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Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts

Titel: Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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ihm...
    Bäume und Gestrüpp, Vogelgezwitscher und eine kühle Brise... Ich sauge die Luft tief ein, beschleunige meinen Gang... Ich überquere eine Holzbrücke mit widerhallenden Schritten; ein Bach mündet in den zugewucherten Fluß, moosüberzogene Steine neben seinem kühlen Lauf... Niedrige Steinmauern zu meiner Rechten... Wagenrinnen vor mir...
    Wildblumen zu beiden Seiten... Fernes Lachen, widerhallend ... Das Wiehern eines Pferdes ... Das Knarren einer Kutsche... Eine Biegung nach links ... Der Weg verbreitert sich... Schatten und Sonnenschein, Schatten und Sonnenschein... Sprenkel, Sprenkel...
    Der Fluß zur Linken, jetzt breiter, glitzernd... Rauchdunst über dem nächsten Hügel...
    Ich verlangsame meine Schritte, als ich mich der Kuppe nähere. Ich erreiche sie gehend, wische mir den Staub von der Kleidung, streiche das Haar zurecht, alles mit kribbelnden Gliedern, pumpender Lunge, überströmt von kühlendem Schweiß. Ich spucke feinen Sand aus. Unter mir, rechts, liegt ein ländliches Wirtshaus, mit einigen Tischen auf der geräumigen, rohgezimmerten Veranda, die zum Fluß hinausgeht, und einigen im nahegelegenen Garten. Leb wohl, Gegenwart. Ich bin angekommen.
    Ich ging weiter hinunter und entdeckte eine Wasserpumpe auf der gegenüberliegenden Seite des Gebäudes, wo ich mir Gesicht, Hände und Arme wusch; mein linker Unterarm schmerzte und brannte immer noch an der Stelle, wo Jasra mich angegriffen hatte. Dann betrat ich die Veranda und nahm an einem kleinen Tisch Platz, nachdem ich einer Kellnerin zugewunken hatte, die ich im Innern entdeckt hatte. Nach einer Weile brachte sie mir Hafergrütze und Würstchen und Eier und Brot und Butter und Erdbeerkonfitüre und Tee. Ich verzehrte alles schnell und bestellte eine zweite Runde vom gleichen. Beim zweiten Mal stellte sich jedoch ein Gefühl zurückkehrender Normalität ein, und meine Hast legte sich, und ich genoß es und betrachtete den vorbeiströmenden Fluß.
    Es war eine seltsame Art, etwas zu erledigen. Ich hatte mich auf eine gemächliche Reise gefreut, einen langen, faulen Urlaub, nun, nachdem meine Arbeit getan war. Die Kleinigkeit mit S war das einzige, das mir im Weg stand - eine Angelegenheit, von deren schnellen Erledigung ich überzeugt gewesen war. Jetzt * befand ich mich mittendrin in einer Geschichte, die ich nicht verstand, etwas Gefährlichem und Absonderlichem. Während ich an meinem Tee nippte und spürte, wie sich der Tag um mich herum erwärmte, gab ich mich einem vorübergehenden inneren Frieden hin. Doch ich wußte, daß das etwas Flüchtiges war. Es konnte für mich keine wirkliche Ruhe, keine Sicherheit geben, bevor diese Angelegenheit nicht erledigt war. Als ich mir die zurückliegenden Ereignisse vor Augen rief, erkannte ich, daß ich mich nicht mehr allein auf meine Reaktionen verlassen konnte, was meine Errettung, was eine Lösung dieses Problems betraf. Es war an der Zeit, einen Plan auszuarbeiten.
    Die Erforschung der Identität von S und S' Beseitigung standen ganz oben auf meiner Liste der zu erledigenden Dinge. Noch weiter oben stand die Ergründung von S' Motiv. Meine Vorstellung, daß ich es mit einem einfältigen Psychopathen zu tun haben könnte, hatte sich aufgelöst. S' Vorgehen war wohldurchdacht und organisiert, und er besaß einige sehr ungewöhnliche Fähigkeiten. Ich machte mich daran, in meiner Vergangenheit nach möglichen Kandidaten zu forschen. Doch obwohl mir einige Leute einfielen, die ich für fähig hielt, das zuwege zu bringen, was bisher geschehen war, hegte niemand von ihnen mir gegenüber eine besondere Feindseligkeit. Doch immerhin war Amber tatsächlich in diesem sonderbaren Tagebuch Melmans erwähnt worden. Theoretisch machte das die ganze Angelegenheit zu etwas Vertrautem und erlegte mir vermutlich in gewisser Weise die Verpflichtung auf, sie den anderen zur Kenntnis zu bringen. Doch das zu tun, wäre gleichbedeutend mit einem Hilferuf gewesen; damit hätte ich aufgegeben und kundgetan, daß ich mit meinen eigenen Angelegenheiten nicht zurechtkam. Und die Bedrohung meines Lebens war meine ureigene Angelegenheit. Julia war ebenfalls meine Angelegenheit. Die Vergeltung für ihren Tod oblag mir. Ich mußte noch weiter darüber nachdenken...
    Das Geistrad?
    Ich drehte und wendete den Gedanken in alle Richtungen, verwarf ihn, dachte wieder darüber nach. Das Geistrad? Nein. Es war unerprobt. Noch im Entwicklungsstadium. Es war mir überhaupt nur deshalb in den Sinn gekommen, weil es mein ganz

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