das Andrea s kreuz zwischen den beiden Fenstern, die Bank mit all ihren Vorrichtungen, um Ketten oder Seile daran zu befestigen. Die Ringe und Haken in den Balken, die sich unter der Decke des Raumes in wilden Mustern kreuzen. An der Wand neben der Tür hängen die Seile, verschiedene Längen und Stärken, Hanf, Jute, Leder. Kabelbinder, lederne Manschetten, silberne Han d schellen, einige wenige Ketten. Ich spiele nicht so gern mit Ketten, das Klirren lenkt mich ab.
Sie entdeckt die Bilder, die an der Wand hängen im hinteren Teil des Raumes, auf der anderen Seite der zweiten, längeren Streckbank. Sie sind halb verhüllt von einem weißen Gaze-Vorhang, weil es Subs gibt, die sie als verstörend empfinden und nicht, wie sie gedacht sind, als Inspiration. Bei längeren Szenen hat George es sich angewöhnt, Kontrollgänge durchz u führen. Er prüft, ob sich alles in einem sicheren Umfeld a b spielt. Und wenn eine Sub sich besonders geduldig von mir binden lässt, dann bringt er dazu schon mal seine Kamera mit. Einige der besonders kreativen Skulpturen hängen jetzt auch unten im Saal. Es ist nicht immer einfach, in diesem Raum pe r fekte Lichtverhältnisse zu schaffen, damit die Fotografien wi r ken. Aber so wie ich ein Künstler mit dem Seil bin, so ist George ein Künstler mit seiner Kamera.
Für eine lange Zeit steht Amber schweigend vor diesen Bi l dern. Sie berührt eines davon. Es ist Magdalena, eine junge P o lin, ich erinnere mich gut an sie, sie hatte eine atemberaubende Flexibilität in Gelenken und Muskeln besessen. Auf dem Foto hängt sie rücklings im Seil, die Beine weit gespreizt und die Knöchel hinter
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